Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
MärchenSpiel (German Edition)

MärchenSpiel (German Edition)

Titel: MärchenSpiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Schreiner
Vom Netzwerk:
sie leise, bevor sie die Augen schloss.
    Ja, so ungefähr! , stimmte ich ihr stumm zu.
    Sie zuckte krampfartig zusammen. Ich trat leise näher. Schweiß stand ihr in dicken Tropfen auf der Stirn und sie schien schreckliche Schmerzen zu haben.
    Sie riss die Augen auf und stöhnte.
    Wehen , erkannte ich und leckte ihr tröstend die Stirn.
    Sie murmelte etwas, was sich anhörte, wie: „Isis... nicht helfen... verdammt.“
    Wenn ich ihr half, würde ich verdammt? – Lächerlich! Ich bin eine Kuh! Womit wollte man mir drohen?
    Sie war allein und sie hatte Panik, natürlich würde ich bleiben! Verdammnis hin oder her.
    Plötzlich wusste ich, was sie meinte. Was geschehen war. – Ihr Gatte Osiris war tot. Ermordet von seinem eigenen Bruder, Seth, der seine Rache durch den Tod des Ungeborenen vollenden wollte.
    Isis glaubte, Seth würde es dabei auch in Kauf nehmen, mich zu töten.
    Der Gedanke machte mir keine Angst. Nicht einmal mehr ein mulmiges Gefühl. – Wenn er meinen Tod wollte, bitte! Irgendwo dort Draußen liefen ungefähr 2000 Gläubige herum, die das auch wollten. Sollte er sich gefälligst hinten anstellen!
    Isis schrie und riss mich aus meinen selbstgerechten Gedanken. Wieder eine Wehe.
    Wie sehr wünschte ich mir, ich wäre ein Mensch und könnte ihr helfen.
    Sie verdrehte die Augen.
    Ich wünschte, ich könnte ihr sagen, dass der Kopf des Kindes schon zu sehen war.
    Die Göttin bäumte sich noch einmal auf, dann fiel sie zurück.
    Das Kind war auf der Welt.
    Isis? Isis? Sie hatte die Augen geschlossen und bewegte sich nicht mehr.
    Ich stupste sie vorsichtig an. Keine Reaktion.
    Ich blies ihr ins Gesicht. Nichts.
    Das Kind fing an zu schreien.
    Grundgütiger! Ich bin eine Kuh, Kleiner, ich kann dir nicht helfen!
    Isis, verdammt! Vorsichtig leckte ich das Blut von dem Kleinen ab. Es beruhigte sich für Sekunden, doch als es trocken war, begann es wieder zu schreien.
    „ Durst!“, hörte ich es in meinen Gedanken krakelen.
    Ihr Götter, helft!
    Isis? Sie bewegte sich immer noch nicht. Ihr Gesicht war immer noch Schmerzverzerrt und die Anstrengungen der Flucht hatten tiefe Furchen in die ansonsten edlen Züge gemeißelt.
    „ Bitte?! Durst!“, klagte der Junge in meinen Gedanken.
    Als ich mich zu ihm drehte, erschrak ich. Sein kleiner Körper war blau angelaufen und wirkte aufgequollen.
    Auf einmal wusste ich, dass auch ihn die Flucht fast umgebracht hätte. – Oder es vielleicht noch tat, wenn Isis nicht bald aufwachte.
    Isis, bitte! Ich stupste die Göttin an, doch es war das leise, geistige Weinen des Jungen das antwortete.
    „ Milch!“, hauchte die Stimme schwach.
    Wenn ich doch nur ein Mensch wäre, dann könnte ich ...
    Dann begriff ich.
    Vorsichtig legte ich mich so nah es ging zu dem Kind und rollte mich auf die Seite. Durch Bewegungen versuchte ich mich näher zu dem Jungen zu bugsieren.
    „Komm her! Hier gibt es Milch!“, lockte ich in Gedanken und hoffte, dass es stimmte. Das ich Kuh genug war, um Milch geben zu können.
    Mit einer überraschend kräftigen Bewegung griff das Kind nach meinem Euter.
    Aua!
    Verflixt, Kleiner! Das geht sicher auch sanfter!
    Als hätte er mich gehört, saugte er behutsam – und Milch kam!
    „ Sag ich doch! Nützlich!“ Erleichterung durchflutete mich in breiten Wogen und ich gab mich ihr hin, während der Knirps seinen Appetit stillte.
    Schließlich schlief er halb auf mir ein. Er fühlte sich überraschend lebendig an.
    Ich lachte.
    Und stutzte.
    Ein Lachen? Ein echtes Lachen?!
    Unwillkürlich fasste ich mir mit der Hand an die Lippen. Dann starrte ich meine Hand an und spürte, wie mir Tränen die Wangen hinunter liefen.
    Trotzdem riskierte ich einen Blick auf den Rest meines Körpers.
    Wunderbar! Perfekt!
    Vorsichtig hielt ich das Kind, während ich aufstand.
    Ja! Diese Bewegungen fühlten sich richtig an. So hatte ich mir das von Anfang an vorgestellt.
    Leise trug ich das Kind zu Isis. Ihre Augen waren immer noch geschlossen. Aber ich konnte das Heben und Senken ihres Brustkorbes erkennen.
    Ich hockte mich neben sie auf den Boden.
    „Es ist tot, Hathor! Ich habe verloren, ich habe alles verloren!“ Ihre Stimme war nur ein Hauch im Wind. „Seth hat gewonnen!“
    Behutsam strich ich ihr mit meinen Fingern über die Wangen. „Hat er nicht!“, beruhige ich sie.
    Die Göttin riss verwundert die Augen auf und betrachtete mich erstaunt.
    Ich lächelte und hielt ihr den kleinen Jungen hin.
    „Es lebt!“
    Und ich? Ich lebe

Weitere Kostenlose Bücher