Märchen unter dem Wüsenhimmel
Soldaten im Sattel erwartete sie. Die Männer waren bewaffnet wie für eine Schlacht. Als Jamal und Heather sich näherten, machten sie Platz und nahmen sie in ihre Mitte.
„Hast du etwa geglaubt, dass ich fliehen würde?“, fragte Heather verwundert.
„Eigentlich nicht. Die Tradition verlangt, dass wir die Nacht in der Wüste verbringen. Aber wir sind Angehörige der Königsfamilie. Daher kann ein bisschen Schutz nicht schaden.“
Er gab den Männern einen Befehl und lockerte die Zügel. Der große schwarze Hengst verfiel sofort in einen gemäßigten Trab. Heather hielt mit ihm Schritt, und die Soldaten schwärmten um sie aus. Die Abendluft war noch immer drückend heiß.
„Kannst du reiten und reden?“, erkundigte sich Jamal. „Oder musst du dich konzentrieren?“
„Ich bin eine Frau!“, rief sie. „Ich bin dazu geboren, mehrere Dinge gleichzeitig zu bewältigen.“
Er grinste. „Wir werden an deinen Vorurteilen arbeiten müssen. Es ist eine Unsitte, ein ganzes Geschlecht zu hassen.“
„Ich hasse euch Männer nicht“, konterte sie. „Ich bin nur der Meinung, dass ihr euch überschätzt. Männer haben Jahrhunderte lang über die Frauen und die Welt kraft ihres Geschlechts regiert.“
„Rahm steigt immer nach oben.“
„Es geht dabei nicht um Qualitäten. Es geht darum, durch körperliche und mentale Einschüchterung zu regieren. Wir alle haben Stärken und Schwächen. Der Unterschied besteht darin, dass die meisten Frauen bereit sind, über beides zu reden, während die meisten Männer nur über ihre Stärken sprechen wollen.“
„Das liegt daran, dass wir keine Schwächen haben. Wir sind perfekt.“
Sie verdrehte die Augen. „Wenn ihr perfekt seid, wieso hat dein Geschlecht dann noch keinen Weg gefunden, selbst Kinder zu kriegen? Dann könntet ihr euch vom schwächeren Geschlecht befreien.“
„Du solltest nicht so negative Dinge über dich selbst sagen. Ich halte dich nicht für schwach – oder für unintelligent.“
„Du hast meine Frage nicht beantwortet.“
„Warum sollten Männer ohne Frauen auskommen wollen?
Wir beten Frauen an.“
„Weil wir euch dienen“, murrte sie.
„Nein. Weil ihr uns ergänzt. Frauen sind unsere anderen Hälften. Männer brauchen Frauen.“
Erstaunt blickte sie ihn an. „Ich hätte nicht gedacht, dass du jemanden brauchst.“
Statt einer Antwort deutete er zu dem Lager, das vor ihnen in einem Tal lag. „Reiten wir um die Wette?“
„Nur wenn du mir einen Vorsprung lässt. Du reitest besser und hast das schnellere Pferd.“
„Wie viel Vorsprung?“
Sie lachte. „Warum wartest du nicht hier, bis ich das Zelt erreiche? Dann kannst du nachkommen.“
Bevor er auf die Herausforderung eingehen konnte, trieb sie ihr Pferd zum Galopp an. Sie beugte sich vor und schlang die Arme um den Hals des Tieres. Ihre Bluse blähte sich, und ihr Zopf wehte wie eine Flagge hinter ihr her.
Einige Sekunden lang beobachtete Jamal sie. Dann ließ er seinem Hengst die Zügel schießen und folgte ihr. Etwa auf halbem Wege holte er sie ein, und gemeinsam ritten sie ins Lager.
Heather lachte, als sie aus dem Sattel stieg. „Das war großartig. Ich habe geübt, aber nur in der Koppel. Ich war nicht mehr in der Wüste, seit ich zwölf oder dreizehn war. Ich hatte vergessen, wie viel Spaß es macht.“
Fackeln erhellten das Lager. Ihr flackernder Schein enthüllte die Farbe auf Heathers Wangen und das begeisterte Funkeln in ihren Augen. Es freute ihn, dass ihre Nervosität vergessen war und sie sich entspannt hatte. „Ich reite fast jeden Morgen aus. Du darfst mich gern begleiten, wann immer du möchtest.“
Sie lächelte ihn an. „Das wäre sehr schön.“
5. KAPITEL
G obelins zierten die Zeltwände und dicke Teppiche lagen auf dem Boden. Ein großes Bett stand auf einer Empore, unzählige Kissen waren vorhanden, und auf niedrigen Tischen standen köstliche Speisen und eine geöffnete Flasche Champagner. Rosenblätter waren über den gesamten Raum verstreut. Die Atmosphäre wirkte romantisch und intim.
Heather war am Eingang stehen geblieben und rührte sich nicht. Jamal ging um sie herum und stellte fest, dass ihre gute Laune verflogen war. Die Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen, und sie zitterte wieder.
„Ist alles in Ordnung?“, erkundigte er sich.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich glaube, ich muss mich übergeben.“
„Das sind die Worte, die jeder Bräutigam zu hören hofft.“ Sie schlug sich eine Hand vor den Mund und stöhnte. „Es tut mir
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