Märchen unter dem Wüsenhimmel
gehören und ein mächtiger Monarch sein, aber er musste es dennoch mit einer starrsinnigen Mutter aufnehmen. Fatima war in den Siebzigern, aber eine durchaus ernst zu nehmende Widersacherin.
Daher war es nicht sonderlich überraschend, dass der König weder den Zeitpunkt noch den Ort geeignet für eine Konfrontation erachtete. Er nickte einem der Diener zu, die geduldig bei der Tür warteten. Zwei weitere Gedecke wurden aufgelegt.
„Mutter, deine Bereitschaft, an andere zu denken, hat dich zu der beachtlichen Frau gemacht, die du bist.“ Givon erhob sich und breitete die Arme aus. „Wie immer bist du sehr weise für dein Alter.“
Fatima trat zu ihm und ließ sich in die Arme schließen. Sie berührte seine Wange. „Ich bin dreiundsiebzig, Givon. Es ist an der Zeit, nicht mehr zu sagen, dass ich weise bin für mein Alter, findest du nicht?“ Sie drehte sich zum Tisch um. „Dora, setz dich neben deinen Ehemann. Jamal, rutsch rüber und lass mich zwischen dir und deinem Bruder sitzen.“
Innerhalb von Sekunden hatte Fatima die Sitzordnung ihren Wünschen entsprechend arrangiert und saß zwischen ihren ältesten Enkeln. Khalil warf Dora einen Blick zu. Sie versuchte zu lächeln, doch es gelang ihr nicht ganz.
„Ich weiß immer noch nicht, was ich Aleser sagen soll“, eröffnete Givon, während der Salat serviert wurde. „Er ist seit über dreißig Jahren mein höchst loyaler Berater. Wir waren uns immer einig, dass seine jüngste Tochter in unsere Familie einheiratenwürde. Sie war mit dir verlobt, Khalil. Wir waren uns alle einig.“
„Anscheinend nicht alle von uns“, entgegnete Fatima. „Ich mag Dora und halte sie für geeigneter als Amber. Das Mädchen ist klug und hat Rückgrat. Meine Enkelsöhne sind zu starrsinnig. Sie brauchen Frauen mit Rückgrat.“
Khalil konnte sich lebhaft den Zorn seines Vaters über diese Bemerkung vorstellen und unterdrückte mühsam ein Lachen. Verstohlen blickte er zu Fatima. Warum stellte sie sich in dieser Angelegenheit auf seine Seite? Wusste sie etwas von Ambers Mätzchen?
Ihm fiel auf, dass Dora ihr Essen nicht anrührte. Um sie zu beruhigen, suchte er unter dem Tisch ihre Hand, drückte sie und erhielt ein dankbares Lächeln.
„Das Problem lässt sich leicht lösen“, erklärte Fatima. „In zwei Wochen werden wir eine traditionelle Zeremonie abhalten. Das wird das Volk beschwichtigen.“
„Aber was ist mit Aleser?“, hakte der König nach. „Wie sollen wir ihn beschwichtigen?“
„Da der Mann selbst Kinder hat, wird er verstehen, dass sie manchmal schwierig sein können.“ Fatima nahm einen Bissen Salat. Ihre scharfsinnigen Augen funkelten vor Belustigung. „In der Zwischenzeit kann Dora bei mir im Harem leben. Ich werde ihr alles beibringen, was sie wissen muss, um einem Prinzen eine gute Ehefrau zu sein.“
Khalil runzelte die Stirn. Wie er wusste, war Dora von seinem Vater als Ausdruck des Unwillens in einer eigenen Suite untergebracht worden. Er gedachte, es noch an diesem Abend zu ändern. Sie mochte nicht die Frau seiner Träume sein, aber er beabsichtigte, mit ihr zu schlafen. Zum einen wollte er Söhne, zum anderen hatte er das Liebesspiel mit ihr genossen. Doch im Harem war sie unerreichbar für ihn. „Das ist nicht möglich“, entgegnete er schroff. „Dora und ich sind verheiratet.Wir werden ein Quartier teilen.“
Fatima zog die Augenbrauen hoch. „Heute Nachmittag hattest du es nicht so eilig, die Situation zu korrigieren.“
„Ich hatte eine Unterredung mit meinem Vater.“ Bei der er mir das Fell über die Ohren gezogen hat, fügte er im Stillen grimmig hinzu.
„Wie auch immer. Es wird dir nicht schaden, zwei Wochen auf deine Braut zu warten.“
„Wie gesagt, das ist unmöglich. Zumal Dora für mich arbeitet.“
„Nicht mehr, Khalil“, teilte Fatima ihm mit einem triumphierenden Lächeln mit. „Sie ist jetzt eine Prinzessin, keine Sekretärin. Du wirst einfach ohne sie auskommen müssen.“
Im Laufe des Dinners hatte Khalil das Thema Unterbringung noch zweimal angeschnitten, doch Fatima war unerbittlich geblieben. Dora hatte die nächsten zwei Wochen bei ihr im Harem zu verbringen, um zu lernen, eine angemessene Ehefrau zu sein. Er war sich nicht sicher, was diese Lektionen beinhalten sollten, aber er bezweifelte, dass Dora sie bereitwillig lernen würde. Sie war eine sehr westlich gesinnte Frau.
Nach dem Mahl geleitete er sie wohl oder übel zum Harem. „Es tut mir sehr leid“, sagte er, als sie die reich
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