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Märchen von den Hügeln

Titel: Märchen von den Hügeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waltraut Lewin & Miriam Magraf
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selbst.«
    Leontine sah betrübt auf ihre Toastscheibe.
    »Man sollte diese Leute zwingen, sich zu entscheiden, findest du nicht auch?«
    »Wie denn?«
    »Als nächstes fragst du noch, wofür, oder?« bemerkte der Vater spöttisch und goß ihr Kaffee nach. Er selbst frühstückte nie. »Was hast du heute vor?«
    »Ich will in die Bibliothek gehen und mir Lieder heraussuchen.«
    »Vergiß den Schirm nicht«, sagte Darenna, ohne einen Blick nach draußen, »es regnet.« Er küßte das Mädchen auf die Wange. »Du bist mein kluges Kind und wirst es schon recht machen.«
    Als Leontine gegangen war, drückte er auf einen Knopf, worauf das Tischchen mit den Frühstücksresten im Fußboden versank, und bewegte einen Hebel, der ihm ein Telefon aus der Wand heraus neben seinen rechten Ellenbogen beförderte. Er wählte Klingers Nummer und krächzte in die Sprechmuschel: »Darf ich nachfragen, wie es Ihnen geht?«
    Nach einem Schweigen kam die Antwort: »Unerträglich, und Sie wissen es. Sie haben mir Unzumutbares aufgebürdet.«
    »Wieso ist es unzumutbar, ein kleines Zeichen der Neigung mit sich spazierenzuführen?«
    »Es schmerzt Tag und Nacht.«
    »Wie lobenswert, daß Sie Tag und Nacht an Leontine denken! Ansonsten: Seien Sie nicht so empfindlich.«
    »Wie lange noch . . .«
    »Patientia, Herr Elb, Geduld, Geduld! Vor allem die gilt es zu lernen.«
    »Und dies entsetzliche Reptil, das mir überall Ungelegenheiten bereitet?«
    »Wieso? Benimmt sich die Hüterin schlecht?«
    »Nein, das tut sie nicht, aber ihre Existenz bringt zahllose Verlegenheiten mit sich. Außerdem schießt sie bei jedem Anlaß. Ich bin schon ganz versengt.«
    »Ärmster, Sie!« rief Darenna und konnte nicht verhindern, daß in seine Stimme der Ton reinster Schadenfreude geriet. »So sollten Sie versuchen, die Anlässe zu reduzieren.«
    »Hören Sie!« kam es zornig zurück. »Es reut mich jeden Tag mehr, daß ich zu Ihnen gekommen bin, statt mir die Braut zu rauben und mit ihr davonzuziehen!«
    »Ei, da ist meine Leontine denn doch eine zu gute Tochter!« kicherte die Exzellenz. »Abgesehen davon, daß mein Arm länger ist, als Sie vielleicht annehmen.«
    »O ja, man hört so mancherlei dunkle Geschichten.«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte der Magier gelassen. »Übrigens, wenn es Sie so hart ankommt, bin ich bereit, den Vertrag zu zerreißen. Sie müssen nichts. Lassen Sie das Mädchen, und alles ist erledigt. Wir haben dann einen Beweis für die Treue und Standhaftigkeit des Schönen Volkes.«
    »Davon ist nicht die Rede.«
    »Nun, so versuchen Sie, ein Mann zu sein. Zumindest hatten Sie sich ja so weit in der Hand, die Sache nicht auszuplaudern. Wenn ich recht vermute, hat Ihnen Leontine ihre Bedingung noch gar nicht genannt. Sie schweigen? Also habe ich recht. Ach, übrigens, in einer Hinsicht könnte ich Ihnen entgegenkommen. Wäre Ihnen damit gedient, wenn ich das Drachenweibchen in eine Menschenfrau verwandeln würde?«
    Er hörte einen erschrockenen Aufschrei. »Das wäre ja nun der Gipfel, Darenna!« Dann hatte der andere aufgelegt.
    Der Magier rieb sich die Hände und kicherte zufrieden. Darauf sprang er mit einer Leichtfüßigkeit, die man seinen Jahren nicht zugetraut hätte, die Treppe hinauf in die Mansarde seines Hauses, zog einen Schlüssel aus der Tasche seines Schlafrocks und öffnete eine unscheinbare Tür. Der kleine weißgetünchte Raum war völlig leer bis auf ein seltsames Gebilde auf marmornem Sockel: ein großes Nest aus Rauten und Lorbeer, innen ausgepolstert mit gestickten Purpurbändern. Der Magier verschloß sorgfältig die Tür, nahm die Gestalt eines Feuersalamanders an und schlüpfte in das Nest, wo er sich behaglich zusammenrollte. Regentage liebte er nicht. Er pflegte sie zu verschlafen.
    Natürlich hatte Leontine den Schirm vergessen.
    Als sie an diesem Mittag vor Klingers Tür stand, floß ihr zwar das Wasser am Körper herab, aber ihre Wangen waren gerötet, und ihre Augen glänzten. An die Brust drückte sie die Fotokopie einer alten Notenschrift, die zum Glück von einer wasserdichten Hülle umgeben war.
    Auf ihr Klingeln hörte sie hinter der Tür ein seltsames Zischen und Lispeln und ein heiseres: »Wer ist da? Herr Klinger ist nicht zu sprechen.« Durch den Kristall der Tür spähend, kam es ihr so vor, als nähme sie die Umrisse eines großen Eidechsenkopfes wahr. Sie blinzelte, um mehr zu erkennen, und hörte es drinnen fauchen. »Bitte machen Sie auf, ich weiß, daß er da ist!« rief

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