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Mafiatod

Mafiatod

Titel: Mafiatod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald E. Westlake
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fragte Bill, wie ich jetzt aussähe.
    »Wie ein gerupftes Huhn. Aber mit jedem Tag besser. Der Doktor sagt, du behältst keine auffälligen Narben. Und ich habe schon mit jemandem wegen eines Glasauges gesprochen. Er wird es dir anpassen, sobald es der Arzt erlaubt.«
    »Mein Gott … Und meine Füße? Sie tun höllisch weh.« Ich wusste, dass sie noch da waren. Einmal hatte ich die rechte Hand an meinen Hinterkopf gelegt – das war, bevor ich auch die linke Hand bewegen konnte – und meinen Kopf in die Höhe geschoben, sodass ich an mir hinunterblicken konnte, und die Füße waren noch da. Ich hatte mir wegen einer Amputation Sorgen gemacht. Ich hatte von Leuten gehört, denen die Beine noch nach der Amputation wehtaten. Mir taten die Füße weh, und ich konnte sie nicht bewegen, deshalb hatte ich befürchtet, dass sie amputiert waren. Aber sie waren da, dicke röhrenförmige Wülste unter der Decke, fest eingegipst.
    »Deine Knöchel waren gebrochen«, sagte Bill. »Eingeklemmt zwischen dem Wagen und dem Brückenpfeiler. Man hat sie genagelt.«
    »Und ich werde wieder laufen können?«
    »Klar. Du wirst wieder Klavier spielen können«, sagte er mit einem schiefen Lächeln. »Mit den Füßen, wie früher.«
    Ich bat ihn um eine Zigarette, aber er gab mir keine. Deshalb schnorrte ich eine von dem Bullen, der an dem Abend noch kam. Er war von der Kriminalpolizei, nicht uniformiert und hieß Kirk. Er ließ mich die ganze Geschichte erzählen, obwohl es nicht viel zu erzählen gab. Ich hatte keinen der beiden Männer in dem Chrysler erkannt. Ich wusste nicht, was »Kap« bedeutete. Ich wusste nicht, warum zwei Fremde meinen Vater erschossen hatten.
    Nachdem er gegangen war, nahm mir Schwester Benson, die dünne Pflegerin, die Zigarette aus dem Mund.
    Bill besuchte mich eine Woche lang jeden Tag. Dann kam er mit einem Mal nicht mehr. Ich erkundigte mich bei Schwester Benson. »Er musste nach Binghamton zurück«, meinte sie.
    »Warum?«
    Ich fragte sie immer wieder, doch sie gab mir nur ausweichende Antworten. Schließlich sagte sie es mir, wobei sie meinen Blick mied. »Es tut mir leid, Mr. Kelly. Seine Frau wurde von einem Auto überfahren. Sie ist tot.«
    »Ach!«, sagte ich. »Und ich habe sie nie kennengelernt.«

3
     
    Als ich am siebten September aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hatte ich zwei Augen, konnte aber nur mit dem einen sehen. Mit diesem einen Auge sah ich den Mann auf der anderen Straßenseite aus dem Plymouth steigen und auf mich zukommen. Ich ging langsamer und fühlte mich schutzlos. Ich erinnerte mich noch gut an den Mann, der die Hand mit dem Revolver zum Fenster hinausgestreckt hatte.
    Dieser hier ähnelte ihm nicht. Er war mittelgroß und mager. Er musste erst kürzlich abgenommen haben und hatte sich offensichtlich noch keine neuen Klamotten leisten können. Sein Jackett war so weit, wie es nie Mode gewesen war. Er hatte rötlich blondes Haar und ein scharf geschnittenes Gesicht, aber was sich dahinter nur schlecht verbergen konnte, war alles andere als scharf.
    Er blieb vor mir stehen und betrachtete den Schlips, den Schwester Benson für mich ausgesucht hatte. Sie hatte mir Sachen zum Anziehen besorgt, weil meine beiden Koffer im Wagen verbrannt waren. Das Geld dafür hatte mir Bill gegeben.
    Der Mann verhielt sich so, als wolle er mit mir sprechen, befürchtete jedoch, dass uns dabei jemand beobachten könnte. Ich sagte: »Na gut« und ging an ihm vorbei über die Straße zu dem Plymouth. Vielleicht hätte ich mich vor ihm gefürchtet, aber er fürchtete sich vor mir. Er lief mir mit kurzen Schritten hinterher. Ich hörte ihn schnaufen.
    Ich ging um den Plymouth herum und stieg auf der Beifahrerseite ein. Er setzte sich neben mich ans Steuer. Er sah ziemlich besorgt aus. Er holte ein Päckchen Philip Morris Commanders hervor – eine Marke, die ich bei ihm nicht vermutet hätte – und klaubte mit zwei Fingern und Daumen eine Zigarette heraus. Ich nahm ihm das Päckchen aus der Hand und bediente mich selbst. In eisigem Schweigen zündeten wir uns die Zigaretten an, dabei bemühte er sich, die ganze Umgebung auf einmal im Blick zu behalten. »Ich schulde Ihrem Vater einen Gefallen«, sagte er unvermittelt. »Deshalb bin ich gekommen.«
    »Was für einen Gefallen?«
    »Das liegt lange zurück. Es spielt jetzt keine Rolle. Sie sind sein Sohn. Ich wollte Ihnen nur sagen, Sie müssen abhauen. Ändern Sie Ihren Namen, verschwinden Sie für immer. Gehen Sie irgendwohin, vielleicht in den

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