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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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auch Carabinieri-Kommandant Farres bestätigt, und zwar vor dem Gerichtshof in Pavia (wo auch der andere Prozess stattfand, der mit dem Freispruch Chiriacos und des ehemaligen Stadtratsabgeordneten Pietro Trivi vom Vorwurf des Stimmenkaufs endete). Damit ist bewiesen, dass die Hypothese der Anklage widerlegt worden sei.«
    Wer hat dann also die Flucht des Paten gedeckt? Dazu müsste man ja nur einen Blick in die Krankenakten werfen. Aber warum wird Chiriaco angeklagt, der als Leiter der Gesundheitsbehörde gar nicht darüber zu befinden hat, wer in der Klinik behandelt wird und wer nicht, und warum nicht gegen denjenigen ermittelt, der den Einlieferungsschein unterschrieben hat?, fragt sich der Rechtsbeistand Chiriacos. Nicht auszuschließen, dass die Antwort auf diese Frage in der zum Staatsgeheimnis erklärten Untersuchung zu finden wäre. »Wir wissen, dass die Angelegenheit von den Ermittlungsbeamten diskutiert wurde«, fügt Mazza hinzu. »Ciccio Pakistan« Pelle gehörte zu jenem Teil der Clan-Familien Pelle, Vottari und Romeo, die zu Ehren des ehemaligen Clan-Chefs Sebastiano »U Staccu« Romeo »Stacchi« genannt werden. Alles Mafia-Familien aus San Luca, die den Radius ihrer ökonomischen Aktivitäten zunächst auf die gesamte Region, dann auf die Lombardei und schließlich über ganz Europa ausgedehnt haben.
    Speziell der Romeo-Clan engagierte sich umfangreich im Bereich der Privatkliniken. Der Untersuchungsbericht, der 2006 Grundlage für die Auflösung der Gesundheitsbehörde von Locri war, nennt beispielsweise die
Cooley
-Klinik mit Sitz in Bovalino, die sich im Besitz von Filippo Romeo (ebenfalls Teil des gleichnamigen Clans) befindet, als eine jener Einrichtungen, bei der mit Sicherheit von einem ’Ndrangheta-Zweig als Betreiber ausgegangen werden könne. Zu den Teilhabern dieser Klinik gehörte auch ein bekannter Herzchirurg von der privaten Poliklinik
Monza
. Es handelt sich um Profesor Salvatore Spagnolo, der in den neunziger Jahren zum Anteilseigner wurde. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass dieser während der zahllosen Untersuchungen nie selbst zu den Verdächtigen zählte. In der Folge – als die Verurteilung Filippo Romeos rechtskräftig wurde und dieser aus dem Kreis der Teilhaber ausschied – blieb er Mitbesitzer der Klinik, die im Laufe der nächsten Jahre von Filippo Romeo an Antonio Sciarrone überschrieben wurde und 2007 schließlich in den Besitz von Salvatore Spagnolo überging. Damit ist die
Cooley-
Klinik endgültig vom Ruch der Mafia-Nähe befreit und hat im Jahr nach der Auflösung der Gesundheitsbehörde ihre Neuzulassung erfolgreich beantragt.
    Seit 2009 gehört zu den Teilhabern der Klinik auch die Poliklinik
Monza
, die eine Filiale im fernen Bovalino eröffnet hat, wofür sie die Zulassung der Gesundheitsbehörde von Locri erhielt und wo nun einmal im Monat der weltbekannte Herzchirurg selbst an den OP-Tisch tritt. Im Vergleich zu den Verhältnissen in den neunziger Jahren hat man in der
Cooley-
Klinik aufgeräumt und all jene Angestellten entlassen, die in den Untersuchungen zur Mafia-Unterwanderung erwähnt wurden, nur der Sitz blieb derselbe. Noch immer residiert die Klinik in einer Immobilie des Romeo-Clans. Dabei handelt es sich um ein Betongebäude von vier Stockwerken, das einigen Brüdern und Schwestern des Clans gehört, die heute teilweise der Beschlagnahme durch den italienischen Staat unterliegen. Der Sitz der Filiale des Poliklinikums
Monza
im Viale Calabria liegt nur wenige Schritte von der
Cooley
-Klinik entfernt.
    Dass sich die Mafiosi der ’Ndrangheta unter den Spitzenmedizinern der Lombardei gut auskennen, belegt auch ein Abschnitt des Haftbefehls im Zusammenhang mit der Operation »Infinito«. Darin spricht Antonio Chiarella, Chef des ’Ndrangheta-Zweigs in Mailand, von einem Arzt, den er Antonino Lamarmore vorgestellt habe, dem »Mastro generale« (dt.: Feldmarschall) der ’Ndrangheta im Mafia-Koordinierungskomitee
La Lombardia
. Dabei fiel der Name Spagnolo, der als Arzt an einem Krankenhaus in Monza arbeiten solle.
    Von der Verhaftung Chiriacos bis zur Ermordung von Libri vervielfachen sich bei einer Reise entlang der Achse Kalabrien-Lombardei die düsteren Schatten und die Zweifel. Auf den Spuren der Verbindungen zwischen den Gesellschaftern der verschiedenen in Verruf geratenen Betriebe beginnt man zu ahnen, was hinter der Entscheidung der Regierung stecken könnte, die Untersuchung zur Gesundheitsbehörde von Pavia zum

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