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Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht

Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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vergessen.
    Es war ein friedlicher, einschläfernder Nachmittag. Die Vögel schliefen, Bienen summten, und Blätter raschelten; vom Tennisplatz auf der anderen Seite des Hauses klang das gedämpfte Aufschlagen der Bälle herüber. Es war alles wie an vielen sonnigen Nachmittagen während der letzten fünfzig oder sechzig Jahre.
    Frau Dolderson lächelte. Sie liebte diese Nachmittage. Schon als Kind hatte sie sie gern gehabt, aber jetzt nahm sie alles noch viel stärker in sich auf.
    In diesem Haus war sie geboren; sie war darin aufgewachsen, hatte geheiratet und war nach dem Tode ihres Vaters wieder hierher zurückgekehrt; hier hatte sie ihre Kinder großgezogen, war darin alt geworden ... Ein paar Jahre nach dem zweiten Krieg hätte sie es fast verloren – aber es war noch einmal gut gegangen, und so lebte sie fortan weiter hier ...
    Harold hatte es ihr ermöglicht. Er war ein kluger Junge und ein wunderbarer Sohn ... Nachdem sich herausgestellt hatte daß sie es sich nicht leisten konnte, das Haus zu unterhalten, daß es verkauft werden mußte, hatte Harold seine Firma dazu überredet, es zu übernehmen. Ihr Interesse galt weniger dem Haus selbst als vielmehr der Umgebung – was verständlich war. Das Gebäude besaß fast keinen materiellen Wert, aber seine Lage war günstig. Im Kaufvertrag wurde festgesetzt, daß vier Räume auf der Südseite in eine abgeschlossene Wohnung umgewandelt wurden, die ihr bis an ihr Lebensende gehören sollte. Im restlichen Teil des Hauses wohnten ungefähr zwanzig junge Menschen, die in den Labors und Büros an der Nordseite arbeiteten, wo früher die Ställe und Koppeln gelegen waren.
    Sie wußte, daß das alte Haus eines Tages abgerissen werden würde; die Pläne hierfür existierten schon, aber für die Gegenwart, für ihre Zeit, würde beides, das Haus und der Garten im Süden und Westen, so bleiben, wie es zu ihren Lebzeiten gewesen war. Harold hatte ihr versichert, daß die Firma diese Teile erst in fünfzehn bis zwanzig Jahren benötigen würde – und das würde sie selbst nicht mehr erleben ...
    Es würde ihr nicht leid tun, gehen zu müssen. Man wurde nutzlos, wenn man alt wurde, und jetzt, wo sie auf den Rollstuhl angewiesen war, fiel sie den andern nur zur Last. Und dann war da auch noch das Gefühl, daß sie nicht mehr dazugehörte – daß sie wie ein Fremder in einer Welt lebte, in die sie nicht hineinpaßte. Alles hatte sich verändert; diese neue Welt war schwer zu verstehen, und sie wuchs und wuchs und wurde so kompliziert, daß man den Versuch, sie zu verstehen, allmählich aufgab. Es war kein Wunder, dachte sie, daß die Alten so sehr an Sachen und Gegenständen hingen; sich an Dinge klammerten, die sie mit der Welt verbanden, die sie begreifen konnten ...
    Harold war ein lieber Junge; seinetwegen bemühte sie sich ehrlich, nicht zu dumm zu erscheinen – aber manchmal fiel ihr das wirklich nicht leicht. Heute, beispielsweise, war er wegen eines Experiments, das am Nachmittag stattfinden sollte, ganz außer sich gewesen vor Aufregung. Er mußte darüber sprechen, obgleich er ganz sicher bemerkte, daß nichts von dem, was er sagte, für sie auch nur im geringsten vorstellbar war.
    Es war wieder etwas über Dimensionen gewesen – soviel hatte sie begriffen, aber sie hatte nur genickt und sich weiter keine Gedanken darüber gemacht. Das letztemal, als dieses Thema aufgekommen war, hatte sie die Bemerkung fallenlassen, daß es in ihrer Jugend nur drei Dimensionen gegeben hätte und sie eigentlich nicht verstehen könnte, wieso selbst all der Fortschritt mehr daraus gemacht haben könnte. Das hatte ihn zu einer Abhandlung darüber veranlaßt, wie der Mathematiker die Welt sieht, der anscheinend fähig war, eine ganze Reihe weiterer Dimensionen wahrzunehmen. Selbst der Moment der Existenz, so schien es, war in Verbindung mit der Zeit eine Art Dimension. Philosophisch gesehen – so hatte Harold seine Erklärungen fortgesetzt – aber von da ab war sie ihm nicht mehr gefolgt. Er hatte sie völlig durcheinander gebracht. Sie war ganz sicher, daß in ihrer Jugend Philosophie, Mathematik und Metaphysik drei voneinander unabhängige Studienfächer gewesen waren – heute jedoch schienen sie alle miteinander und ineinander verschmolzen zu sein.
    Sie lauschte also geduldig, gab von Zeit zu Zeit leise ermutigende Laute von sich, bis er am Schluß reumütig und etwas verlegen gelächelt und ihr gesagt hatte, wie lieb es von ihr wäre, ihm so geduldig zuzuhören. Dann war er um

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