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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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Nicolino, verhaftet und zu drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Tatsächlich konnte er nach Ablauf der Untersuchungshaft nach Brescello zurückkehren. Er übernahm sogar die Geschäftsführung der Baufirma wieder, deren Eigentümer er war. In der Nähe von Brescello lebt auch Massimo Turrà, tätig im Autotransportwesen und ebenfalls in Cutro geboren. Ihm wird von der Anti-Mafia-Behörde von Catanzaro vorgeworfen, Mitglied einer kriminellen Vereinigung zu sein, und zwar gemeinsam mit einem anderen bekannten Einwohner der Reggio Emilia, Ernesto Grande Aracri, dem Bruder des Paten Nicolino.
    Wie Reggio Emilia mit Cutro ist auch Brescello mit einer Gemeinde Kalabriens eine offizielle Städtepartnerschaft eingegangen. Es handelt sich in diesem Fall um Isola di Capo Rizzuto, das Herrschaftsgebiet des Nicoscia-Clans, seines Zeichens Verbündeter des Grande-Aracri-Clans. Kalabresen aus der Gegend von Crotone gibt es in Brescello viele. Sie stellen eine wichtige Wählergruppe und können mit ihren Stimmen den Ausgang von Wahlen in der Region Reggio Emilia entscheiden. Sie sorgen auch dafür, dass die Lokalpolitik hier manch ungewohnten Weg beschreitet.
    Die Städtepartnerschaft zwischen den Gemeinden hat neben einer Reihe von anderen Vorkommnissen vor allem die Kritik von Katia Silva hervorgerufen, der Parteisekretärin der rechtsgerichteten
Lega Nord
in Brescello. Daraufhin drohte ihr ein ’Ndrangheta-Mitglied mitten auf dem Marktpatz: »Wenn unser Boss ausgeht, hast du hier nichts zu suchen. Nicht mal dein Sohn kann dich dann mehr retten.« Was wohl die Statuen von Don Camillo und Peppone gedacht haben mögen, als sich die Szene vor ihren Augen zugetragen hatte?
    Drohungen und Einschüchterungen sorgen seitdem für ein angespanntes Klima in Brescello, wo sich die Grande Aracris als Herren fühlen. Nur wenige ahnen, dass diese Mafia ihre Wurzeln tief in das Gebiet der Emilia-Romagna gesenkt hat, in jene Gegend, die die Hauptlast des Widerstands gegen den Faschismus trug. Doch in Wahrheit hat die ’Ndrangheta die berühmten Stellungen der »Gotenlinie«, wo deutsche Truppen im Sommer 1944 versuchten, den Vormarsch der Alliierten aufzuhalten, längst überschritten. Seit dreißig Jahren frönt sie der kriminellen Völlerei innerhalb der boomenden Wirtschaft der Emilia-Romagna. In einer Osmose oder Symbiose ergänzen und befruchten sich die illegale und die legale Wirtschaft der Region unaufhörlich. Erzählungen und Vorfälle lassen es zu, die Konturen der Mafia-Machtstellung in der Emilia nachzuzeichnen.
    Der junge Mann um die dreißig ist Handelsvertreter für eine berühmte Enzyklopädie. Eines Tages vertraute er mir ein Erlebnis an, das er in Brescello hatte. Er war gerade dabei, einen Kaufvertrag für die gesamte umfangreiche Enzyklopädie abzuschließen, als der Käufer, ein Kalabrese aus der Gegend von Crotone, ein Portemonnaie hervorzog, das prallgefüllt mit Banknoten war. Doch die Regeln für die Handelsvertreter sind eisern. Sie dürfen kein Bargeld annehmen. Aber sein Gegenüber insistierte und wollte nichts von irgendwelchen Vorschriften wissen. »Nehmen Sie das Geld schon!« Doch der Handelsreisende musste die 5.000 Euro Cash ablehnen.
    Das Brescello des neuen Jahrtausends ist voll von Männern, die auf unvorhergesehene Weise zu Wohlstand gekommen sind. Ihren Reichtum stellen sie dadurch zur Schau, dass sie einem ihr Geld aufdrängen. Von Brescello aus erstreckt sich das Geflecht der wirtschaftlichen Beziehungen in verschiedene Himmelsrichtungen. Kalabrien, Sardinien, Lombardei, Schweiz, Spanien. Etwa in Gestalt von Alfonso Diletto und Francesco Muto, beide in Brescello ansässig, die 2008 während der Operation »Dirty Money« ins Visier der Ermittler geraten waren. Diletto ist der Neffe von Rosario Grande Aracri, dem Bruder des verhafteten Paten Nicolino.
    Eine Untersuchung von 2008 führte zur Festnahme von insgesamt neun Personen, denen Verbindung zur Organisierten Kriminalität in Gestalt des Clans der Familien Ferrazzo-Iazolino aus Mesoraca in der Provinz Crotone (Kalabrien) vorgeworfen wurde. Dabei kam ein schwindelerregender Kreislauf der Geldwäsche zwischen der Lombardei, Sardinien, Kalabrien, der Schweiz und Spanien zum Vorschein. Die Angehörigen dieses Clans sollen viele Dutzend Millionen Euro, Profite aus dem Drogenhandel des Clans von Mario »Topolino« Ferrazzo, gewaschen haben. Mittels der von ihnen geführten Finanzgesellschaften sollen die ’Ndrangheta und ihre

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