Märchen unter dem Wüsenhimmel
Seit Jahrhunderten verbrachten die Mitglieder der königlichen Familie ihrer Hochzeitsnacht draußen in der Wüste. Sie wusste, dass irgendwo ein großes weißes Zelt aufgebaut worden war, gefüllt mit Teppichen und Kissen und einem großen Bett. Außerdem waren in Hülle und Fülle Speisen, Getränke, duftende Öle und unzählige andere Dinge vorhanden, um die Sinne zu erfreuen.
„Da sind wir“, verkündete Jamal und blieb vor einer geschnitzten Doppeltür stehen.
„Sind das deine Räume?“
„Von jetzt an sind es unsere Räume. Wenn wir morgen zurückkommen, werde ich deine Sachen aus dem Harem hierher bringen lassen.“
Nur mit Mühe gelang es ihr, einen Protest zu unterdrücken. Die Vorstellung, die Räume – und ein Bett – zu teilen, missfiel ihr gewaltig.
„Fatima hat mir erzählt, dass du Reitunterricht genommen hast“, verkündete er, während er sie in die Gemächer führte. „Fühlst du dich bereit zu reiten, oder möchtest du lieber einen Jeep nehmen?“
Eine naheliegende Frage, dachte sie, während sie sich in dem großen Wohnbereich mit dem wundervollen Blick auf das Arabische Meer umblickte. Flüchtig gewahrte sie bequeme Möbel und zahlreiche Kunstgegenstände, bevor sie erwiderte: „Ich habe viel geübt. Ich bin nicht bereit, einen wilden Hengst zu reiten, aber mit einem ruhigen Wallach komme ich zurecht.“
Jamal hob den Schleier vor ihrem Gesicht, entfernte das Diadem und legte es auf einen Stuhl. „Sag mir, dass du dich gut fühlst.“
Sie musterte ihn in seinen rituellen Kleidern. Seine Robewar ebenfalls weiß, aber nicht dekoriert. Seine Kopfbedeckung ließ ihn gefährlich und wild aussehen, was nicht gerade zu ihrer Gemütsruhe beitrug. Seit sie in seinen Antrag eingewilligt hatte, war sie bemüht, die Realität zu verdrängen. Doch nun musste sie sich der Tatsache stellen, dass sie sich bald von diesem Mann ausziehen und anfassen und jene anderen Dinge mit sich tun lassen musste. „Alles ist wundervoll“, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Er lächelte. „Du bist keine gute Lügnerin, was eine positive Eigenschaft bei einer Gattin darstellt.“ Er deutete zu einer Tür. „Dort drinnen findest du deine Reitkleidung. Zieh dich um. Wir treffen uns in einer Viertelstunde im Stall.“
Sie betrat einen kleinen Ankleideraum. Ihre Reitkleidung und Stiefel standen bereit, ebenso wie eine Bürste und ein Haarband. Jamal hatte an alles gedacht. Er hatte sie sogar allein gelassen, damit sie sich sammeln konnte, was sehr nett von ihm war. Offensichtlich bemühte er sich, ihre Ängste zu verscheuchen, doch das war leider ein aussichtsloses Unterfangen.
Wie eine Märtyrerin, die sich dem Scheiterhaufen nähert, betrat Heather den Stall. Sie hielt den Kopf hoch erhoben, aber Jamal entging nicht, dass sie zitterte.
Er wollte ihr sagen, dass es gar nicht so viel zu befürchten gab. Doch er wusste nicht, wie er ihr auf schonende Weise beibringen sollte, dass er zwar durchaus beabsichtigte, intim mit ihr zu werden, es aber nicht in dieser Nacht geschehen musste. Offensichtlich war sie völlig unerfahren. Er fand sie reizvoll genug, um mit ihr schlafen zu wollen, aber es gab keinen Grund zur Eile. Sie waren schließlich verheiratet und hatten den Rest ihres Lebens Zeit für einander.
Eingehend musterte er sie. Bisher hatte er sie nur in ihren unförmigen Kleidern gesehen. Nun war er angenehm überrascht über die kurvenreiche Gestalt, die in der taillierten Bluseund der Reithose zum Vorschein kam.
Sie besaß die vollen Brüste und gerundeten Hüften einer Frau, die dazu geboren war, einen Mann zu erfreuen. Ihre Taille war schmal und ihre Beine waren lang. Zum ersten Mal sah er sie geschminkt. Ihre Augen wirkten größer, trotz der Brille, und leuchtender Lippenstift betonte ihren Mund.
Bisher hatte er Heather als angenehm, intelligent und witzig empfunden, doch nun erschien sie ihn zum ersten Mal sexy. Er stellte sich ihren Körper nackt vor, und das Bild erfreute ihn.
„Wie steht es?“, fragte er.
„Ich bin bereit“, erwiderte sie tonlos.
„Bringen wir es hinter uns?“, neckte er.
Sie erblasste und wich einen Schritt zurück. „Hier? Im Stall?“ Hektisch blickte sie sich um – entweder auf der Suche nach einem Ausweg oder um sich zu vergewissern, ob sie allein waren.
„Beruhige dich. So habe ich es nicht gemeint.“
Er bedeutete dem Stallburschen, ihre Pferde zu bringen.
Nachdem sie aufgesessen waren, ritt er voraus aus dem Stall.
Ein Dutzend
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