Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht
Vorschlag. Sie geben mir die Moneten aus Ihrer Kasse und bekommen dafür meine Haare. Das ist doch fair, oder?«
»Das wär ein Geschäft«, lachte Phil. Er wischte um Sals Ellbogen herum die Tischplatte ab und ging weg, um jemand ein Bier zu servieren. Als er zurückkam, wiederholte er: »Wenn Sie mir die Haare verschaffen, können Sie's haben, Sal.«
»Zählen Sie's«, sagte Sal.
Lachend zählte Phil die Scheine. In der Kasse waren einhundertundacht Dollar. Noch bevor der Abend um war, hatte Sal bereits für vier Dollar gezecht. Völlig betrunken wankte er in sein Zimmer. Am nächsten Morgen wachte er mit einem großen Kater auf, und als er sich mit der Hand den schmerzenden Kopf strich, berührte er glatte, weiche Haut.
Er stellte sich vor einen Spiegel und sah über seinem schmalen Gesicht mit der flachen Nase eine glänzende, saubere und nackte Kopfpartie aufragen. Er begann am ganzen Körper zu zittern und hatte das dringende Verlangen nach einem tüchtigen Schluck. Dabei mußte er an Phil denken. Er rief die Bar an, aber niemand antwortete. Dann wählte er Phils Privatnummer.
»Jesus Maria, Sal wie haben Sie das fertiggebracht? Es ist ein Wunder!« rief Phil. »So was habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Meine Frau denkt, es wäre eine Perücke.« Er brach in hysterisches Lachen aus. »Zieh ruhig daran, Liebling, los, reiß es ab! Au-a, au!« rief er wohlgelaunt und zugleich verzückt. Sal warf den Hörer in die Gabel und weinte in die vors Gesicht geschlagenen Hände.
Am Nachmittag brachte ihm ein Kind einen Briefumschlag, der bis oben hin mit Geld vollgestopft war. Er warf die Scheine aufs Bett, und im Vergleich mit dem, was er hergegeben hatte, erschien es ihm ein jämmerlicher Betrag zu sein. Er schwor sich, nie wieder ein so schlechtes Geschäft zu machen.
In der darauffolgenden Nacht ging er, in neue Schuhe, einen neuen Hut und einen ebenso neuen Anzug gekleidet, in eine fremde Bar, um sich nach etwas ganz Bestimmtem umzusehen. Er erspähte einen etwas heruntergekommenen Landstreicher mit dickem schwarzem Haar, halbgeschlossenen Augen und trockenem Mund, der sich mit flüsternder Stimme ein paar Schnäpse zu schnorren versuchte. Sal spendierte ihm einen und sagte:
»Den kannst du wirklich gebrauchen, was, Bruder?« Er betrachtete die Haare des anderen. »Ganz schöne Menge Haare für dein Alter, was?«
»Verdammt kalte Jahreszeit«, winselte der Vagabund.
»Trink noch einen«, sagte Sal. »Was du brauchst, sind ein paar schöne runde Flaschen. Verstehst du mich?«
»Nein.«
»Wozu braucht ein alter Bursche wie du Haare? Burschen wie du brauchen nichts als ein gemütliches warmes Plätzchen und einen guten Tropfen Whisky, stimmt's? Ich werd' dir was sagen, Bruder. Wie wär's mit einem kleinen Geschäft?«
In sein Zimmer zurückgekehrt, nahm sich Sal vor, wach zu bleiben und das Wunder bewußt mitzuerleben; sein Interesse war rein fachlicher Natur. Aber gegen drei Uhr wurde er schläfrig und nickte in seinem Armstuhl ein. Er träumte von Leah. In der Morgendämmerung riß er plötzlich die Augen auf, und seine Hand fuhr zum Kopf. Zwischen den Fingern spürte er dickes, grobes, schmutziges, wundervolles Haar. Er lief zum Spiegel und schrie vor Freude laut auf. Nicht nur wegen der Haare, sondern auch, weil er jetzt ganz sicher wußte, daß er es jederzeit, wann immer er wollte, tun konnte – daß er alles, was er wollte, eintauschen konnte.
Dann erinnerte er sich an Jan. Jan war ein großer muskulöser Bursche mit blondem Haar, dem Temperament eines Schnepfenhundes und der schlechteste Billardspieler, den der lokale Spielklub jemals hervorgebracht hatte. Sal hatte Jan schon viele Male besiegt. Im Augenblick war Jan Chauffeur bei einem Mann namens Halpert, der als unverschämt reich galt. Und Halpert war alt. Reich und alt, und vielleicht konnte man sich ihm über Jan nähern. Die Kombination war richtig.
Er fand Jan bei Grimski. Er lehnte sich auf ein Queue und sah zu, wie dessen Gegner durch vier Stöße hintereinander das Spiel für sich buchte. Sal zog ihn beiseite und brachte sein Anliegen vor. Würde Jan ihn seinem Chef vorstellen?
»Herrn Halpert?« Jans Gesicht zog sich in die Länge.
»Jesus, nein, Sal. Das kann ich doch nicht tun. Herr Halpert empfängt niemanden, du weißt ja, wie das ist. Er verläßt sein Appartement nur ganz selten.«
»Aber ich habe ein Geschäft für ihn«, sagte Jan wütend. »Es ist wichtig.«
Jan lächelte süßlich. »Der macht keine
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