Märchen unter dem Wüsenhimmel
anderen Kindern im Spielzimmer sein dürfte.“ Fatima blickte zur Uhr. „Malik wird schon auf Sie warten. Amüsieren Sie sich. Es wird eine denkwürdige Nacht.“
Als Liana aus dem Palast trat, öffnete Malik ihr die Fondtür einer Limousine, die vor dem Haupteingang wartete. „Du siehst wundervoll aus.“
„Danke“, murmelte sie und versuchte, ihre Nervosität zu verbergen. Auch er sah ausnehmend gut aus in seinen Roben und dem Kopfschmuck. Das dunkle Gewand betonte seineStärke und ließ ihn noch größer als gewöhnlich wirken.
„Unser Transportmittel überrascht mich“, sagte sie, während sie auf den butterweichen Ledersitz glitt. „Ich dachte, wir bräuchten ein Fahrzeug mit Allradantrieb.“
Malik setzte sich zu ihr. „Normalerweise schon, aber unsere Freunde haben ihr Lager nicht weit von einer asphaltierten Straße aufgeschlagen. Wir werden die restlichen Meter zu Fuß gehen. Ich habe Fatima gesagt, dass du vernünftiges Schuhwerk brauchst. Hat sie es ausgerichtet?“
„Ja.“ Liana hielt einen Fuß hoch. Ihre Sandalen waren flach und sehr bequem.
„Gut.“ Er blickte auf, als der Chauffeur die Trennwand senkte. „Ja, Sandy?“
„Sind Sie bereit zur Abfahrt, Sir?“
Malik nickte. „Wir begeben uns in Ihre fähigen Hände.“
„Ich werde mich bemühen, Sie nicht zu enttäuschen, Sir.“
Das Glas schloss sich geräuschlos, während der Wagen anfuhr.
„Sandy ist schon seit Jahren bei uns“, erläuterte Malik und deutete auf den Mann, der durch das Rauchglas kaum zu sehen war. „Er stammt ursprünglich aus England, aber er ist nach El Bahar übergesiedelt, als er Anfang zwanzig war. Mein Vater zieht ihn allen anderen Fahrern vor. Sandy hat sogar meinen Brüdern und mir das Autofahren beigebracht.“
Liana musterte die Silhouette des Chauffeurs, der in den Fünfzigern sein musste, und grinste. „Dann überrascht es mich, dass er nicht mehr graue Haare hat.“
„Mich auch. Starke Gene, nehme ich an.“
„Die braucht man vermutlich, wenn man es mit euch drei Prinzen zu tun hat.“ Als Malik den Mund öffnete, um zu protestieren, bat sie hastig: „Erzähl mir, was uns heute Abend erwartet.“
Er zog die Augenbrauen zusammen. „Glaubst du wirklich,dass ich mich so leicht ablenken lasse?“
„Nein, aber ich glaube, dass du ein so netter Gastgeber bist.“
„Zuerst versuchst du, mir einen Themenwechsel aufzuzwingen, und dann schmeichelst du mir. Offensichtlich brauchst du eine Lektion in Respekt vor königlicher Hoheit.“
„Offensichtlich“, murmelte sie und konnte es kaum fassen, dass sie tatsächlich mit dem Kronprinzen von El Bahar flirtete.
„Ich werde mir etwas Angemessenes einfallen lassen“, versprach er. „Nun zum Ablauf des Abends. Wir werden in ein großes Zelt geführt. Gewöhnlich sitzen die Frauen getrennt von den Männern, aber als mein Gast wird man bei dir eine Ausnahme machen. Wir werden beköstigt, es werden ein paar Reden gehalten, und dann wird Bilal, der Häuptling, mir eine hochwertige Ziege oder ein Kamel schenken.“
Sie lachte auf. „Ist das dein Ernst? Eine Ziege oder ein Kamel? Was willst du denn damit anfangen? Wir haben kaum genug Platz dafür im Wagen.“
„Ich werde irgendeinen Wettkampf vorschlagen. Ein Rennen oder ein Geschicklichkeitsspiel. Der Preis wird mein Einsatz sein. Dadurch kann der Stamm mir ein wertvolles Geschenk machen, ohne das Tier zu verlieren. Die Sitte wird gewahrt, und alle sind zufrieden. Möchtest du etwas trinken?“
„Ja, gern.“
Malik öffnete einen kleinen Kühlschrank neben sich, nahm eine Flasche Champagner heraus und öffnete sie geschickt, ohne auch nur einen Tropfen zu verschütten. Er schenkte zwei Gläser ein, reichte ihr eines und stieß mit ihr an. „Auf einen Abend wie keinen anderen.“
„Auf diesen Abend“, stimmte sie zu und nahm einen Schluck von dem leichten, lieblichen Getränk. Dann blickte sie sich in dem geräumigen Innenraum um. Die Verkleidung bestand nicht nur aus poliertem Walnussholz, sondern war mit Intarsien verziert.Unter ihren Füßen befand sich ein flauschiger Teppich. Sie seufzte. „Die Reichen leben wirklich anders.“
„Bereust du, dass du den Palast verlassen hast?“
„Gelegentlich ein wenig“, gestand sie ein, „aber ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war. Bethany und ich müssen in der realen Welt Wurzeln schlagen.“
„Der Palast ist real.“
„Für dich vielleicht. Nicht für uns. Für mich ist es dort wie im Disneyland. Es ist ein
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