Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
„Gräme dich nicht, ich werde dich bereits morgen heimschicken. Bist du erst zu Hause, dann wird dir und deiner klugen Frau schon etwas einfallen, auch mich hier herauszuholen.“ Dem König ließ Gobborn melden, er könne die Arbeit an dem Gesimse nicht weiterführen, er benötige dazu ein besonderes Werkzeug, das ihm sein Sohn herbeischaffen müsse. Der König aber sprach zu Gobborn: „Ihr bleibt beide hier. Ich habe genügend Diener. Schicke einen von ihnen!“
Doch der Meister erwiderte: „Das geht nicht. Meine Frau ist gehalten, das kostbare Werkzeug nur an mich oder meinen Sohn herauszugeben. Auch könnte sich ein anderer den Auftrag nicht merken.“
Der König überlegte eine Weile, dann sagte er: „Nun, so will ich meinen einzigen Sohn danach schicken, ihm darf man es nicht verweigern, und er wird in zwei Tagen wieder hiersein. Euch beide kann ich nicht entbehren.“
Als Gobborn merkte, daß es keinen anderen Ausweg gab, willigte er ein. Er empfahl dem Königssohn, er möge sich an die junge Frau halten und ihr genau diese Worte ausrichten: „Gib mir, dem Sohn des Königs, für Meister Gobborn Seer das Krumme vom Geraden. Finde es, damit sie nicht warten müssen, bis der dürre Baum Äpfel trägt.“
Als die junge Frau aus dem Munde des Prinzen die seltsame Botschaft vernahm, wußte sie, daß Vater und Sohn in der Gewalt des Königs waren. Jetzt hieß es handeln, klug und schnell.
Sie führte den Sohn des Königs in die Halle des Hauses. Dort stand in einer hohen Wandnische eine große Truhe. Gobborn bewahrte darin einige seltene Kostbarkeiten auf. Die junge Frau legte die Leiter an, stieg hinauf und öffnete den Deckel. Dann wandte sie sich um und sagte: „Ich habe nicht soviel Kraft, das Werkzeug zu heben. Ihr seid jung und habt lange Arme. Helft mir!“
Da stieg auch der Königssohn die Sprossen hinauf und beugte sich über die Truhe, das Werkzeug zu heben. Die Frau aber stieß ihn hinein, warf den Deckel zu und rief: „Verzeiht, daß ich Euch Übles antun muß, doch der König will meinen Schwiegervater und meinen Mann festhalten. Nur Gobborn vermag das Schloß der Truhe zu öffnen. Schreibt also rasch, ich bringe Euch Papier und Feder und schicke alsbald einen eilenden Boten mit dem Brief zum König.
Der Prinz jammerte und klagte, denn nun war er selber das,Krumme vom Geraden“. Die Frau bohrte eine Öffnung in die Truhe, damit er atmen könne, reichte Papier und Feder hinein und leuchtete ihm mit einer Kerze.
Der Königssohn schrieb, was die junge Frau ihm sagte, und als der König den Brief gelesen hatte, blieb ihm keine andere Wahl, als den Meister und seinen Sohn mit den schnellsten Pferden nach Hause zu schicken, damit der Prinz befreit werde.
Gobborn Seer und sein Sohn waren froh und glücklich, wieder daheim zu sein, und sie lobten die junge Frau ob ihrer Klugheit.
Jack aber sagte zu ihr: „Wir haben viel Gold mitgebracht, ich will dir ein Haus bauen, das schöner ist als das des Königs, denn du verdienst es.“ Doch die Kluge lehnte das ab.
„Solange es dir in deinem Haus gut geht, trage kein Verlangen nach einem größeren.“
Und sie behielt das letzte Wort, das auch das richtige war. Ilse Korn
Die kluge Liweska
Ein rumänisches Märchen
Der Burghüter von Sighisoara am Flüßchen Tirnava zu Füßen des Tirnavamare-Gebirges hatte fünfzehn Kinder und nichts zu essen. Da schlich er eines Tages in die Kapelle, nahm aus der Orgel den Speck, den sich der Pfarrer hatte dahin besorgen lassen, und aß ihn auf mit seinen Kindern.
Es war ein Festessen nach so langer Fastenzeit.
Das letzte Stückchen aber zerschnitt der Mann in kleine Teile, nahm die beiden Heiligen am Altar, stellte sie mitten in die Kapelle, machte ein kleines Feuer neben ihnen und rannte dann zum Herrn Pfarrer.
„Ach, Herr Pfarrer, die beiden Heiligen essen Euren Speck in der Kapelle! Kommt nur, seht, wie sie ihn braten!“
Der Pfarrer klappte das heilige Buch zu, schnellte hoch, eilte trotz seines gewichtigen Umfanges wie der geölte Blitz hin, nahm die beiden Heiligen in jähem Zorn und warf sie ins Feuer, daß sie sogleich verbrannten.
„Ihr werdet mir keinen Speck mehr essen!“ rief er grimmig. Dann aber erschrak er plötzlich, denn es fiel ihm ein, daß sich für den kommenden Sonntag der große Woiwode Johann Zapolja angesagt hatte, der das Land regierte.
„Du bist schuld“, sprach der Pfarrer zum Burghüter, „daß ich die Heiligen verbrannt habe! Jetzt schaffe Rat, sonst geht
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