Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht
vorzubereiten, lachte Sal blechern und meinte, daß der verdammte Bruch wohl inzwischen von selbst geheilt wäre.
Der Arzt warf einen kurzen Blick auf ihn und rannte aus dem Zimmer. Wenige Minuten später kam er zusammen mit einem mürrischen, in einen grauen Anzug gekleideten Mann mit Hörrohr zurück. Gemeinsam untersuchten sie seinen Fuß und seine Brust, und der Mürrische murmelte etwas über falsche Diagnose. Dann ordnete er eine Reihe von Tests an. Gleich nachdem sie gegangen waren, begann der alte Mann im nächsten Bett über sein Bein zu klagen. Mit Interesse verfolgte Sal das darauffolgende Treiben, obgleich er schon vorher wußte, was die Experten herausfinden würden. Er dachte an den vorgenommenen Tauschhandel und lachte in sich hinein. Die Situation kam ihm so komisch vor, daß er sich über das mysteriöse Geschäft selbst weiter gar keine Gedanken machte. Er war zufrieden. Der alte Mann nörgelte mehr denn je herum, und Sal hatte seine Behauptung bewiesen. Ein gebrochenes Bein war weitaus schlimmer als eine lausige Erkältung.
Nach weiteren zehn Tagen war er die Entzündung in der Lunge los und so weit hergestellt, daß er das Krankenhaus verlassen konnte. Sein erster Gedanke war, sich davon zu überzeugen, wie sehr ihn das Mädchen, das er liebte, bedauern würde.
Leah Maitland war in seiner Nachbarschaft das hübscheste weibliche Wesen, und Sal war seit seiner Schulzeit hoffnungslos in sie verschossen. Sie war fast zu hübsch für ihn; sie hatte sanfte braune Augen und eine Figur, an der selbst die billigsten Kleider seidig und teuer wirkten. Sie war aber auch zu klug für ihn; ihr Vater war ein pensionierter Lehrer, der wie eine alte Dame einen Schal um den Hals geschlungen trug und wie eine Henne gluckste, immer wenn er Sal in seiner unfeinen Art reden hörte. Als Sal bei Leah anklopfte, hoffte er, ihr Vater würde nicht zu Hause sein. Aber er war da.
»Leah ist nicht hier«, sagte er. »Sie ist in der Schule.«
»In der Schule?« Sal starrte den alten Mann mit dem zerfetzten Tuch um die gebeugten Schultern verdutzt an.
»Sie besucht eine Lehrerbildungsanstalt, wußtest du das nicht? Sie muß bald nach Hause kommen, willst du warten?«
»Macht nichts«, sagte Sal. »Sagen Sie ihr nur, daß ich hier war. Sagen Sie ihr«, er zögerte, »sagen Sie ihr, daß ich krank war, aber daß es mir jetzt schon wieder besser geht. Sagen Sie ihr, daß ich bald wieder einmal vorbeikomme.«
Der alte Mann runzelte die Stirn, und das runzlige Gesicht mit dem mißbilligenden Ausdruck ließ Sal zu einer Lüge greifen.
»Sagen Sie ihr, ich habe meinen Job in der Fabrik aufgegeben. Ich habe jetzt einen viel besseren Job. Sagen Sie ihr, daß bei mir jetzt alles ganz anders ist.«
»Anders? Wie anders?«
»Eben anders«, sagte Sal. »Auf Wiedersehen, Herr Maitland.« Er steckte die Daumen in die Hosentaschen und stieg die Treppe hinunter. Er fühlte sich unsagbar wohl.
Eine der Lügen setzte er sofort in die Wahrheit um. Er rief die Fabrik an und kündigte. Dann feierte er das Ereignis.
»Sie können doch zahlen?« fragte der Barmixer und hielt die Flasche fest. »Sie sagten, Sie hätten Ihre Arbeit aufgegeben.«
»Natürlich, Phil, aber ich habe Geld. Entschädigung von der Fabrik.«
Phil, ein schwerfälliger, glatzköpfiger Mann mit einem religiösen Medaillon am schwitzenden Hals, grunzte und schenkte das Glas voll. Dann nahm er Sals Dollar und verschloß ihn in der Kasse. Fast feierlich drehte er den Schlüssel um und ließ die Geldnote hineingleiten. Sal beobachtete ihn und leckte sich beim Anblick des ansehnlichen Haufens Scheine die Lippen. »Ich wünschte, ich hätte Ihre Moneten«, sagte er.
»Seien Sie für das, was Sie haben, dankbar«, sagte Phil mit frommer Miene.
»Für was denn bloß?«
Der Barmixer dachte über die Frage nach. Dann grinste er gutmütig. »Na, jedenfalls haben Sie Haare, das ist mehr, als ich habe.«
»Wollen Sie die Haare haben? Nehmen Sie sie sich.« Sal zog an seinen Locken. Phil lachte, aber Sal blieb ernst. »Nein, wirklich, ich meine es, wie ich es sage. Wenn Sie die Haare wollen, gut, sie gehören Ihnen. Wissen Sie, was im Krankenhaus passiert ist? Ich tauschte bei einem alten Knaben die Lungenentzündung ein. Er bekam meinen gebrochenen Fuß, und ich erhielt dafür seine Lungenentzündung. Was halten Sie davon?«
»Och, ich höre hier die komischsten Geschichten.«
»Was ist los, Phil. Sie sind schnell mit einem Versprechen dabei. Ich mache Ihnen einen
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