Märchen unter dem Wüsenhimmel
sinnierte Liana verwundert und sehr verwirrt.
5. KAPITEL
D as Mädchen lernt schnell, dachte Malik erfreut. Nach nur drei Tagen Reitunterricht saß Bethany sicher und ohne Angst im Sattel. Sie war ein wahres Naturtalent. „Ich will durch die Wüste galoppieren“, verkündete sie ein wenig schmollend, während sie die große Bahn umkreisten. „Das hier ist langweilig.“
„Es ist Übung“, entgegnete er geduldig. „Du willst doch nicht stürzen und dir etwas brechen. Ein Gipsverband ist unbequem und juckt.“
Das Schmollen verwandelte sich in ein Grinsen. „Was hast du dir denn gebrochen?“
„Den Arm. Zweimal.“
„Meine Mom sagt, dass es gut ist, einen Fehler zu machen. Es bedeutet, dass wir unseren Horizont erweitern und etwas Neues lernen. Aber denselben Fehler zweimal zu machen, ist wirklich …“ Bethany presste die Lippen zusammen und sprach nicht weiter.
Malik fragte sich, ob ihre Zurückhaltung auf der plötzlichen Erkenntnis beruhte, dass er ein Prinz war und ihm daher Ehrfurcht gebührte. „Mein Vater hat mir das Gleiche gesagt. Er hat mir außerdem verboten, noch mal mit meinem Pferd zu springen.“
„Aber wenn du dir den Arm zweimal gebrochen hast, heißt das, dass du nicht auf ihn gehört hast.“
„Da hast du recht. Und ich habe dafür bezahlt.“
Sie dachte darüber nach. „Ich glaube, ich höre auf meine Mom und auf dich. Ich will mir nichts brechen.“ Sie seufzte. „Wenn wir nicht ausreiten können, können wir dann wenigstens schneller reiten?“
„Okay.“
Mit einem erfreuten Grinsen trieb sie den Wallach an, der ineinen Trab verfiel und sie gehörig durchschüttelte.
„Versuch zu kantern!“, rief Malik ihr zu. „Das ist bequemer.“
Mit konzentrierter Miene beugte sie sich über den Nacken des Pferdes und presste die Schenkel mit aller Kraft an. Vermutlich spürte der Wallach den Druck nicht, aber er ahnte ihre Absicht und verfiel gehorsam in einen Handgalopp. Sie ritt einige Male im Kreis, bevor sie im Schritt zu Malik zurückkehrte.
„Können wir morgen ausreiten?“
„Ja. Ich glaube, du bist so weit.“
„Ich finde es toll hier in El Bahar“, verkündete Bethany.
„Ich dachte, dass ich mein Zuhause vermissen würde, aber ich tue es nicht. Ich meine, ich vermisse meine Freunde und so, aber ich finde neue, wie Mommy es versprochen hat.“
Unwillkürlich fragte Malik: „Was ist mit deinem Vater? Vermisst du ihn?“ Sanft berührte er sie am Arm. „Wenn du nicht willst, musst du nicht antworten. Ich wollte dich nicht traurig machen.“
„Ich bin nicht traurig. Ich vermisse meinen Dad nicht besonders, weil ich ihn eigentlich nie sehe. Ihm sind nur seine Rennwagen wichtig. In die steckt er seine ganze Freizeit und sein Geld. Er kauft lieber einen neuen Motor, als Unterhalt zu zahlen. Mommy sagt, dass er einfach nicht praktisch veranlagt ist. Er versteht nicht, dass es wichtiger ist, mir neue Schuhe und Kleider zu kaufen.“
Sie holte tief Luft und zuckte die Achseln. „Das stört mich nicht so besonders. Aber ich habe früher immer geweint, wenn er versprochen hatte, mich am Samstag zu besuchen und es dann vergessen hat. Oder er hat mich mit zu einem Rennen genommen und den ganzen Tag allein in der Box gelassen. Das hat mir nicht gefallen. Es war so laut, und ich hatte Angst.“
Nachdenklich musterte Malik ihr Gesicht. Sie erschien ihm viel zu klein und unschuldig, um eine solche Last zu tragen. Erwünschte, ihr Vater wäre ein Einwohner von El Bahar. Die Gesetze dort waren sehr strikt in diesen Angelegenheiten. Wenn ein Vater nur zwei Unterhaltszahlungen versäumte, fand er sich im Gefängnis wieder. „Was sagt deine Mutter dazu?“
„Dass Daddy mich trotzdem lieb hat, aber nicht reif genug ist für die Verantwortung für ein Kind. Wir haben beschlossen, Mommy und ich, dass es besser ist, wenn ich ihn für eine Weile nicht sehe. Nicht, solange er nicht wirklich kommt, wenn er es verspricht.“
„Das tut mir leid“, murmelte er.
„Schon gut. Ich will ja glauben, dass er mich trotzdem lieb hat, wie Mommy sagt, aber ich weiß nicht. Ich meine, wenn er mich lieb hätte, würde er dann nicht mit mir zusammen sein wollen? Du würdest doch bestimmt nicht vergessen, deine Tochter abzuholen, oder?“
„Wenn ich eine Tochter wie dich hätte, würde ich Himmel und Erde in Bewegung setzen, um bei ihr zu sein.“
Sie sank in sich zusammen. „Siehst du, das habe ich gewusst.“
Er bereute, dass er sie aus der Fassung gebracht hatte. „Du hast ja
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