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Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht

Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Traum vor! In der Sonne sitzend, mußte sie gestorben sein. Der Doktor hatte gesagt, daß das ganz unerwartet eintreten könnte ... das war jetzt der Fall! Eine Welle der Erleichterung durchzuckte sie – nicht etwa, weil sie sich vor dem Tode gefürchtet hatte, aber ganz im Innern hatte sie doch immer auf eine Art Gottesgericht gewartet. Jetzt war es vorbei – ohne Gericht und Urteil. So einfach war das. Sie fühlte sich glücklich, erleichtert. Obgleich es ihr seltsam erschien, daß sie noch immer an ihren Rollstuhl gebunden war ...
    Kies knirschte unter sich nähernden Schuhsohlen. Eine erschrockene Stimme sagte:
    »Das ist aber komisch. Verdammt komisch! Was ist denn los?«
    Regungslos kauerte Frau Dolderson in ihrem Stuhl. Diese Stimme ließ gar keine Zweifel offen.
    Eine Pause entstand. Die Schuhe scharrten unsicher im Kies. Dann kamen sie näher, langsamer und zögernder als zuvor. Sie brachten einen jungen Mann in ihr Gesichtsfeld. Und wie jung er aussah! Sie fühlte im Herzen einen kleinen Stich.
    Er war in einen gestreiften Blazer und weiße Flanellhosen gekleidet. Ein Seidenschal lag lässig um seinen Hals, auf seinem Kopf saß verwegen ein Strohhut mit einem bunten Band darum. Seine Hände steckten in den Hosentaschen, unter dem linken Arm trug er einen Tennisschläger.
    Zuerst sah sie ihn im Profil, übrigens nicht gerade vorteilhaft, denn sein Gesichtsausdruck zeigte Erschrecken, sein Mund war halb geöffnet, und er starrte hinüber zu den Ziegeldächern hinter den Bäumen.
    »Arthur«, flüsterte Frau Dolderson sanft.
    Er schien erstaunt. Der Tennisschläger rutschte ihm unter dem Arm hindurch und fiel polternd zu Boden. Er versuchte ihn aufzuheben, den Hut abzunehmen, seine Fassung wiederzugewinnen – leider alles zu gleicher Zeit, und daher wirkte es nicht besonders geschickt. Als er sich aufrichtete, glühte sein Gesicht, dessen Ausdruck noch immer höchst bestürzt war.
    Er blickte die alte Dame in ihrem Stuhl an, ihre mit einer Decke verhüllten Knie, ihre dünnen, durchsichtigen Hände, die die Lehnen umklammert hielten. Dann starrte er in das Zimmer hinter ihr. Seine Verwirrung wuchs, er wurde immer unruhiger. Sein Blick wanderte zurück zu der alten Dame. Sie betrachtete ihn eingehend. Er konnte sich nicht daran erinnern, sie je zuvor gesehen zu haben; er konnte sich auch nicht vorstellen, wer sie war – aber in ihren Augen lag etwas Vertrautes.
    Sie sah auf ihre rechte Hand hinab, musterte sie und blickte ihm dann wieder in die Augen.
    »Kennst du mich denn nicht, Arthur?« fragte sie mit ruhiger Stimme, in der aber auch Traurigkeit und ein kleiner Vorwurf mitklangen.
    »Lei – leider nein«, gestand er. »Sehen Sie, ich – eh – Sie –«, er brach ab, fuhr dann aber verzweifelt fort: »Sie müssen Thelmas – Fräulein Kilders – Tante sein?«
    Einen Augenblick lang musterte sie ihn scharf. Er konnte ihren Ausdruck nicht deuten, aber dann erklärte sie es ihm:
    »Nein. Ich bin nicht Thelmas Tante.«
    Wieder schweifte sein Blick zu den Gegenständen im Zimmer. Diesmal schüttelte er bestürzt den Kopf.
    »Es ist alles so anders – oder vielmehr, zur Hälfte anders«, stotterte er verzweifelt. »Ich kann mich doch nicht geirrt haben im –« Wieder unterbrach er sich und suchte mit den Augen den Garten ab. »Nein, ganz bestimmt nicht«, bemerkte er überzeugt. »Aber was ist denn nur geschehen?«
    Er schien jetzt völlig verwirrt und aus der Fassung geraten. Sein entsetzter Blick haftete nun wieder auf ihr.
    »Bitte – ich verstehe nicht – wieso kannten Sie mich?« fragte er.
    Seine übersteigerte Bestürzung machte ihr Sorgen und ließ sie ihre Worte sorgfältig wählen.
    »Ich habe dich wiedererkannt, Arthur. Wir sind uns schon einmal begegnet.«
    »Tatsächlich? Ich kann mich nicht erinnern – es tut mir schrecklich leid ...«
    »Du siehst nicht gut aus, Arthur. Zieh dir den Stuhl heran und setz dich ein wenig zu mir.«
    »Danke, Frau – eh – Frau –?«
    »Dolderson«, sagte sie.
    »Danke, Frau Dolderson«, wiederholte er mit gerunzelter Stirn, als versuchte er, den Namen unterzubringen.
    Sie beobachtete ihn, wie er sich den Stuhl heranrückte. Jede Bewegung, jeder Ausdruck war ihr vertraut, das blonde Haar, das ihm jedesmal, wenn er sich vorbeugte, in die Stirn fiel. Er setzte sich und schwieg eine Zeitlang, während er nachdenklich in den Garten schaute.
    Auch Frau Dolderson verhielt sich ruhig. Sie war mindestens ebenso verblüfft wie er, obgleich sie es sich nicht

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