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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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Operation »Pandora« ergab. »Es gab Beziehungen krimineller Gefälligkeiten vonseiten der Unternehmer«, zu denen auch Vertinelli zählte, wie die Ermittler in einem Bericht schrieben, der im Prozess »Pandora« Eingang fand. Sie fügten hinzu: »In der Doppelrolle als erpresstes Opfer und gleichzeitig als jemand, der Vorteile von den Beziehungen zu den Clans hatte, gelang es ihnen, sich von den staatlichen Auftraggebern zusätzliche Profite zu verschaffen, die den bezahlten Schutzgeldern entsprachen.« Diese Schlussfolgerung wurde durch einen weiteren Umstand belegt. 2004 fanden Carabinieri im Haus des Bruders von »Palmino« 31 Sparbücher im Wert von 120.000 Euro. Aus den Sparbüchern gingen Geldbewegungen im Gesamtwert von 400.000 Euro hervor.
    Im April 2010 gewann Palmo Vertinelli mit seiner Baufirma eine Ausschreibung öffentlicher Arbeiten im Wert von 350.000 Euro, die von der Stadt Crotone organisiert worden war und die den Bau eines Altenheims mit Ausbildungszentrum zum Inhalt hatte. Doch vor der endgültigen Auftragserteilung hielt die Stadtverwaltung von Crotone Rücksprache mit der Präfektur von Reggio Emilia. Daraufhin wurde im August 2010 ein Baustopp verhängt und die Auftragserteilung widerrufen. Dennoch findet sich seine Baufirma 2010 noch auf der Liste mit Firmen, die für eine vereinfachte Auftragsvergabe in Frage kommen, und das sowohl in der Region Reggio Emilia als auch in der Region Piacenza.
    Der Kronzeuge Salvatore Cortese, ehemals die rechte Hand von Nicolino »Manuzzo« Grande Aracri, dessen Behauptungen sorgfältig überprüft wurden, beschreibt die Verbindung von Unternehmern, zu denen auch Vertinelli zählte, die in Reggio Emilia tätig sind, und den Mitgliedern der Clans aus dem Raum Crotone, die für sich Respekt einfordern. »Die würden nie jemanden anzeigen, weil sie ihre Ruhe haben wollen«, berichtete Cortese. »10.000 Euro sind für die in etwa so viel, wie wenn ich mir eine Zigarette anzünde. Mit 10.000 Euro erkaufen sie sich den gewünschten Frieden mit allen, mit den Arenas, mit den Nicoscias, mit den Capicchianos, mit den Manfredis, und mit Nicolino Grande Aracri. Sie wollen ihre Ruhe, und sie bekommen sie. Sie werden nicht mehr bedroht, ihre Baustellen und Fahrzeuge stehen unter dem Schutz der Clans, die vorher drohten, alles in Brand zu stecken. Eine Scheinprotektion, die ihnen aufgezwungen wurde und aus der sich die Unternehmer nicht mehr befreien konnten.
    Für die Clans stellen diese Unternehmer eine bequeme, kontinuierliche Einkommensquelle dar, eine Art Dauerkonto, von dem sie jederzeit abheben können. Aber es gibt noch weitere Vorteile. Im Zweifelsfall sind die betroffenen Unternehmer bei einigen Banken im Raum Reggio Emilia und Mantua wohlbekannt. Sie kennen die Direktoren persönlich und treffen sich regelmäßig mit ihnen. Der Schritt von einem Unternehmer, der Opfer der Clans ist und von deren erpresserischen Forderungen missbraucht wird, hin zu einem Komplizen und Finanzier ist klein. Indem sie beiden Clans Geld zukommen lassen, sichern sie ihrer eigenen Firmengruppe ein ruhiges Geldscheffeln. Diese Firmengruppen sind von den verschiedenartigsten Erpressungen betroffen. Es gibt nicht nur das klassische Schutzgeld, das eingefordert wird. Verlangt werden auch andere Gefälligkeiten, Lieferungen, Arbeitskräfte und Subaufträge – so sieht das moderne Gesicht der klassischen Schutzgeldindustrie aus.«
    In Reggio Emilia ist die kalabrische Community eine Institution. Wenn man die Autobahnabfahrt Reggio Emilia nimmt und von dort aus das Stadtzentrum ansteuert, fährt man eine Straße entlang, die Via Città di Cutro heißt. Ein Dank der Gemeinde Reggio Emilia an die vielen Emigranten, die mit ihrer Arbeitskraft zum wachsenden Wohlstand und zur kulturellen Blüte in der Region beigetragen haben, den es in dieser Form zuvor nicht gegeben hat. Zwei Städte, zwischen denen tausend Kilometer liegen und die durch den Leidensweg der Emigranten, die in ihrer neuen Heimat ein wenig Normalität suchten, auf ewig miteinander verbunden sind. Seit den fünfziger Jahren hat eine stetig wachsende Zahl von Emigranten aus Cutro die Provinz Reggio Emilia als Zielgebiet gewählt, um auf ehrliche Weise zu arbeiten und sich zu verwirklichen. Diese Diaspora aus Cutro hat ihren Frieden gefunden in der reichen und gastfreundlichen Region rund um Reggio Emilia, der roten Erde des antifaschistischen Widerstands und der Hoffnung.
    Heute leben in dieser Gegend über 10 000 Menschen, die

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