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Märchen von den Hügeln

Titel: Märchen von den Hügeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waltraut Lewin & Miriam Magraf
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war. Mit Milch und Mehl versuchte sie, eine Art Rührei herzustellen, während Donna redete. Obwohl Leontine wußte, daß die schöne Echse auf andere eine durchaus faszinierende Wirkung ausübte, fühlte sie sich von ihrer kreischenden, lispelnden Sprache stets abgestoßen. Donna redete von ihrem letzten Auftritt mit »Echsismus«, der so vielversprechend begonnen hatte und in einem grauenhaften Pfeifkonzert endete, gerade während ihres Songs »Don’t think a dragon will forget any times«, der so ziemlich das Progressivste sei, was es im Moment gäbe. Aber natürlich würde »Echsismus« nie aufstecken. Es gelte, sich durchzusetzen und das Publikum zu überzeugen.
    Leontine schwieg und rührte im Ei. Für sie war die andere einfach unmusikalisch, gleich, ob sie Rock probte oder Rachmaninow interpretierte. Aber wie das jemandem beibringen, der von seiner Mission überzeugt ist?
    Irgendwie mußte Donna dem Rücken Leontines Widerspruch angemerkt haben. Lauernd fragte sie an, ob da etwa andere Ansichten seien? Sie sei immer dankbar für Kritik.
    »Ach, weißt du«, kam widerstrebend die Antwort, »ich kenne mich in der Rockmusik nicht so aus. Hättest du nicht lieber bei der Klassik bleiben sollen? Das Terrain scheint mir da nicht ganz so unsicher. Sieh mal, ich singe inzwischen die Leonore, und nicht nur in der Provinz.«
    Das war das Falscheste, was sie sagen konnte. Donna lachte gereizt. »Meine Liebe, du vergißt, daß man an dich andere Maßstäbe anlegt. Meinst du, man will Klinger verärgern? Er braucht nur den kleinen Finger zu regen, und du singst sogar die Sieglinde in Bayreuth!«
    »Nanana«, kam es vom Herd zurück, »was willst du denn damit sagen?«
    »Ich streite dir ja dein gesangliches Können nicht ab. Aber du hast keine Ahnung von der Welt. Du bist ein Protektionskind.«
    »Also das ist denn doch wohl. . .«, Leontine hatte sich umgedreht; ob die Röte ihrer Wangen von der Hitze der Pfanne oder vom Ärger herrührte, war nicht auszumachen. Den hölzernen Kochlöffel hielt sie in der Hand. »Du hast ein Schandmaul, bester Drache, und vergißt dabei, daß deine ganze pianistische Karriere ein Werk meines Vaters gewesen ist!«
    »Das sehe ich ganz anders. Von einem Mann, wie Darenna es ist, wird man stets nur zu etwas gezwungen, nie aber gefördert. Steht man seinem Willen entgegen, wird man in die Zwergenhöhle versetzt!«
    »Jetzt erzähle mir noch, daß du Lindo auf Befehl meines Vaters geheiratet hast!« In der Hitze des Streits fuhr sich die entrüstete Tochter mit dem Rührlöffel ins Haar und hinterließ dort eine Spur Ei mit Tomate. »Darenna war dir, wie ich das sehe, äußerst zugetan - mehr, als mir verständlich ist.« Hinter ihr wirbelte Qualm auf, brenzliger Geruch stach in die Nase.
    »So«, sagte Donna freundlich und ohne einen Finger zu rühren, »nun ist dir das Rührei angebrannt.«
    Leontine fuhr herum, um die Pfanne vom Feuer zu reißen, und ließ das heiße Zeug mit einem Aufschrei zu Boden fallen.
    »Also Topflappen hab ich eigentlich. Hängen da links«, bemerkte die Hausherrin und nahm noch ein Stück Knoblauch.
    »Nun haben wir es vollends verdorben«, murmelte Leontine schuldbewußt, was die andere zu einem spitzigen »Wir?« veranlaßte. Angesichts der Reue ihrer Besucherin fühlte sie sich denn doch bemüßigt, beim Aufräumen zu helfen.
    Draußen gab es erneut Geschrei.
    Die ungeduldigen Gören hatten es satt gehabt, den Braunen am Zügel herumzuführen. Norman hatte Bruder und Schwester hinaufgehoben und dann selber den Pferderücken erklettert. Solange man sich im Schritt bewegte, ging das gut. Da kam der Älteste auf die Idee, galoppieren zu wollen. Seine Versuche, das Pferd anzutreiben, bewirkten, daß sich dieses mit ein paar unwilligen Bewegungen seiner gesamten Bürde entledigte und in Richtung Wald verschwand. Die Kinder zappelten im Grase und schrien wie am Spieß.
    Leontine fluchte. Die Kinder hörten sofort auf zu krakeelen und spitzten interessiert die Ohren, um Neuigkeiten in ihren Wortschatz aufzunehmen. Donna untersuchte die Knochen ihrer Brut und erklärte giftig, ihr käme es denn doch mehr auf die Gesundheit der armen Kleinen an als auf das Verbleiben eines unerzogenen Gauls - was dessen Besitzerin empfindlich traf, denn sie hielt große Stücke auf ihr Pferd. Noch eine Spur erregter, forderte sie Suchaktionen, den Braunen wieder einzufangen. Erstaunlicherweise waren die Kinder sofort Feuer und Flamme. In schöner Einmütigkeit beschlossen sie, in den

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