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Mafiatod

Mafiatod

Titel: Mafiatod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald E. Westlake
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Westen. Aber gehen Sie nicht nach New York.«
    »Warum nicht?«
    Er kaute beinahe auf seiner Zigarette herum. Seine Augen rollten wie wild in den Höhlen. »Es wird Ärger geben«, sagte er schließlich. »Sie wollen da nicht hineingezogen werden.«
    »Inwiefern Ärger?«
    »Das ist der Gefallen«, gab er rasch zurück. »Wir sind quitt. Wenn die mich mit Ihnen sprechen sehen, erschießen sie mich.«
    »Wenn wer Sie sieht? Die Männer, die meinen Vater umgebracht haben?«
    »Hauen Sie ab.« Mit jeder Sekunde wurde er unruhiger. »Unsere Unterredung ist beendet, ich habe Ihnen den Gefallen getan. Tauchen Sie unter. Und jetzt steigen Sie aus.«
    Ich legte ihm den linken Arm über die Brust und drückte ihn an den Sitz. Meine rechte Hand tastete ihn ab, fand aber nichts, das sich wie eine Waffe anfühlte. Er atmete mühsam und spähte auf die Straße, als ob er jeden Augenblick Panzerwagen erwartete. Allerdings sagte er kein Wort.
    Ich ließ meinen linken Arm, wo er war, und drückte mit dem Daumen auf den Knopf des Handschuhfaches. Das Fach klappte auf, und ich nahm die Knarre heraus. Ich kenne mich nicht besonders gut aus mit Handfeuerwaffen, aber ich vermutete, dass der Revolver Kaliber .32 hatte. Der kurze Lauf bestand aus blauschwarzem Metall, der Kolben war ein schlichter Holzgriff. Die Trommel war für sechs Patronen vorgesehen. Auf beiden Seiten waren je zwei geladene Kammern zu erkennen. Ich hatte keine Ahnung, ob die oberste und die unterste Kammer ebenfalls Patronen enthielten. Gerade über der Stelle, wo mein Daumen ganz natürlich ruhte, war der Arretierhebel. Ich entsicherte den Revolver.
    Ich ließ den Mann los und drehte mich auf dem Sitz halb um, sodass ich ihn ansehen konnte. Den Revolver, den ich auf dem Schoß hielt, richtete ich auf ihn. Er warf mir einen flüchtigen Blick zu und betrachtete wieder die Straße. »Ich bin gekommen, um Ihnen einen Gefallen zu tun, weiter nichts. Sonst gar nichts. Sie können sich die Mühe sparen. Ich sage kein weiteres Wort mehr, und Sie steigen jetzt am besten aus.«
    »Lassen Sie den Motor an«, befahl ich.
    Verblüfft wollte er wissen, wohin ich mit ihm wollte.
    »Zu mir nach Hause«, sagte ich. »Binghamton liegt am Highway 17, ungefähr zweihundert Kilometer entfernt.«
    »Ich will nicht«, sagte er.
    »Notwehr«, meinte ich. »Ich hab Ihnen den Revolver aus der Hand gerissen. Sie waren einer der Männer, die meinen Vater erschossen haben.«
    Er starrte mich an. Aber sein Blick traf mein rechtes Auge, das Glasauge. Er schauderte und ließ den Wagen an.
    Es war eine lange Fahrt. Wir sprachen nicht viel, und der Highway sah allzu vertraut aus. In gewisser Weise war es die gleiche Situation: Ich saß auf dem Beifahrersitz in einem Wagen. Immer wieder blickte ich zurück, und wenn ein Auto uns überholte, zuckte ich zusammen. Doch nichts passierte.
    Wir schafften es in weniger als vier Stunden. Bei der ersten Brücke überquerten wir den Fluss, ließen den größten Teil der Stadt links liegen. Der Feierabendverkehr kurz nach vier Uhr hatte schon eingesetzt, und auf dem Weg nach Vestal hinaus kamen wir nur langsam vorwärts.
    Der Ort war in den vergangenen drei Jahren sehr gewachsen. Der Penn-Can Highway würde endlich auch hier ins Hinterland die Annehmlichkeiten der Zivilisation bringen. Es gab sogar schon Maisonetten-Apartments und Häuser im Ranchstil.
    Bill wohnte in so einem Haus draußen am Highway 26. Als wir ankamen, war niemand da; die Garagentür stand offen, die Garage war leer. Ich zwang den Mann, den Plymouth in die Garage zu fahren. Wir stiegen aus, und ich nahm den Revolver wieder in die linke Hand, während er das Schwingtor herunterzog. Ich hatte die Waffe fast alle halbe Stunde von einer Hand in die andere genommen, wenn sich meine Finger verkrampften.
    Die Tür zwischen Küche und Garage stand ebenfalls offen, und im Haus wimmelte es von Mücken. Im Abwaschbecken türmte sich das Geschirr. Im Wohnzimmer war der Fußboden mit Bierflaschen und Zeitungen übersät. Beides wurde vermutlich ins Haus geliefert. Diese kleinen, dicken Drittelliter-Bierflaschen sah man sonst nur bei Muschelessen am Strand oder Ballspielen auf Sandplätzen. Zwei Bierkisten standen in der Garage und ein Dutzend Flaschen im Kühlschrank. Das war praktisch alles, was der Kühlschrank enthielt.
    Die Mücken hatten das Haus für sich. Die beiden Schlafzimmer waren leer. In dem einen, dessen Wände rosa gestrichen waren, sah ich eine Wiege und eine weiße Wickelkommode. Die

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