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Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element

Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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riß sich zusammen, sein Gesicht überzog sich mit Schweißperlen. Es hatte ihn wieder gepackt! Der wahnsinnige Gedanke kehrte immer von neuem in sein Gehirn zurück, wie ein Reflex, den man nicht unter Kontrolle hatte. Starling lag wie ein Leichnam da, denn er hatte sich daran gewöhnt, die Leitungen, die an seinen Kopf angeschlossen waren, nicht zu berühren oder gar herauszureißen. Das war die einfache Tatsache! Weiter war es absolut nichts!
    Wills gebrauchte die Worte wie eine Keule, um seine Gedanken in die Gewalt zu bekommen. Starling schlief nun schon seit einigen Monaten bei Nacht auf diese Art. Er lag auf der Seite, in einer typischen Schlafstellung aber wegen der Drähte bewegte er sich während einer Nacht so wenig, daß sich nicht einmal seine Bettücher verschoben. Sein Atem ging normal. Alles verlief normal.
    Außer, daß das nun schon seit Monaten so ging, was unglaublich und unmöglich und nicht im mindesten natürlich war.
    Am ganzen Körper zitternd, trat Wills nach rückwärts durch die Tür hinaus. Und in diesem Augenblick geschah es wieder – jetzt geschah es gleich immer dutzendemal in einer Nacht. Ein Traum begann.
    Der Elektro-Encephalograph zeigte eine Veränderung der Gehirnaktivität an. Die Deckklappen auf Starlings Augen spürten eine Bewegung der Augen und signalisierten diese weiter. Ein Relais schloß sich. Ein schwaches, aber schrilles Summen ertönte.
    Starling grunzte, rührte sich, bewegte sich, als wollte er eine Fliege, die sich auf ihn niedergelassen hatte, verscheuchen. Das Summen erstarb. Starling war geweckt worden.
    Wills beobachtete ihn, wie er erwachte und darauf aufmerksam wurde, daß er nicht allein im Zimmer war. Totenstille breitete sich aus, er schlich zurück in den Korridor und schloß die Tür hinter sich, sein Herz pochte wild, als wäre er gerade noch ganz knapp einem entsetzlichen Unglück entronnen.
    Warum? Unter Tag konnte er ganz normal mit Starling reden, so unpersönlich wie jeder andere Tests an ihm vornehmen. In der Nacht jedoch –
    Er versuchte die Gedanken an Starling zu verdrängen – an den nichtssagenden, bläßlichen Mann, der Starling tagsüber war, und an den unheimlichen, wie ein Leichnam an das Bett gefesselten nächtlichen Starling. Mit fest zusammengebissenen Zähnen ging er den Gang entlang. An manchen Türen blieb er stehen, preßte das Ohr gegen die Füllung oder warf einen kurzen Blick ins Zimmer. Einige dieser Türen führten zu privaten Infernos, die ihn eigentlich hätten entsetzen müssen, wie sie das stets getan hatten. Aber nichts berührte ihn so stark wie Starlings Passivität – nicht einmal die stöhnenden Gebete der Frau aus Raum 14, die von imaginären Dämonen in den Tod gehetzt wurde.
    Ergebnis: er selbst war nicht mehr normal.
    Auch dieser Gedanke kehrte immer wieder zurück, obgleich er alles nur mögliche versuchte, ihn auszuschalten. In dem langen Korridor, der seine schmerzenden Gedanken wie die Führungsröhre eines Mikrowellenbündels einrahmte, fiel er über Wills her. Und er konnte ihn nicht abwehren. Sie waren in den Stationen, er war im Korridor. Na und? Starling lag in einer Station, und er war kein Patient. Er war geistig gesund, es stand ihm frei, wegzugehen, wann immer er wollte. Wenn er hier blieb, so nur, um ihnen gefällig zu sein, um mit ihnen zusammenzuarbeiten. Und ihn aufzufordern, wegzugehen, würde gar nichts lösen.
    Wills Runde war beendet. Er kehrte in das Büro zurück wie ein Mann, der seinem Schicksal unaufhaltsam entgegeneilt. Lambert – der Nachtwärter – lag schnarchend auf dem Sofa in der Ecke; es war gegen die Vorschrift, aber Wills hatte mehr über Schnaps und Frauen und Fernsehsendungen gehört, als er ertragen konnte, und ihn deshalb aufgefordert, sich hinzulegen.
    Er rüttelte Lambert, damit der seinen Mund schloß, setzte sich an den Schreibtisch und zog den Nachtbericht näher zu sich. Seine Hand kroch über die vorgedruckten Linien des Formulars, einen Schatten nach sich ziehend; sie hinterließ einen Wortpfad, der verzerrt wirkte wie eine sich vorwärtsbewegende Schlange.
    5 Uhr morgens. Alles ruhig außer Zimmer 11. Patient normal.
    Dann erkannte er, was er geschrieben hatte. Ärgerlich strich er das letzte Wort durch, so lange, bis es nicht mehr lesbar war, und setzte dafür »wie üblich« ein. Normal!
    Ich bin selbst im Asyl. Er drehte die Lampe auf dem Tisch so, daß sie ihm ins Gesicht schien, und betrachtete sich in dem Wandspiegel, der für die Krankenschwestern dort

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