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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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Schachtel gewesen sey, wisse er nicht.

     
    »Warum hast du sie denn nicht aufgemacht?« sagten die beiden Knaben; »da mag wohl was Schönes drinn gesteckt haben; wir möchten es auch gern wissen. Höre, Tomy, schleich' dich sacht in die Kammer, und sieh einmal nach, was es ist; nicht wahr, du thust es?«

     
    Tomy versprach es. Als daher einmal die Fee in einem andern Zimmer beschäftigt war, ging er leise in ihre Kammer, sah auf der Kommode die Schachtel stehen, machte sie auf, und guckte hinein; er aber sah nichts, denn die Schachtel war leer.

     
    Als er nun wieder zu den beiden Gespielen kam, und ihnen sagte, daß er umsonst nachgesehen habe, da stellten sie sich sehr verwundert, und sprachen: »Gewiß hat es deine Pathe in ihren hübschen Schrank verschlossen, da mußt du nachsuchen, bis du es gefunden hast; es könnte wohl gar ein Schatz seyn, den dir deine Mutter hinterlassen hat, und den die Fee ungerechter Weise für sich behalten will.«

     
    »Das könnte wohl seyn,« dachte Tomy. »Vielleicht ist meine Mutter nicht so arm gewesen, als sie sich stellte. Ich muß doch sehen, ob ich nicht dahinter kommen kann!«

     
    Nun ereignete es sich, daß eines Tages die Fee ausgegangen war; da durchsuchte er alle Zimmer, und kam auch an den schönen Schrank. Wie erstaunte er aber, als er darin singen hörte! »Was ist das?« sagte er; »ist denn jemand in diesem Schranke eingesperrt?« Er horchte, und hörte deutlich die Stimme eines Mädchens, das aus vollem Halse ganz allerliebst sang. Er konnte aber den Schrank nicht öffnen, und so bekam er auch das Mädchen nicht zu sehen.

     
    Das Alles erzählte er seinen beiden Freunden, die ihn nur noch neugieriger machten, und ihm zuredeten, den Schrank aufzuschließen, und nachzusehen, was das für ein Mädchen sey, die darin so wunderschön sänge.

     
    Bald darauf verreisete die Fee auf ein Paar Tage, und übergab dem kleinen Tomy das Haus, und ermahnte ihn, ja hübsch artig zu seyn, und Alles im Hause in Ordnung zu erhalten, und niemand hinein zu lassen.

     
    »Das ist schön, daß die Pathe fort ist!« sagte Tomy; »nun muß ich wissen, wer in dem Schranke so schön gesungen hat.« Aber wie sollte er ihn öffnen? Dies war die Frage: denn die Fee hatte nicht nur den Schrankschlüssel, sondern auch den Schlüssel zur Kammerthüre mit sich genommen. Er ging zu seinen beiden Freunden, und klagte ihnen seine Noth. Die aber gaben ihm ein Zauberstäbchen, womit man ganz leicht alle verschlossenen Thüren öffnen konnte. Das nahm Tomy, und schlug damit an die Kammerthür, die sogleich weit aufflog. Er trat nun hinein, und hörte wieder, wie das erste Mal, in dem Schranke singen, und zwar noch stärker, als damals. Hierauf schlug er mit dem Zauberstäbchen auch an den Schrank, und als sich die Thüren geöffnet hatten, sah er mit Erstaunen eine schöne, reich gekleidete Puppe, ungefähr zwei Spannen lang, die auf einem Brettchen stand, und wie eine Sängerinn, bald den einen, bald den andern Arm bewegte, die Augen verdrehete, den Kopf bald rechts, bald links neigte, und die wunderschönsten Arien mit ungemeiner Geschicklichkeit sang. So klein sie war, so hatte sie doch eine sehr helle Flötenstimme. Sie sah den kleinen Tomy, der sie aufmerksam betrachtete, liebäugelnd an, und sang ihm drei oder vier Liedchen, eines schöner als das andere.

     
    Anfangs fürchtete er sich ein wenig, bald aber machte er sich bekannt mit ihr, nahm sie aus dem Schranke, und setzte sie auf den Tisch, wo sie zu seiner nicht geringen Freude, Dreher und Schleifer, kosackisch und hanackisch tanzte, und Sprünge machte, wie eine Ballettänzerinn. Sie sprach nie, sondern sang beständig, und zwar nicht Worte, sondern nur die Töne der Arien: ha, ha, ha, ha, ha, hi ha, hi ha, da, da, da, da, da, di da, und dann kamen Läufer und Triller mit ungemeiner Schnelligkeit.

     
    Tomy hatte lange seine herzliche Freude an dieser Wunderpuppe. Am Ende aber, als er sie lange genug hatte singen und tanzen sehen, stellte er sie wieder in den Schrank, und lief zu seinen Kameraden und erzählte ihnen, was er gefunden hatte. Diese baten und quälten ihn, auf den Abend die Wunderpuppe mitzubringen, und sie ihnen auch zu zeigen. Der einfältige Tomy versprach es, und freuete sich schon im Voraus auf den Spaß, den sie Alle damit haben würden.

     
    Indessen gingen die beiden jungen Menschenfresser nach Hause, und erzählten ihrem Vater Alles, was sie von Tomy gehört hatten. Dieser war darüber sehr erfreut, und

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