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Märchen von den Hügeln

Titel: Märchen von den Hügeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waltraut Lewin & Miriam Magraf
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nicht, wenn letzterer aus Gold war -, und daß der vergeßliche Sänger bezahlte und dann die Ware nicht mitnahm, kam nicht mehr vor.
    Dem Elben tat der Süden wohl; das Land der Musen, Apolls und anderer ihm verwandter Gottheiten nahm ihn freundlich auf und goß ihm neue Lieder ins Herz. Die Schmerzen um Leontine und Donnas glühende Sprache vermochte es nicht, vergessen zu machen, und schmolz nicht die Sehnsucht nach den inzwischen schneebedeckten Hügeln.
    Am Weihnachtsabend fand keine Vorstellung statt. Der Sänger hatte freundliche Einladungen von Kollegen ausgeschlagen, dem Drachenweibchen das Abendessen gegeben und saß trübsinnig bei einer Flasche Chianti in seinem Hotelzimmer. Donna posierte mit zierlich übergeschlagenen Beinen vorm Spiegel, manikürte sich die acht Fingernägel und sah den neuen Schmuck durch, den er ihr zur Feier des Tages geschenkt hatte. Die Seufzer ihres Herrn und Gefangenen klangen indessen so erbarmungswürdig, daß sie nach einer Weile mitfühlend fragte, was ihn denn bedrücke.
    »Ich habe Heimweh, meine Kleine«, sagte der Elb kläglich. Er war zu zermürbt, um die Sache durch einen Scherz zu verbrämen.
    »Heimweh?« erwiderte Donna und züngelte kurz. »Davon habe ich noch nie etwas gehört. Es muß sehr weh tun, nach dem, wie Sie stöhnen.«
    »Es tut sehr weh, in einem süßen Schmerz.«
    »Süßer Schmerz? Seltsam. Und wie kann man das heilen?«
    »Indem man seinen Koffer packt und nach Haus fährt.«
    »Das können wir ja nun nicht«, sagte das rationalistische Reptil, »wir haben noch ein paar Vorstellungen zu singen. Wo sitzt denn dieser süße Schmerz?«
    »Überall.«
    »Ich dachte, besonders links, weil Sie Ihre Hand da immer hinführen.«
    »Da«, entgegnete Klinger, der vor Sehnsucht nach einer mitfühlenden Seele heute abend auch mit den Steinen geredet hätte, »da sitzt etwas anderes.« Er wußte selbst nicht, warum, aber er öffnete sein Hemd und präsentierte dem Drachenweibchen das Mal.
    »Oh«, sagte Donna und legte den Kopf schief, »das stammt aber nicht von mir.«
    »Nein, das ist die Schrift deines Meisters.«
    Donna schwieg und züngelte. »Ich bin manchmal zu heftig«, lispelte sie dann. »Ich wußte das nicht. Vielleicht hätte ich mich hier und da etwas zurückgehalten.« Klinger lächelte, sie aber fuhr fort: »Machen kann man da nichts. Aber vielleicht lindern.«
    Ohne lange Vorreden sprang sie ihm auf den Schoß und begann ihre gespaltene Zunge über das Feuerzeichen zu führen. Der Elb hob abwehrend die Hände, gefaßt auf neue Quälereien. Aber dann spürte er eine sanfte Kühle wie Windhauch die Glut von dem Mal fortnehmen, und aus seinen geschlossenen Augen flossen erlösende Tränen.
    Benetzt und weinend, schlief er getröstet ein - und erwachte im Duft von »Nina Ricci« und Schwefel. Als er die Lider endlich offen hatte, glaubte er zu träumen. Er. lag im Bett, auf seinem Bauch fest schlummernd die kleine Echse.
    »Das ist ja nun wohl das Letzte!« entfuhr es ihm. Mit angehaltenem Atem hob er das Monster behutsam beiseite, was mit größeren Schwierigkeiten verbunden war, als er zunächst annahm, denn sie hatte ihren reichverzierten Schwanz im Schlaf mehrfach um sein linkes Bein geringelt. Sie schnaufte ungerührt weiter, und er stürzte ans Telefon, um ab sofort getrennte Schlafzimmer zu verlangen. Hüterin und Behüteter wechselten niemals ein Wort über diesen Vorfall, und Donna erhielt wieder die Brieftasche des Sängers zum Bewahren. Manchmal allerdings sah sie ihn so schelmisch von der Seite an, daß auch er sich kaum das Lachen verbeißen konnte.
    Eins allerdings hatte dieser Weihnachtsabend mit sich gebracht: Das Mal schmerzte seitdem nicht mehr so unerträglich, und Donna war milder gestimmt. Ersteres blieb, das zweite legte sich schon nach Neujahr, da das Drachenweibchen Feuer spie, als sei es nie anders gewesen. Ende Januar fuhren sie nach Haus.

Die Anschuldigung
    Als die Flocken weich und süß übers Land fielen, jährte sich der Tag, an dem einstmals die Stadt im Feuer vergangen war. Jeder am Ort beging ihn nach seinem Geschmack, die einen im Jubel eines ausgelassenen Karnevals, die anderen still oder in musikalischem Gedenken.
    Daß zu den Gedenkkonzerten Klinger sang, war nun schon Sitte, und ebenso, daß man sich danach in einem Parkschlößchen zwischen Wald und Hügeln versammelte. Obgleich der Elb keine rechte Lust hatte, an den etwas steifen Versammlungen der Honoratioren teilzunehmen, sagte er doch aus Höflichkeit zu,

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