Märchen unter dem Wüsenhimmel
geboten wurde.
Die Wohnung lag im vierten Stockwerk und war hell und geräumig. Sie bestand aus zwei Schlafzimmern mit jeweils eigenemBad, einem Esszimmer, einem Arbeitszimmer und einem großen Wohnraum mit Blick auf den Spielplatz der Schule.
Obwohl das Mobiliar keinen Preis für Schönheit gewonnen hätte, war es praktisch und bequem. Die Wände waren in Blau und Beige gehalten und mit bunten Drucken geschmückt.
Ein Träger hatte das Gepäck gebracht, und während Bethany sich in ihrem Zimmer einrichtete, erforschte Liana die Küche. Sie öffnete Schranktüren und Schubladen und musterte das Geschirr und die vorhandenen Utensilien.
„Was möchtest du zum Abendessen?“, fragte sie ihre Tochter, die gerade die Küche betrat. „Wollen wir uns eine Pizza kommen lassen? Ich habe so lange keine mehr gegessen, dass ich vergessen habe, wie sie schmeckt.“
„Das wäre prima.“
Es klingelte an der Tür. „Ich gehe hin“, bot Bethany. Sie sprang auf, lief in den Flur und öffnete. „Mommy, komm mal.“
Liana folgte ihr und erblickte einen Boten mit einem riesigen Blumenstrauß, der kaum durch die Tür passte.
„Ich weiß, von wem der ist“, verkündete Bethany triumphierend.
Liana ahnte ebenfalls, wer der Absender war. Ihre Hände zitterten, als sie den Umschlag öffnete, der zwischen den Rosen und Lilien steckte. Mehrmals las sie das Kärtchen mit der ausgeprägten, nüchternen Handschrift. „Prinz Malik wünscht uns, dass wir uns hier wohl fühlen werden, und er freut sich darauf, morgen wieder mit dir zu reiten. Er holt dich um vier Uhr ab.“
Mit einem Freudenschrei tanzte Bethany durch das Zimmer. „Wir gehen reiten, wir gehen reiten! Ich wusste, dass er es nicht vergisst. Ich wusste es!“
Liana beobachtete sie lächelnd und verspürte ein vages Gefühl der Enttäuschung. Es freute sie, dass der Kronprinz seinWort gegenüber ihrer Tochter hielt, und die Blumen waren wunderschön, doch es verletzte sie ein wenig, dass er sie nicht wiedersehen wollte. Obwohl, nachdem sie ihn am Vorabend mehr oder weniger der sexuellen Belästigung bezichtigt hatte …
Am folgenden Freitag, eine gute Woche nach dem Auszug aus dem Palast, lief Liana wie ein nervöser Teenager in der Wohnung umher. Und das nur, weil Malik sich angekündigt hatte.
Ihr Plan, ihn zu vergessen, war leider nicht aufgegangen. Denn Bethany wurde es nicht müde, von ihm zu erzählen, und fing beinahe jeden Satz mit seinem Namen an.
Wenn er Bethany zu den Reitstunden abholte oder wieder nach Hause brachte, kam er für gewöhnlich nicht hinauf in die Wohnung, sodass Liana ihn in der vergangenen Woche kaum gesehen hatte. Sie vermisste es, mit ihm zu reden. Sie vermisste den Palast und die übrigen Mitglieder der Königsfamilie. Und die Erinnerungen an jene innigen Küsse raubten ihr allzu oft den Schlaf. Zum ersten Mal gestand sie sich ein, dass sie die Entscheidung bereute, den Palast zu verlassen. Auch wenn Prinzen sich nicht in Lehrerinnen verliebten und sie ihr Herz an ihn verloren hätte.
Es klingelte an der Tür. Nervös wischte sie sich die Handflächen an der Hose ab, während sie öffnen ging.
„Hallo, Liana.“
Malik trug ein schlichtes weißes Hemd und eine Reithose, und sein Anblick raubte ihr den Atem. Seine breiten Schultern wirkten so stark, als könnten sie das Gewicht der Welt tragen, und welche ledige Mutter wünschte sich nicht gelegentlich jemanden, mit dem sie ihre Last teilen konnte?
Er lächelte. „Darf ich hereinkommen?“
Ihr wurde bewusst, dass sie ihn wie ein liebeskranker Teenager anstarrte. Sie errötete. „Natürlich?“ Sie ließ ihn eintreten, schloss die Tür und deutete zum Wohnzimmer. „Setz dich doch.Bethany zieht sich gerade um und wird gleich fertig sein.“
„Danke.“
Er setzte sich auf das karierte Sofa und lehnte sich entspannt zurück. „Fühlst du dich wohl hier?“
„Ja, danke.“ Sie schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln und setzte sich ihm gegenüber in einen Sessel. „Es ist nicht annähernd so hübsch wie im Palast, aber es ist besser für uns.“
Er zog die Augenbrauen hoch. „Warum ist es besser?“
Weil sie sich danach sehnte, in seinen Armen zu liegen und von ihm liebkost zu werden. Sie begriff ihre Reaktion auf ihn nicht. Nie zuvor hatte sie ein derart spontanes Verlangen nach einem Mann verspürt. Doch sie musste ihre Positionen und ihre Ziele berücksichtigen. „Malik, du warst sehr nett zu mir und meiner Tochter, aber wir gehören nicht in deine Welt. Das hier
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