Mafia Princess
Essensausgabe. Ich konnte sie nicht ausstehen, und es behagte mir nicht, dass sie mir das Essen servierte. Wir durften unser eigenes Porzellangeschirr von draußen mitbringen, richtige Messer und Gabeln waren allerdings nicht gestattet.
Die Frau riskierte mir gegenüber eine dicke Lippe und packte mir irgendwelchen Mist auf den Teller, und da dachte ich: »Blöde Kuh.« Der Beamte, der beim Mittagessen Aufsicht hatte, schaute aus dem Fenster und sah nicht, wie Aggressionen aufloderten. Ich hielt meinen schweren Teller wie eine Frisbeescheibe und schleuderte ihn ihr ins Gesicht. Er traf sie voll und zerbrach dann auf dem Boden. Ich war froh. Alles andere war mir egal. Ich wusste, sie konnten mich nicht in eine andere Haftanstalt überführen, weil keine andere mich haben wollte.
Das Komische war, dass ich keinen Ärger deswegen kriegte. In Einzelhaft steckten sie mich nie. Sie sperrten mich nie tagsüber in der Zelle ein. Ich schien immer mit allem durchzukommen. Ich war aber auch im Grunde genommen eine Gefangene, die sich ziemlich gut führte. Sie wussten, wenn ich ausrastete, dann gab es auch einen guten Grund dafür, ich machte so was nämlich nicht alle fünf Minuten.
In so einer Anstalt reagieren alle unterschiedlich. Und seltsame Sachen passieren da. So hatten wir zum Beispiel alle zur selben Zeit unsere Tage. Also wie merkwürdig ist das denn? Und können Sie sich vorstellen, was für Spannungen es da gab?
Ena, ein holländischer Drogenkurier, verlangte Vibratoren für alle, und der Beamte lachte: »Das können wir nicht machen – das wäre ja wie ein Bienenschwarm hier drin. Bsss, bsss, bsss .«
Eines Abends kam eine an eine Ladung Ecstasy-Tabletten, und im Fernsehzimmer wurde eine Party gefeiert. Ich nahm nichts von dem Zeug, denn ich wollte nicht senkrecht die Wände hochkriechen. Ich hatte etwas Hasch, setzte mich ganz nach hinten in den Raum, wurde langsam high und sah all den Mädchen zu, die da vor mir ausflippten. Sie zogen sich bis auf BH und Höschen aus und tanzten zu Rave-Musik. Von den Wänden troff der Schweiß; es war wie in einem Dampfbad. Und die Wachen kamen kein einziges Mal rein. Die drückten sämtliche Augen zu.
Endlich, nach über sechzehn Monaten Untersuchungshaft in Durham, hatte die Staatsanwaltschaft den Fall gegen mich aufgestellt und gab mir ein Datum für den Prozess – 20. November 1995. Zu der Zeit standen viele Mitglieder der Familie in Italien vor Gericht oder warteten auf ihren Prozess. Wahrscheinlich wäre ich ins Guinness-Buch der Rekorde gekommen, als Mensch mit den meisten Familienangehörigen im Gefängnis.
Aus Sicherheitsgründen wurde der Prozess gegen Mum und mich ins Gericht von Newcastle verlegt, nur für den Fall, dass ich versuchen sollte, Zeugen einzuschüchtern. Oder eine dramatische Flucht zu inszenieren. Aber ich wollte einfach nur nach Hause zu Lara. Und dafür sorgen, dass Mum nicht ins Gefängnis musste. Ihre Gesundheit litt sehr. Doch das konnten die von der Polizei nicht begreifen.
Für die Fahrt zum Gericht und wieder zurück hatte ich eine Polizeieskorte. Kombis vor und hinter dem Van. Die Polizisten in den Wagen hatten automatische Waffen, die auf den Van gerichtet waren. Sirenen heulten, und Hubschrauber folgten uns, wie geräuschvolle Geier am Himmel. Die Wachen bei Gericht waren mit MP5 von Heckler und Koch bewaffnet. Es hieß, so etwas sei noch nie vorgekommen. Offenbar glaubten sie, die Mafia würde mich mit Hubschraubern befreien.
In der Woche, als ich in Newcastle vor Gericht erscheinen musste, machte man Rose West den Prozess in Winchester. Die Leute von Newcastle müssen wohl in Erdkunde nicht gut aufgepasst haben, denn sie dachten, ich wäre sie, und bewarfen das gepanzerte Polizeiauto mit Eiern.
Am Mittwoch, den 22. November, wurde Rose West zu zehnmal lebenslänglich verurteilt; ihr Verbrechen: die Ermordung von zehn Frauen und Mädchen, darunter ihre sechzehnjährige Tochter, ihre achtjährige Stieftochter und die schwangere Geliebte ihres Mannes. Insgesamt waren sie und ihr Ehemann Fred West des Mordes an einem Dutzend Menschen angeklagt, aber er entzog sich dem Prozess, indem er im Januar desselben Jahres Selbstmord im Gefängnis beging. Rose West wurde in die Spezielle Sicherheitseinheit von Durham geschickt, wie der Höllenblock offiziell hieß.
Ich war der Geldwäsche von 1,6 Millionen Pfund Sterling angeklagt, wobei ich das Bargeld in Laras Babytragetasche durch Europa transportiert haben sollte. Ich plädierte auf nicht
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