Märchen unter dem Wüsenhimmel
um meine Kinder kümmern müssen“, entgegnete Heather mit einem Anflug von Humor. „Was wäre ich sonst für eine Mutter?“
Sie ist nicht wie Yasmin, sagte er sich erneut. Vielleicht beruhte ihr Verhalten eher auf Unerfahrenheit und Angst als aus dem Bedürfnis zu verletzen. Vielleicht geschah es nur zum Selbstschutz.
Sie drehte sich zu ihm um und schob die Brille hoch. „Jamal, wir müssen miteinander reden. Ich weiß, dass ich von Anfang an alles falsch gemacht habe. Wenn ich könnte, würde ich so gern die Zeit bis zu unserer Hochzeitsnacht zurückdrehen und alles anders machen.“
Er schüttelte den Kopf. „Es ist nicht deine Schuld.“
„O doch. Ich habe völlig versagt.“
„Dann sind wir also beide dafür verantwortlich. Du hattest Angst vor etwas, das dir völlig fremd ist, und ich war in derVergangenheit gefangen.“
Sie runzelte die Stirn. „Du meinst deine Ehe mit Yasmin?“
Ernickte.
„Was hat das damit zu tun?“
„Das ist kompliziert. Ich kann es dir nicht erklären.“ Außerdem wollte er es nicht.
„Du musst sie sehr geliebt haben“, flüsterte Heather. „Du siehst immer noch sehr gequält aus, wenn du über sie redest.“
„Sie zu lieben, war das Schlimmste daran“, erwiderte er aufrichtig.
Sie schluckte schwer. „Ich verstehe.“ Ihre Stimme klang tonlos. „Du willst nicht wieder so eine Beziehung.“
„Genau. Es war die Hölle.“
„Ich verstehe“, murmelte sie erneut.
Er wusste, dass sie es nicht verstand, aber er hatte nicht die Absicht, ihre Fehleinschätzung zu korrigieren. Niemand sollte jemals die Wahrheit erfahren. Zu seinem Erstaunen sah er Tränen in ihren Augen glitzern. „Was hast du denn?“
Sie täuschte ein Lächeln vor. „Nichts.“
Sanft berührte er ihre Hand. „Lass uns noch einmal von vorn anfangen und versuchen, Freunde zu sein.“
„Das möchte ich sehr gern“, murmelte sie mit tränenüberströmten Wangen. „Aber jetzt muss ich gehen.“
Bevor er es sich versah, lief sie aus dem Raum in ihr Zimmer. Er spielte mit dem Gedanken, ihr zu folgen, aber er wusste nicht, was er ihr sagen sollte. Es war einfacher, es dabei bewenden zu lassen.
Er lehnte sich auf dem Sofa zurück und starrte in seinen Drink. Offensichtlich hatte er kein Glück mit Frauen. Lag das Problem bei ihnen oder bei ihm selbst?
Er dachte an die anderen Frauen in seinem Leben. Heathers Wunsch entsprechend hatte er seine Mätressen tatsächlich aufgegeben. Es war ihm erstaunlich leicht gefallen, diese Liaisonszu beenden, um seiner Ehefrau treu zu sein.
Als Folge war er nun allein. Keine Geliebte und eine Ehefrau, die ihn nicht in ihrem Bett haben wollte. Genau wie damals.
Von Schluchzern geschüttelt lag Heather auf dem Bett und ließ den Tränen freien Lauf. Es war alles viel schlimmer, als sie geahnt hatte.
Jamal liebte Yasmin immer noch. Warum hatte sie das bisher nicht erkannt? Kein Wunder, dass er in der Hochzeitsnacht so zornig reagiert hatte. Vermutlich hatte er an die erste Nacht mit Yasmin gedacht, als ihre Liebe noch frisch gewesen war und sie geglaubt hatten, alle Zeit der Welt gemeinsam zu haben. Doch sie war ihm lange vorher genommen worden.
Neue Tränen strömten über Heathers Wangen, als ihr bewusst wurde, dass sie Jamal niemals für sich gewinnen konnte. Ihre Ehe war von vornherein zum Scheitern verurteilt, da er seiner einzig wahren Liebe nachtrauerte. Wie sollte sie jemals mit Yasmin konkurrieren können?
Während ihrer früheren Aufenthalte in El Bahar waren sie sich mehrmals begegnet. Yasmin war schön, elegant und selbstsicher gewesen. Sie hatte sich sehr geschmackvoll, von bester Qualität und für jede Situation angemessen gekleidet. Ihre Juwelen hatten ebenso geglänzt wie ihre Unterhaltung.
Heather unterdrückte eine neue Woge der Tränen und setzte sich auf. Sie musste sich beherrschen und einen Ausweg suchen. Vielleicht war es das Beste für alle Beteiligten, wenn sie einfach in die Staaten zurückkehrte. Doch sie wollte nicht gehen. Sie liebte El Bahar, ihre Arbeit, den Palast. Wie konnte sie den König und Fatima und vor allem Jamal verlassen?
Sie ging ins Badezimmer und spritze sich kaltes Wasser in das Gesicht. Als sie in den Spiegel blickte, sah sie ein Kleid an der Rückseite der Tür hängen. Der Seidenstoff war hauchzart,der Ausschnitt gewagt, der Saum sehr kurz. Das tiefe Rot wirkte äußerst sexy. Heather hätte niemals so ein Kleid getragen, aber es war ja auch nicht für sie gedacht, sondern für Honey
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