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Märchen von den Hügeln

Titel: Märchen von den Hügeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waltraut Lewin & Miriam Magraf
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verwandelte seine Locken in wirre nasse Strähnen. Das ungewisse Kerzenlicht gab seinen sonst so freundlichen Zügen fremdartige Hoheit. Dunkle Falten machten ihm Stirn und Mund hart, das heitere Grübchen im Kinn war ein Spalt wie im Felsen, hart und grausam. »Ich verlange«, rief er mit seiner weithin tönenden Stimme, »daß man mir einen anderen Platz gibt. Wenn man selbst keinen Anstand trägt, mit dem Mordbrenner am Tisch zu sitzen, so soll man es doch nicht mir zumuten.«
    Leises Stimmengewirr erhob sich, und jemand fragte schließlich zaghaft, was er meine.
    Klinger vermied es, Leontine anzusehen. Er reckte den Arm gegen den Magier. »Nicht nur die Erstgeborenen, alle wissen es, daß dieser hier vor vierzig Jahren den Feuersturm über die Stadt vielleicht rief, gewiß aber dirigierte; aus Lust an der Zerstörung und um seine Hügel zu bewahren, ging er ein Bündnis ein mit der Finsternis. Sein Werk ist, was wir heute betrauern.«
    Er stieß seinen Stuhl zurück und verließ den Raum. In der Totenstille klangen seine Schritte.
    »Norman!« schrie Leontine erstickt.
    »Bleibe«, sagte der Magier kalt. »Herr Klinger ist betrunken. So kann man ihn nicht zur Rechenschaft ziehen, wie man es zweifellos sonst getan hätte.«
    »Ich möchte gehen«, bat das Mädchen.
    »Bitte, wie du willst. Es ist spät«, erwiderte Darenna gleichmütig.
    Man entschuldigte sich bei ihm, brach überstürzt auf. Er zuckte die Achseln und füllte erneut sein geschliffenes Glas. Schließlich saß er allein an der Tafel, die Flammen warfen unruhige Lichter über sein rötliches Greisengesicht. Mit spitzen Fingern leitete er die Ströme des zerschmolzenen Wachses über das weiße Tischtuch hin.

Leontine zieht Konsequenzen
    Am Abend des dritten Tages nach dem Geschehnis im Parkschlößchen klopfte es auf seltsame Weise an Klingers Tür - es war, als kratze der Schornsteinfeger mit Besen und Kugel im Kamin auf und ab.
    Donna schlief schon. Als der Elb öffnete, stand draußen mit gesenktem Kopf ein großer Hirsch. Im unermüdlichen Fall der Flocken leuchtete sein Fell noch weißer als der Schnee. Zwischen den Sprossen des Geweihs steckte ein rotgeflammtes Kärtchen, auf dem nichts weiter zu lesen stand als: Darenna wartet.
    Klinger nickte. »Alles nach den großen Bräuchen und wie es Sitte ist von alters her. Zwar habe ich erklärt, jene Seite der Hügel nicht wieder zu betreten, aber seine Rechtfertigung zu hören, falls er eine bereit hat, kann ich nicht verweigern.« Er strich dem Tier zärtlich über die feuchte Nase. »Warte, ich komme mit dir.« Mit einem Blick auf das Schneegestöber warf er sich einen dicken Filzmantel um die Schultern und verhüllte den Kopf mit der Kapuze. Der Hirsch machte ein Zeichen, er solle ihm auf den Rücken steigen, aber Klinger verneinte. »Du hast genug damit zu tun, deine zarten Fußfesseln aus dem Schnee zu ziehen, auch ohne Reiter. Meine Schritte sind leichter als deine. Ich gehe neben dir.«
    Er legte den Arm um den Hals des Tieres, und beide eilten hügelab, hügelan. Vor dem Tor des Magiers beugte der Hirsch das Knie und sprang mit großen Sätzen davon in die Dunkelheit.
    Die Tür zum Observatorium war offen, Park und Treppe erleuchtet. Klinger trat ein und warf den Mantel ab. Im Raum war es dunkler als draußen. Der Magier schlurfte in seiner unvermeidlichen Strickjacke und in großen Hausschuhen aus Pelz quer durch den Raum, beschäftigt, irgendwelche Schnüre zu spannen. Im Hintergrund kauerte Leontine in einem Sessel und rührte sich nicht, so, als schliefe sie.
    Der Elb verschränkte die Arme und sagte hochmütig: »Da bin ich, Darenna. Ich höre.«
    »Mit Hören allein wird es nicht getan sein, Herr«, quäkte Darenna und schweißte mit schnellen Fingern ein paar Drähte, wobei er den Daumen als Lötkolben benutzte. »Sie haben mir mit Ihrem Geschwätz großen Schaden zugefügt. Über die alte Verleumdung, von der ich mir gut vorstellen kann, daß sie nicht nur von Elben nachgesagt, sondern auch ausgedacht ward, war gerade Gras gewachsen. Natürlich haben mich die Stadtväter wortreich ihres Vertrauens versichert, aber ob die mir vertrauen oder nicht, das ist mir gleichgültig. Mögen sie mich hassen, mich fürchten oder verachten, nach Belieben. Sie kommen sowieso gekrochen, aus meinen Händen die neuen Erfindungen gegen das Sterben und für das bessere Leben entgegenzunehmen.« Er lachte knarrend auf. »Ich mag verachtet sein. Auch ich bin ein Verächter. Vor diesem Kind jedoch habe ich

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