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Märchenmord

Märchenmord

Titel: Märchenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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die Sängerin der Konstanze und übte ihre Arie. Die würde garantiert niemand entführen. Dazu war sie viel zu dick. Sie sah nicht aus wie eine junge schöne Spanierin, um die sich zwei Männer stritten. Und kein Mann würde diese schrille Stimme auf Dauer ertragen, die klang wie die Trillerpfeife ihrer Sportlehrerin. Und dann noch dieser Text, dessen Sinn kein Mensch verstand.
    Lass, ach Geliebter, lass dich das nicht quälen . Was ist der Tod? Ein Übergang zur Ruh ! Und dann, an deiner Seite , Ist er Vorgefühl der Seligkeit .
    Irgendwie schien die Liebe nur zu funktionieren, wenn sie mit dem Tode bedroht war.
    Ach, Gelieber, dir zu lebe n Ist mein Wunsch und all mein Streben ;
    … In diesem Moment machte es in Ginas Kopf klick. Geliebter… Das Mädchen im Fenster. Scheherazade. Wartet sie auf ihren Geliebten? Sie hörte sich selbst sprechen. Wie hatte sie das nur vergessen können? Sie hatte das Mädchen gefilmt! Und den Mann!
    Der Beweis! Sie hatte einen Beweis! Warum hatte sie nicht daran gedacht ? Aufgeregt sprang sie auf, wobei sie an eine der Vasen stieß, di e zur Dekoration gehörte. Sie fiel um. Leider war sie nicht au s Sperrholz, sondern aus echtem Porzellan und zerschellte au f der Bühne. Konstanze hörte auf zu singen. Der Palast des Sultans verharrte über ihrem Kopf wie das scharfe Fallbeil de r Guillotine . »Was soll das? Was machst du hier?«, hörte sie hinter sich eine n Mann schreien . Erschrocken drehte sie sich um. »Entschuldigung, ich… « »Kinder haben hier nichts zu suchen! Hier wird gearbeitet! « Der Mann trug eine weiße Hose, was Gina bei Männern nich t ausstehen konnte, und dazu ein hellblau-gelb gestreiftes Hemd , das halb geöffnet war und den Blick freigab auf graue Brust - haare, die wie Staubflusen aussahen. Mit Sicherheit waren di e schwarzen, glatt nach hinten gekämmten Haare gefärbt. Er sa h aus wie ein italienischer Gigolo . »Entschuldigung«, wiederholte Gina noch einmal und sah zu , dass sie verschwand . Aufgeregt rannte sie zur Garderobe und stieß die Tür auf . »Mama, ich muss dir etwas erzählen!« Fast hätte sie die Schneiderpuppe umgerannt . »Pass doch auf, Gina! « »Ja, aber ich kann jetzt beweisen… « »Was denn nun schon wieder? « Ein lautes Klopfen unterbrach sie. Die Tür öffnete sich und de r Mann mit den weißen Hosen betrat die Garderobe, in der Han d einen Strauß roter Rosen. Er beachtete Gina nicht, sondern gin g sofort auf ihre Mutter zu, die plötzlich zu kichern begann un d »Nicht doch!« sagte . Rote Rosen! Was ging hier ab? Wer war der Lackaffe ?
    »Ach, Schätzchen«, sagte ihre Mutter und ihre Nervosität zeigt e Gina, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte. »Darf ich dir Monsieur Piot vorstellen, den Regisseur? « Dann wandte sie sich an den Mann: »Philippe, voilà ma fille , meine Tochter. « Der Mann warf Gina erst einen irritierten Blick zu, dann verstand er und schob rasch ein falsches Lächeln ins Gesicht. »Bonjour. «
    Gina antwortete nicht, sondern versuchte, die Aufmerksamkei t ihrer Mutter zu erlangen: »Mir ist etwas eingefallen, Mama. « Ungeduldig räusperte sich dieser Philippe mehrfach, um ihr z u verstehen zu geben, dass sie störte ! »Jetzt nicht, Gina. Ich muss arbeiten! « »Aber ich habe es mir nicht eingebildet. Ich kann es jetzt beweisen! « »Entschuldige«, wandte sich ihre Mutter an Philippe, der ungeduldig auf seine Uhr schaute . »Ich habe sie gefilmt.« Gina ließ nicht locker . »Wen? « »Das Mädchen! Dass ich daran nicht gedacht habe. Ich muss sofort zurück und das Handy suchen. Dann können wir zur Polize i gehen. « »Ich kann jetzt nicht weg«, sagte ihre Mutter . »Aber es ist wichtig. Vielleicht kann die Polizei… « »Gina, der Fotograf kommt gleich wegen der Aufnahmen fü r das Programmheft.« Ihre Hand griff nervös in ihre Locken . »Dann lass mich alleine fahren. Ich hole das Handy, komme zurück und du gehst mit mir zur Polizei. « Der Lackaffe trat nervös von einem Fuß auf den anderen un d tippte auf seine Uhr . Ihre Mutter zögerte . »Es gefällt mir nicht, dich alleine mit der Metro…! «
    »Mama, ich bin vierzehn! « »Genau das ist das Problem. Du weißt ja nicht, was Mädchen i n deinem Alter in einer Großstadt wie Paris alles passieren kann. « Gina wollte sagen, dass das niemand besser wusste als si e selbst, schließlich war sie ja am Abend zuvor Zeugin eines Verbrechens gewesen, doch in diesem Moment sagte Philippe: »Valerie, wir müssen jetzt wirklich… « Ginas

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