Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)
schwarz. Die gehen an Pino Maranci, so weit klar? Der stellt mir jetzt ein Jahr lang jeden Monat eine Rechnung über 30.000 aus. Davon gehen 10.000 an uns, die anderen 20.000 gehören ihm. Denn die müssen von Schwarzgeld zu Weißgeld werden. Sie haben mir gesagt, dass sie es aus Preisgründen vorziehen, eher mit meiner Firma zusammenzuarbeiten als mit anderen. Dabei geht es gar nicht um den Preis. Wenn man 10.000 mit Nichtstun verdient, kann man ja auch nicht wirklich von einem Preis sprechen. Besser als nichts, sage ich immer. Aber darauf müssen noch Steuern gezahlt werden, so als ob wir noch Leute arbeiten lassen würden, und dabei verdienen wir dreißig Prozent (…). Es ist eine Grundstückssanierung, die sie machen und die wir dann untereinander aufteilen. Demnächst wird’s noch besser, da machen sie eine Grundstückssanierung in Gallarate [bei Mailand]. Das wird ein paar Jahre gehen. Da machen wir dasselbe Spiel. Die zahlen uns sogar die neue Werkshalle. 10.000 im Monat sind 120.000 Euro im Jahr. Ist mir nur recht, solange sie mich nicht ins Gefängnis werfen (lacht). Geld wie Heu, sage ich dir. Mann, Mann, Mann, was man mit Geländesanierung für ein Geld verdienen kann. Ich verdiene ja schon genug. Stell dir mal vor, die machen das mit zwei oder drei weiteren Firmen. Wer weiß, was die schwarz alles verdienen. Das, was sich die Direktoren in die Tasche stecken, davon kann sich jeder von denen ’ne Villa kaufen. Für 250.000 kannst du dir hier in Reggio Emilia ’ne wirklich schöne Villa kaufen. Sie sind zu dritt, wenn sie jeder eine kaufen (…).«
Solche Gelegenheiten kommen so schnell nicht wieder, erklärt Luraghi seiner Frau und noch einmal seinen Freunden. Er hat’s geschafft, denkt er. Seine Firma sitzt genau zwischen zwei der stärksten Lokomotiven der hiesigen Wirtschaft. Zwischen dem Mafia-Clan, dessen Unterstützung er genießt, und der
Unieco
, die – so der Untersuchungsbericht – schwarze Kassen führt. Aus dem an die Operation anschließenden Prozess »Cerberus« ging die
Unieco
makellos und ohne zusätzliche Ermittlungen hervor. Es bleibt ein Schatten von Misswirtschaft, der über die Kooperative fällt, angesichts dieser wenig transparenten Vorgänge, die in der Verantwortlichkeit der Angestellten der Kooperative lagen. Und die schwarz auf weiß in den Berichten der Mailänder Finanzpolizei festgehalten wurden. Der Fall der
Unieco
, von der man »eigentlich« wusste, dass Luraghi die Arbeitsverteilung auf den Baustellen bestimmte, ist eine Geschichte von unternehmerischen Unachtsamkeiten, die indirekt der ’Ndrangheta helfen, ihre schwarzen Geldkreisläufe aufzuziehen, mit welchen sie ihre Drogengelder waschen. Geschichten von unbewussten Straftatbeständen, von mangelnder Kenntnis des Kontextes, in dem die beauftragten Firmen arbeiteten, von »Nachlässigkeiten«, die der Gier nach Profit geschuldet waren. Oder handelt es sich um ein ganz bewusst am Schreibtisch so entschiedenes Projekt?
Die Geschichte der
Unieco
ist die Geschichte von skrupellosen Firmen aus der Emilia-Romagna. Hierbei handelte es sich keineswegs um Einzelfälle. Nachlässigkeit in dieser Hinsicht bewies auch die
Hera GmbH
. Das vielseitige Unternehmen gehört einigen Gemeinden der Emilia-Romagna. Und schreckte nicht vor Geschäften mit den Gebrüdern Cosentino zurück. Nicht mit dem Ex-Staatssekretär Nicola Cosentino, der sich wegen Vorwürfen der Zusammenarbeit mit dem Casalesi-Clan der Camorra vor Gericht verantworten muss, sondern mit weiteren seiner Brüder, in diesem Fall Giacomo und Giovanni, die im Hinblick auf ihre erworbene Verwandtschaft nicht gerade der »Mafia-Ferne« bezichtigt werden können.
Zu den Aufträgen der Familie Cosentino gehörte das kombinierte Gas-, Heiz- und Elektrokraftwerk von Sparanise, dreißig Kilometer von Casal di Principe, dem Geburtsort der Gebrüder Cosentino, entfernt. Das Kraftwerk weist eine Leistung von 800 Megawatt auf und wurde 2007 in Betrieb genommen, in der Zeit, als Nicola Cosentino noch Parlamentsabgeordneter war. Zu den Hauptgewinnern des 1989 begonnenen MegaBauprojektes aus der Camorra-Zone Kampanien gehörten zwei Unternehmen: die
Hera
und die SCR. Erstere kontrollierte mit einem Geschäftsanteil von 50,01 Prozent eine Gesellschaft namens
Hera Comm Mediterranea
. Die restlichen Anteile wurden von der SCR gehalten. Eine mysteriöse Gesellschaft, deren Teilhaberschaft sich hinter einer Treuhandgesellschaft der Bank
Monte dei Paschi
versteckte, der
Montepaschi
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