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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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Gratisoperationen und Zertifizierungen. Die »angeschlossenen« Kliniken dienen aber auch als Zufluchtsort, um Haftstrafen zu umgehen oder um flüchtige Bosse im Falle von Erkrankungen oder Behinderungen zu verstecken.
    So wie im Fall von »Ciccio Pakistan«, der einige Monate seiner Flucht in den luxuriösen Einzelzimmern der Privatklinik der
Maugeri
-Stiftung vor den Toren der Stadt Pavia verbrachte. Dort war er vor indiskreten Blicken sicher. Chiriaco weiß natürlich, dass er zu den Verdächtigen gehört, die die Flucht des Paten gedeckt haben sollen. Seiner Steuerberaterin vertraut er an, dass er sein Telefon nur zu offiziellen Zwecken nutze, da sie ihn »für einen von denen halten, die Mafiosi verstecken«. Direktor Chiriaco hatte einen Tipp bekommen »von ’nem Typen«, einem der Ermittler, die mit der Mafia unter einer Decke stecken. Chiriaco ist der Joker der Mafia in der Lombardei. Eine Person wie er erlaubt es der ’Ndrangheta, mit hochrangigen Politikern in Kontakt zu treten. Aber auch mit der Elite der Lokalpolitik in Pavia. Selbständige, Polizisten, Politiker, Unternehmer, Freimaurer. Überallhin hat Chiriaco seine Beziehungen, die er dem lombardischen Zweig der ’Ndrangheta gern zur Verfügung stellt. Es geht dabei um Ausschreibungen für große Projekte, vorzeitige Beförderungen von Verwandten der Mafiosi, lukrative Aufträge und den Eintritt in die Welt der Politik. Das ist die »Handelsware« des Direktors der Gesundheitsbehörde in den Tauschgeschäften mit den Mafia-Bossen. Doktor Chiriaco schaffte es zudem, zwei Beförderungen der besonderen Art genehmigt zu bekommen.
    Noch heute lassen die Namen der Neuankömmlinge in den Reihen des Gesundheitsdienstes viele Menschen erschauern. Sie rufen Erinnerungen an den ’Ndrangheta-Krieg in Reggio di Calabria vor 1991 wach. Einen Posten schanzte Chiriaco einer Frau namens Sonia Suraci zu, ihres Zeichens Ehefrau von Pasquale Libri. Libri war der zuständige Abteilungsleiter für Ausschreibungen im Mailänder Großkrankenhaus
San Paolo
. Er starb wenige Tage nachdem bekannt wurde, dass er zu den Verdächtigen in der Operation »Crimine« gehörte. Die Besetzung des Postens im Rang eines Verwaltungsangestellten hielt Chiriaco lange Zeit geheim. Auch gegenüber dem Verwaltungsleiter seiner Klinik verriet er nichts. Nachdem er die Zusage bekommen hatte, den Posten nach eigenem Gutdünken besetzen zu können, war die Bahn frei für die Ehefrau von Libri und ihre Auserwählten, ihre neuen Arbeitsstellen in der lombardischen Gesundheitsbehörde anzutreten.
    Chiriaco beschreiben die ermittelnden Untersuchungsrichter als »eine Quelle ersten Ranges für die ’Ndrangheta, wenn es um Jobs für Verwandte, Aufträge, Ausschreibungen, Politikerkontakte in den Entscheidungsgremien der Region sowie um die Vermittlung anderer Kontakte, Gelegenheiten zur Wäsche von Drogengeld und vielem anderen geht. Aus gutem Grund gilt er daher als eine nützliche Informationsquelle und als ›wertvoller Türöffner‹ für die Mafia, eine Art Zukunftsversicherung, auf die man in Notlagen zurückgreifen kann.«
    Der Name Chiriaco ist in Pavia wohlbekannt. Man vertraut ihm. Er ist Arzt und Direktor der Gesundheitsbehörde. Zugleich ist er jemand, der Stimmenfang für Politiker betreibt, die der Mafia nahestehen, wie für Giancarlo Abelli, Vertreter des von Berlusconi geführten Parteibündnisses
Polo delle Libertà
(dt.: Pol der Freiheiten). Abelli ist ein Politiker, der aus dem christdemokratischen Umfeld hervorgegangen ist. 1974 wurde er Präsident der Poliklinik
San Matteo
in Pavia. Bald darauf wurde er wegen Unterschlagung im Amt verhaftet, abgeurteilt und wieder freigelassen. Nach der Auflösung der
Democrazia Cristiana
(Christlich-Demokratische Partei Italiens) schloss er sich Roberto Formigoni an, dessen Beauftragter für das Gesundheitswesen er schließlich wurde. 2008 ging er als Abgeordneter ins Parlament. 2009 wurde er in den Skandal um den »König der Bodensanierung«, Giuseppe Grossi, verwickelt. Die Staatsanwälte werfen Grossi Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Höhe von 22 Millionen Euro vor. Aber die Ermittlungen sind damit noch nicht zu Ende. Vielmehr führen sie zur Ehefrau von Abelli, Rosanna Gariboldi. Dieser schenkte Grossi 1,2 Millionen Euro, den Staatsanwälten zufolge für die Steuerung eines Schwarzgeldkontos mit dem Titel
Associati
(dt.: Gesellschafter) bei einer Bank in Montecarlo. Offizieller Kontoinhaber ist Abelli.
    Im Januar 2010 entschloss sich

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