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Märchen

Märchen

Titel: Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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Spielwarengeschäft. Und jedesmal, wenn ich zu dem Geschäft kam, habe ich mir alle Puppen im Schaufenster angeguckt und mir so schrecklich gewünscht, ich könnte eine davon kaufen.
    Aber Mama hat gesagt, es sei ganz unmöglich, weil wir alles Geld, das Papa für das Gemüse und die Blumen bekam, für Essen und Kleider und andere notwendige Sachen brauchten. Ich hatte begriffen, daß es keine Hoffnung für mich gab, eine Puppe zu bekommen. Aber ich konnte es einfach nicht lassen, mir eine zu wünschen.

    Nun erzähle ich gleich das Seltsame, was passierte. Eines Tages im Frühling vor zwei Jahren waren Papa und Mama wie immer mit Birkengrün und Schlüsselblumen zum Markt gefahren. Ich blieb zu Hause. Warum, weiß ich nicht mehr. So ein Glück, daß ich zu Hause geblieben war.
    Gegen Abend, als es dämmerig wurde, ging ich in den Garten, um zu lauschen, ob ich Papa und Mama nicht unten am Abhang kommen hörte. Es war ein seltsamer Abend. Der Garten und unser Haus und der Weg, der sich in Bogen schlängelt, alles sah so seltsam aus. Es lag etwas Seltsames in der Luft, ja, ich kann nicht erklären, wie seltsam alles war.
    Gerade als ich so dastand und den Weg entlang sah, hörte ich ein Pferdefuhrwerk kommen, und ich freute mich, weil ich dachte, jetzt kommen Papa und Mama. Aber sie waren es nicht.
    Es war ein wunderlicher kleiner Mann, der in einem Wagen an der Wegbiegung auftauchte. Ich blieb im Garten und sah, wie das Fuhrwerk näher und näher kam.
    Aber dann besann ich mich und lief hinaus und öffnete dem Mann das Gattertor, damit er nicht erst abzusteigen brauchte. Denn ganz in der Nähe, wo wir wohnen, ist ein Gatter, und das öffne ich den Vorbeifahrenden oft. Manchmal bekomme ich einen Gatterpfennig dafür. Als ich dem kleinen Mann das Gatter öffnete, war ich wohl ein bißchen ängstlich, denn ich war ja ganz allein, und zu anderen Menschen war es weit, und ich konnte doch nicht wissen, ob es ein guter Mann war oder nicht. Er sah aber nett aus. Als er durch das Gatter gefahren war, ließ er das Pferd halten, und dann sah er mich an und lachte. Und dann sagte er:
    »Eigentlich müßtest du einen Gatterpfennig bekommen. Ich habe aber keinen. Du bekommst statt dessen etwas anderes. Halt mal deine Hand auf!«
    Das tat ich. Und da legte der kleine wunderliche Mann ein winziges gelbes Samenkorn in meine Hand. Es leuchtete wie Gold. »Steck

    dieses Körnchen in deinem Garten in die Erde und begieß es jeden Tag ordentlich. Dann wirst du etwas Lustiges erleben«, sagte der Mann.
    Er knallte mit der Peitsche, und nach einer kleinen Weile war der Wagen verschwunden, so daß man ihn nicht mehr sah.
    Aber ich stand noch lange da und hörte, wie die Räder knarrten und die Hufe des Pferdes in weiter Ferne trappelten. Es war alles so seltsam.
    Schließlich ging ich zu meinem eigenen Beet hinter dem Haus, und dort pflanzte ich das Samenkorn ein, das ich bekommen hatte.
    Ich holte meine kleine grüne Gießkanne und begoß die Stelle ordentlich. Jeden Tag ging ich nun hin und begoß das Beet, und ich war so neugierig, was dort wohl wachsen könnte. Ich dachte, es würde vielleicht ein Rosenstrauch oder irgend etwas anderes Feines werden. Aber was es wirklich wurde, das hätte ich nie, nie erraten können.
    Eines Morgens, als ich wie gewöhnlich zum Gießen hinauskam, sah ich etwas Rotes in der Erde schimmern, ein winzig kleines Stück von etwas Rotem. Mit jedem Tag wurde dieses Rote größer und größer, und endlich konnte man sehen, was es war.
    Könnt ihr raten, was es war? Es war ein roter Puppenhut! Und der Puppenhut saß auf einer Puppe. Ja, es war eine Puppe, die da mitten aus meinem Beet herauswuchs. War das nicht seltsam?
    Ihr könnt mir glauben, daß ich jetzt aber goß. Ich goß morgens, mittags und abends, so daß Mama und Papa sagten: »Liebes Kind, wie du gießt! Deine Radieschen brauchen doch nicht so viel Wasser!«
    Aber sie gingen nie nachgucken, denn mein Beet liegt etwas versteckt.
    Eines Morgens war schon der ganze Kopf der Puppe zu sehen.
    Es war eine Schlafpuppe, und sie hatte die Augen geschlossen.
    Unter dem roten Hut hatte sie helles seidiges Haar und rosige Wangen und einen roten Mund.
    Das war die schönste Puppe, die ich je gesehen hatte. Allmählich wuchs der ganze Körper aus der Erde. Sie hatte ein entzückendes rotes Kleid an, aus dem gleichen Stoff wie ihr Hut.
    Als die Puppe endlich bis zu den Knien herausgewachsen war, sagte ich zu Mama und Papa, sie sollten mitkommen und sich ansehen,

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