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Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht

Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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den Tisch gekommen und hatte sie sanft auf die Wange geküßt und ihre Hand gestreichelt. Und sie hatte ihm für sein mysteriöses Experiment viel Erfolg gewünscht. Danach hatte Jenny den Tisch abgeräumt und sie zum Fenster gerollt ...
    Durch die einschläfernde Wärme fiel sie in einen leichten Schlummer. Sie träumte von einem ähnlichen Nachmittag vor fünfzig Jahren, als sie hier in demselben Zimmer bei der Terrassentür gesessen war – allerdings ohne den Gedanken an einen Rollstuhl – und auf Arthur gewartet hatte ... voller Sehnsucht und mit wachsender Besorgnis ... auf Arthur, der nie gekommen war ...
    Es war seltsam, wie die Dinge ihren Lauf nahmen. Wenn Arthur damals, an diesem Nachmittag, gekommen wäre, hätte sie ihn höchstwahrscheinlich geheiratet. Und dann hätten Harold und Cynthia nie existiert. Natürlich hätte sie auch Kinder gehabt, aber es wären nicht dieselben gewesen ... Welch seltsame Zufallserscheinungen doch im Leben eine Rolle spielten! Indem eine Frau einem Mann einfach ihr Jawort gab und einem anderen ihr Nein, konnte sie entweder einen späteren Erzbischof oder aber einen Mörder zur Welt bringen. Wie dumm heutzutage doch alle waren – sie bemühten sich krampfhaft, alle Dinge zu ordnen und zu regeln, das Leben sicher zu gestalten, während früher in den alten Tagen alles davon abhing, ob nun eine Frau zufällig ja oder nein gesagt hatte.
    Komisch, daß sie gerade jetzt an Arthur denken mußte. Seit Jahren hatte sie sich nicht mehr an ihn erinnert ...
    Sie war davon überzeugt, daß er sich an jenem Nachmittag ihr Jawort hatte holen wollen. Das war lange, bevor sie jemals etwas von Colin Dolderson gehört hatte. Sie hätte Arthur geheiratet. O ja, ganz sicherlich hätte sie ihn genommen.
    Eine Erklärung hatte es nie gegeben. Sie hatte nie erfahren, warum er damals nicht gekommen war – und auch später nicht. Er hatte ihr nie geschrieben. Zehn oder vielleicht auch vierzehn Tage später hatte sie eine ziemlich unpersönliche Nachricht von seiner Mutter erhalten, in der es hieß, daß er krank wäre und auf Anraten des Arztes hin ins Ausland reiste. Und danach nichts mehr – bis zu dem Tag, an dem sie seinen Namen in einer Zeitung gelesen hatte; das war ungefähr zwei Jahre später gewesen ...
    Natürlich war sie wütend gewesen – das schuldete ein Mädchen schon allein seinem Stolz – und auch eine Zeitlang sehr gekränkt. Und trotzdem wußte man nicht, ob nicht alles so zum besten gekommen war. Wären seine Kinder so lieb, so freundlich oder gar so klug gewesen wie Harold und Cynthia ...?
    All diese unendlich vielen Möglichkeiten ... diese Gene und die anderen Dinge, von denen man heutzutage so viel redete ...
    Die Geräusche vom Tennisplatz her waren verstummt, wahrscheinlich waren die Spieler an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt. Die Bienen summten emsig und flogen zwischen den bunten Blüten hin und her, Schmetterlinge segelten lautlos zwischen ihnen dahin. Die weiter entfernt stehenden Bäume schimmerten in der ansteigenden Hitze. Frau Dolderson konnte der zunehmenden Schläfrigkeit nicht widerstehen. Sie lehnte sich zurück und nahm einen anderen summenden Ton, der noch höher klang als der der Bienen, nur im Unterbewußtsein wahr. Er verlief gleichmäßig und wirkte gar nicht störend. Sie schloß die Augen ...
    Plötzlich tauchten ganz dicht vor ihr auf dem Weg ein Paar Beine auf. Das Geräusch der Schritte setzte ganz unvermittelt ein, als wäre jemand vom Gras auf den Sandweg getreten – nur, daß sie diesen jemand gesehen hätte, wenn er sich über den Rasen genähert hätte. Zu gleicher Zeit ertönte eine Baritonstimme, die fröhlich wie zu sich selbst sang. Auch sie setzte ganz plötzlich und unvermittelt ein, inmitten eines Wortes:
    »– der tut es, tut es, tut es.
    Sieh den zer –«
    Mitten im Ton brach die Stimme ab. Auch die Schritte hielten an.
    Frau Doldersons Augen waren jetzt weit geöffnet – sehr weit sogar. Ihre Hände umklammerten die Sessellehnen. Sie kannte diese Melodie; mehr noch, sie erkannte auch diese Stimme – nach all den Jahren ... Ein dummer Traum, sagte sie sich. Das kam nur davon, daß sie kurz, bevor sie ihre Augen geschlossen hatte, noch an ihn gedacht hatte! Wie närrisch!
    Und doch war es so seltsam real. Alles erschien so scharf und klar, so vertraut ... die Armlehnen wirkten ganz fest und hart unter ihren Fingern ...
    Eine andere Idee schoß ihr durch den Kopf. Sie war tot. Daher kam ihr dies nicht wie ein gewöhnlicher

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