Märchen unter dem Wüsenhimmel
entspricht unserem Standard.“ Sie blickte sich im Raum um. „Schlicht, zweckdienlich und kein bisschen königlich. Ich fand es verwirrend, im Palast zu wohnen.“
„Es hätte dich nicht verwirren dürfen. Du warst mein Gast.“
„Ich wollte nicht undankbar wirken.“ Sie zwang sich, seinem Blick zu begegnen. „Ich weiß, dass es nicht unbedingt zutreffend war, als ich dich am letzten Abend beschuldigt habe, die Situation auszunutzen.“
Sein steter Blick erschwerte es ihr zu atmen. Obwohl beide sich nicht gerührt hatten, hegte sie das Gefühl, ihm körperlich näher zu sein. Es schien, als könnte sie seine Körperwärme spüren und seinen Herzschlag hören.
„Was war denn zutreffend?“, hakte er nach. „Weißt du, warum ich dich in den Palast gebracht habe? Warum ich wollte, dass du bleibst?“
„Ich habe keine Ahnung“, flüsterte sie.
Er lächelte dieses betörende Lächeln, das sie förmlich dahinschmelzen ließ. „Eines Tages wirst du es verstehen, Liana, unddann werden wir weitersehen.“
Sie veranstalteten irgendein Spiel, dessen Regeln sie nicht kannte. „Tja, ich bin überzeugt, dass es viel Spaß machen wird“, murmelte sie mit dem Gefühl, unter der Wirkung eines antiken Liebestrankes zu stehen. Sie lehnte sich zurück und versuchte, sich zu entspannen.
Malik musterte sie. „Ich bin für nächstes Wochenende zum Essen bei einem Nomadenstamm eingeladen. Sie leben für gewöhnlich draußen in der Wüste, aber einmal im Jahr schlagen sie ihr Lager relativ nahe bei der Stadt auf. Ihr Lebensziel hat sich seit Hunderten von Jahren nicht verändert, und ich genieße die Chance, ein paar Stunden lang an einem traditionelleren Leben teilzuhaben. Ich dachte mir, dass es dir gefallen könnte, mir Gesellschaft zu leisten. Das Lager liegt drei oder vier Autostunden entfernt, sodass wir sehr spät zurückkehren würden. Fatima hat jedoch angeboten, Bethany bis zum nächsten Tag bei sich im Harem unterzubringen, damit du dir keine Sorgen um sie zu machen brauchst.“
Unzählige Gedanken schossen Liana durch den Kopf. War es ein Date? Lud er sie ein, weil er Zeit mit ihr verbringen wollte? Ihr Herz schlug höher. Aber warum sollte er mit ihr ausgehen wollen? Wollte er sich dafür entschuldigen, dass er sie im Palast festgehalten hatte?
„Du hast einen sehr seltsamen Ausdruck auf dem Gesicht. Was denkst du?“
„Dass ich gern mitkommen würde. Vielen Dank für die Einladung.“
Offensichtlich wusste er, dass sie etwas anderes gedacht hatte, aber er bedrängte sie nicht. Zögernd erklärte er: „Als ein Zeichen des Respekts vor den Stammesmitgliedern müsstest du dich traditionell kleiden. Fatima hat die entsprechende Kleidung im Palast. Du solltest dich dort umziehen, wenn du nichts dagegen hast.“
Im Geiste sah Liana einen Bikini mit Haremshosen vor sich, aber das meinte Malik sicherlich nicht. Zweifellos würde sie sich züchtig bedecken und verschleiern müssen. „Natürlich. Ich werde tragen, was immer der Gelegenheit angemessen ist.“
Er stand auf, als Bethany in ihrer Reitkleidung in den Raum stürmte. „Dann freue ich mich darauf.“
Liana stand ebenfalls auf und bemühte sich, ihre überschwängliche Freude zu maskieren, doch ihr strahlendes Lächeln verriet sie vermutlich. „Bis Freitag.“
7. KAPITEL
D ie blaue Seide schimmerte wie klares Wasser in der Sonne. Das Gewand hüllte Liana völlig ein, und derselbe Stoff bedeckte ihr Haar. Über dem Kleid trug sie eine weiße Samtrobe, und ein Schleier verbarg ihre untere Gesichtshälfte vor neugierigen Blicken.
„Die Nomaden glauben, dass ein fremder Mann, der ihre Frauen unverschleiert sieht, sie entführen könnte“, erklärte Fatima. „Es ist ein großes Kompliment.“
„Die Frauen wissen die Sorge bestimmt zu schätzen“, meinte Liana. „Vor allem diejenigen, die sich nicht so attraktiv fühlen.“
Fatima lächelte. „Jede Frau ist schön. Wussten Sie das nicht?“
„Eine nette Philosophie, von der wir im Westen lernen könnten.“
„Ich würde Ihnen empfehlen, sich bedeckt zu halten, meine Liebe. Ihr wundervolles blondes Haar ist sicherlich eine Versuchung. Ich nehme an, dass Malik zwei oder drei Dutzend Kamele für Sie bekommen würde.“
„So viele“, murmelte Liana und fühlte sich wie eine Prinzessin, wenn auch nur für einen Abend. „Danke für alles“, sagte sie und umarmte Fatima impulsiv.
„Es war mir ein Vergnügen. Und ich freue mich auf den Abend mit Ihrer Tochter, die momentan bei den
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