Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Märchenmord

Märchenmord

Titel: Märchenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
Vom Netzwerk:
setzen. »Und du hast dir das nicht nur eingebildet?«, fragte sie Gina. »Nein! Habe ich nicht. Er hatte ein Messer in der Hand, ich weiß es genau. Er hat das Mädchen hier getroffen …« Sie legte die Hand auf ihre Brust. »Ich habe es gesehen und er…« Wiede r stockte sie. »Er hat mich auch gesehen. « Für einen Moment herrschte Schweigen . »Er hat dich gesehen?«, fragte Maurice Ravel . Gina nickte . »Und was unternehmen Sie jetzt?« Die blitzenden Augen vo n Ginas Mutter richteten sich vorwurfsvoll auf den Kommissar . »Sie stehen einfach so herum, während in der Straße Leute umgebracht werden. Was ist nur aus Paris geworden? « »Das ist die Version, die Ihre Tochter erzählt, aber …«, der Polizist zögerte merklich . »Glauben Sie etwa meiner Tochter nicht? « »Nun, das Problem ist… « »Was? « »Wir haben kein Mädchen in der Wohnung gefunden. « Gina schüttelte verwirrt den Kopf. »Aber das gibt es nicht. Si e muss dort sein. Sie liegt am Boden. « Der Polizist schüttelte langsam den Kopf. »Nein, da war kei n Mädchen. Weder tot noch lebendig. Auch nicht unter den Hausbewohnern, die gerettet wurden. « »Aber wo… « Er zuckte die Schultern, als bedaure er es, keine Leiche gefunden zu haben . »Aber wie kann das sein?«, rief Gina . »Bist du dir ganz sicher«, fragte Monsieur Ravel, »dass du dic h nicht getäuscht hast? « »Wie kann ich mich täuschen? Das Mädchen stand am Fenster…ich habe ihr sogar zugewunken… « »Aber«, Maurice Ravel machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach, »die Wohnung steht seit Jahren leer. Dort hat nie ei n Mädchen gewohnt. « »Glauben Sie, ich habe mir das nur ausgedacht? «
    Der Polizist ließ seine Hand lange auf ihrer Schulter liegen. I n seinen blauen Augen stand eine Frage, und wenn sie sich nich t täuschte, erkannte sie so etwas wie Mitleid. Was sie überhaup t nicht ausstehen konnte. Denn das machte weiche Knie und trie b einem die Tränen in die Augen . »Aber da war ein Mädchen!«, rief Gina wütend . Schweigend sah der Kommissar sie an . Hey, er glaubte ihr nicht. Was sollte das ? »Es gibt keinen Hinweis«, sagte der Kommissar ruhig. »Di e Wohnung stand leer. « »Na und? « »Die Concierge, also die Hausmeisterin, sagt, dass der Besitze r im Ausland lebt. Sie hat niemand Unbekannten hinein-ode r hinausgehen sehen und schon gar kein Mädchen. « »Mir doch scheißegal, was die sagt«, schrie Gina, als sie merkte , dass ihr Tränen in die Augen traten. »Ich bin mir ganz sicher. « »Gut«, antwortete er. »Ich kann nichts anderes tun, als der Sach e nachzugehen. Du erzählst mir, wie der Mann ausgesehen hat , und wir machen ein Protokoll. Einverstanden? « Er lächelte ihr zu, wie man Verrückte angrinst, um sie zu beruhigen, damit sie nicht Amok laufen. Aber er konnte Gina nich t täuschen. Sie erkannte ihn doch, den Zweifel in seinen blaue n Augen. Und ihre Mutter schlug sich auf seine Seite. Verräterin ! »Vielleicht bist du eingeschlafen, hast geträumt?« Ihre Mutte r sprach betont ruhig mit ihr. »Die fremde Wohnung, die neu e Umgebung, ich hätte dich wirklich nicht… « »Red nicht mit mir wie mit einem Baby. « »Ich meine ja nur, es war alles schließlich ein bisschen viel. Di e Reise… « »Nein!«, schrie Gina. »Habt ihr eigentlich Watte in den Ohren ? Seid ihr schwerhörig? Ich habe nicht geschlafen. Ich habe alle s gesehen. Er ging mit einem Messer auf sie los. Sie ist tot. Un d dann kam er ans Fenster. Er hat mich gesehen, verstehst du? Er weiß, dass ich alles weiß.« »Aber wenn Monsieur Ravel sagt, dass da niemand war…« »Er hat sie weggebracht. Irgendwohin. Wo niemand sie findet.« »Das ist nicht so einfach, so leicht kann man eine Leiche nicht verschwinden lassen«, sagte ihre Mutter, als ob sie davon eine Ahnung hätte. Sie kannte Mord und Totschlag doch nur von der Bühne. Dann wandte diese sich erneut an den Kommissar: »Es ist jetzt fast zwölf Uhr. Mitten in der Nacht. Meine Tochter ist müde. Vielleicht sollten sie erst einmal feststellen, ob dieses Mädchen tatsächlich existiert. Mein Gott, meine Tochter ist gerade einmal vierzehn. Sie hat im letzten Jahr einiges mitgemacht. Mein Mann und ich … Sie verstehen. In diesem Alter hat man zu viel Fantasie. Morgen ist auch noch ein Tag. Und eine Leiche, die nicht existiert, kann auch nicht weglaufen, oder? Irgendjemand wird das Mädchen ja schließlich vermissen.« »Bien sûr . Ich melde mich gleich morgen bei Ihnen. Wir müssen die Ergebnisse der

Weitere Kostenlose Bücher