Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)
beschäftigt sich die Firma
Global Service
. Im Krankenhaus von Scandiano hat sie einen Subauftrag an Luigi Silipo vergeben, der bereits mit den Arbeiten vor Ort begonnen hatte. Doch dann kam der Einspruch der Präfektur. Der Auftrag wurde storniert. Die Ehefrau von Silipo, Maria Giuseppina Salerno, kam zusammen mit den Söhnen Salvatore und Giuseppe am 4. Mai 2011 hinter Gittern. Der Vorwurf lautete auf Bildung einer kriminellen Vereinigung und Zinswucher. Auch Silipo wurde wegen dieser Vorwürfe angeklagt. Die gesamte Familie war offenbar ins Zinswuchergeschäft involviert. Bis zu 15 Prozent Zinsen pro Monat mussten die Opfer zahlen.
Das Anti-Mafia-Zertifikat wurde auch der Firma
Morrone Trasporti
entzogen, die in Reggio Emilia ansässig ist. Teilhaber und Geschäftsführer waren Enrico Morrone und seine Schwester Antonia. In der Lombardei hatte die Firma die Ausschreibung für einen Auftrag der italienischen Straßenaufsichtsbehörde ANAS und der in öffentlichem Besitz befindlichen Firma
Autostrade Centropadane
gewonnen. Der Auftrag wurde nach dem Entzug des Zertifikats storniert. Im Rahmen der Untersuchungen wurden gesicherte Hinweise auf Beziehungen zu Angehörigen der ’Ndrangheta und der Cosa Nostra gefunden. Morrone soll mit Gerardo und Salvatore Muto in Kontakt gewesen sein. Den Eigentümern von einigen Speditionsfirmen in Gualtieri konnte die Präfektur Arbeitsbeziehungen und Begegnungen mit Vertretern des Grande-Aracri-Clans nachweisen.
Das Zertifikat wurde auch der Firma
Edil Perna
verweigert, die der Cosa Nostra aus Gela (Sizilien) unterstehen soll. Diese erhielt einen Auftrag von der Stadt Parma für die Sanierung des Geländes am ehemaligen Güterbahnhof Boschi und einen Subauftrag für die Technologiezentrale des großen Krankenhauses von Verona. Beide wurden wegen des Untersagungsbescheids der Präfektur von Reggio Emilia zurückgezogen.
Schließlich stoppte der Präfekt noch Amadeo Amato. Er stammte aus Rosarno (bei Reggio di Calabria) und gehörte zum Zingari-Clan, der in Reggio Emilia, wo Amato seit vielen Jahren wohnt, enge Beziehungen zum Grande-Aracri-Clan unterhält. Amato hatte beantragt, einen Online-Gebrauchtwagen-handel zu eröffnen. Dieser wurde von der Präfektur abgelehnt. Die Untersagung jedoch, die sowohl medial als auch politisch am meisten Aufsehen erregte, war jene, die gegenüber der Gesellschaft
Bacchi
aus Boretto (Provinz Reggio Emilia) ausgesprochen wurde. Das Regionalverwaltungsgericht nahm zunächst den Einspruch der Firma an. Aber während man noch auf das Urteil wartete, wurden die Arbeiten an der Umgehungsstraße von Novellara unterbrochen und die betroffenen Arbeiter nach Hause geschickt.
Der Bericht der Untersuchungsbeamten der Präfektur war alarmierend. Man sprach von Subaufträgen für zwei Firmen, die zum Umkreis der ’Ndrangheta-Clans aus Cutro gehören sollen: die
Tre Emme Costruzioni
und das Baukonsortium M 2. Beide Firmen sind nachweisbar mit der Familie Mattace aus Cutro verbunden, die dem Grande-Aracri-Clan nahestehen soll. Auch für diese beiden Firmen hat das Regionalverwaltungsgericht einen Untersagungsbeschluss erlassen. Es räumte ihnen eine Frist ein, um hierzu Stellung zu nehmen. Immerhin liegt die Verbindung zum Mafia-Clan schon etwas zurück.
Der Firma
Bacchi
wirft die Präfektur vor, zwei Firmen als Subauftragnehmer beschäftigt zu haben, die kein Anti-Mafia-Zertifikat aufweisen konnten. Dabei wird dieses nur bei Aufträgen verlangt, die größer als 155.000 Euro sind. Diese Auflage war umgangen worden, indem man die Aufträge – so die Präfektur – auf zwei Subauftragnehmer aufteilte. Die
Tre Emme
erhielt Arbeiten für 130.000 Euro zugesprochen, und das Konsortium M2 Arbeiten für 50.000 Euro. Die dadurch geweckten Zweifel und Verdachtsmomente werden noch verstärkt, wenn man den Erlass der Präfektur liest: »Es ist festzustellen, dass die Firma
Bacchi
der Firma
Tre Emme
insgesamt 161.000 Euro bezahlte, und damit mehr als vereinbart, und mehr, als man ohne Anti-Mafia-Zertifikat vergeben kann.«
Es gab aber noch eine weitere Anomalie: Die Firma aus Boretto bat die Ausschreibungsbehörde, den Subauftrag bis Ende Juni 2010 zu vergeben. Laut Präfektur hatte die Firma jedoch bereits mit der Familie Mattace einen Vertrag abgeschlossen, der anderthalb Monate vor der offiziellen Anfrage datiert worden war. Hinzukam, dass auf den Baustellen der
Bacchi
die beunruhigende Präsenz von Giuliano Floro Vito zu verzeichnen war. Die Ermittler hatten ihn
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