Märchen von den Hügeln
das Feuerspeien abstellen.«
»Ach ja«, erwiderte Klinger müde, »das war recht lästig. Bitte, Exzellenz, halten Sie mich auf dem laufenden. Ob wir es schaffen?«
»Es wird schwer«, murmelte Darenna. Allein geblieben, fiel er in seinen Sessel und schloß die Augen.
Der Elb hatte einen natürlichen Widerwillen gegen den magischen Zwang, den Darenna auszuüben beabsichtigte; das gewaltsame Eindringen in die Dinge, das Sprengen organischer Bindungen war seinem Wesen entgegen. Trotzdem assistierte er dem Magier am übernächsten Abend bei den Beschwörungen mit seinem ganzen Genie. Eine große Kraft wurde da von den beiden Mächtigen versammelt, und mit nicht nachlassendem Willen rangen sie bis zum Morgengrauen um die Wiederkehr des Mädchens. Dann mußten sie ablassen, ohne daß sich das Steinbild belebt hatte.
Das Observatorium trug deutliche Spuren ihrer Arbeit. Das Dach hatte Beulen, Brandflecke zierten den Arbeitstisch und den Fußboden, die Wände waren rußgeschwärzt. Grau vor Erschöpfung, sahen sich die beiden erfolglosen Großmeister beim ersten Frühlicht ohne Hoffnung in die Augen.
Darenna schloß das Buch der Beschwörung und räusperte sich. »Es hat keinen Zweck. Sie haben sich nicht übel geschlagen, Klinger. Wenn man bedenkt, daß das Feuer nicht Ihr Element ist.«
Der andere winkte ab. »Sie hatten mir ja hinlänglich Erfahrung vermittelt im letzten halben Jahr, Exzellenz.« Er fröstelte.
»Eine Tasse Tee?« schlug der Magier vor, und Klinger nickte.
Bei Biskuits und Earl Grey wurde dann die Lage erörtert. Da sich die gewaltigen Exorzismen dieser Nacht als erfolglos erwiesen hatten, zeigte sich Darenna wenig optimistisch. Die Versteinerung sei schon zu weit fortgeschritten, um sie noch mit milden Kraut- und Räucherzaubern zu durchdringen. Trotzdem wollte man nichts unversucht lassen. Der Sänger stimmte ihm mit gebremster Lebhaftigkeit zu. Mehr als den alten Zauberer hatte ihn, den verwöhnten Luftgeist, diese Nacht des Feuers und der Willensanspannung mitgenommen. An der Erde sitzend, den Rücken gegen Leontines Löwenflanke gelehnt, hielt er seine Teetasse umklammert und sprach von der sanften Macht der Beständigkeit, vom stetigen Einwirken wie dem des Regens auf die Erde, das vielleicht den Stein besiegen könne.
Darenna nickte. »Es bleibt unsere einzige Möglichkeit, also hoffen wir.« Er seufzte. »Noch einen Tee?«
»Gern.«
»So stehn Sie um Gottes willen auf und holen Sie ihn. Ich bin müder als Sie.«
Der Sänger bediente sich und die Exzellenz. »Ihr Tee ist vorzüglich.«
»Das liegt am Quellwasser. Ich kann Ihnen eine Karaffe voll mitgeben.«
»Sehr freundlich. Falls es Ihnen recht ist, gehe ich nach Hause, um ein paar Stunden zu schlafen. Ich muß heute abend in Berlin den Belmonte singen.«
»Na, wie sich das trifft«, krächzte Darenna. »Da können Sie ja gleich nach ein paar winterfesten Kräutern Ausschau halten, die nur in verschneiten Kiefernwäldern gedeihen, und zwar morgens zwischen drei und vier. Ich gebe Ihnen eine Liste mit.«
Aber obgleich die beiden Männer unermüdlich waren, obgleich Klinger im Frost des Nordens und in der Hitze des Südens die geheimen Pflanzen sammelte und im Kampf mit bewachenden Alraunen und rauhen Erdgeistern Zähigkeit und Mut entwickelte, obgleich Darenna nächtelang Absud und Rauchwerk herstellte und das Bildwerk bestürmte, zog der Frühling ins Land, und nichts hatte sich verändert. Das Mädchen war verloren.
In Klingers Haus hatte sich die kleine Drächin, nachdem ihr Meister ihr die Feuerkraft genommen hatte, zu so etwas wie einem Winterschlaf niedergelegt. Ihre umständlichen Erklärungen, daß sie als Echse Unterkühlungen ausgesetzt sei und ohne ihre Flämmchen auf wärmere Zeiten zu warten habe, verstand Klinger nur halb. Ihm war, als sei nun auch das zweite weibliche Wesen, das ihm nahestand, gleichsam von einer Erstarrung befallen. Während der Fütterungszeiten, zu denen die Echse regelmäßig erwachte, klagte er ihr sein Leid. Sie hörte ihm gähnend, aber verständnisvoll zu (mit dem Verlust des Feuers war auch ihre Eifersucht geschwunden) und ringelte sich dann zu erneutem Schlaf zusammen. Nicht einmal das Versprechen einer schnellen gemeinsamen Autofahrt konnte sie ermuntern, und das Angebot, sie dürfe nach Herzenslust Rachmaninow spielen, entlockte ihr nur ein Schnarchen. Ein neues Juwel für ihren Schuppenschwanz betrachtete sie blinzelnd und lispelte: »Später, Herr Klinger.«
So war dem Sänger in
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