Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element

Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
Vom Netzwerk:
angebracht war. Er sah ein bißchen blaß aus nach der schlaflosen Nacht, aber sonst schien mit ihm alles in Ordnung, dem Äußeren nach jedenfalls. Wie gewöhnlich, wie der Patient in Zimmer 11.
    Und doch, Starling schlief, ohne Träume – und war nicht tot.
    Wills erstarrte, er bildete sich ein, daß etwas Schwarzes und Fadenähnliches seine Schulter berührt hatte. Er stellte sich vor, Starling langte von seinem Bett mit den tentakelförmigen Drähten nach ihm, als spreizte er von seinen Spinnweben Fäden ab, die sich über das ganze Krankenhaus ausspannten und Wills darin wie eine Fliege gefangenhielten.
    Er sah sich als Fliege, spürte das Saugen an der Haut. Plötzlich richtete sich Lambert auf der Couch auf, seine Augen öffneten sich weit wie die Fensterläden eines Hauses, das für einen neuen Tag gelüftet wird. »Was ist los, Doktor?« fragte er. »Sie sind ja weiß wie eine Wand!«
    Auf seiner Schulter befand sich kein fadenartiges Ding! »Nichts«, antwortete Will mit Anstrengung. »Schätze, ich bin nur müde.«
    Er dachte an Schlaf und fragte sich, was er wohl träumen würde.
     
    Der Tag war hell und warm. Er hatte untertags noch nie gut schlafen können; als er das vierte oder fünfte Mal unausgeruht aufwachte, gab er es auf. Heute würde Daventry kommen, erinnerte er sich. Vielleicht sollte er einmal mit ihm reden.
    Er zog sich an und ging ins Freie, unter seinen Augen lagen tiefe Schatten. Im Garten arbeiteten ein paar der leichteren Fälle, ohne auf ihre Umgebung zu achten. Daventry und die Oberschwester gingen zwischen ihnen umher und lobten ihre Arbeit. Sie pflanzten Blumen, jäteten Unkraut und rotteten das Ungeziefer aus. Daventry interessierte sich nicht für Gartenarbeit, außer, wenn sie eine gute Therapie darstellte. Die Patienten erkannten das, ganz gleich wie verworren ihre Gedankenwelt sonst auch war, aber Daventry wußte offensichtlich nicht, daß sie es wußten. Wills hätte lachen mögen, aber er spürte, wie die Fähigkeit des Lachens immer mehr von ihm wich. Ungenutzte Fähigkeiten, wie ungenutzte Muskelpartien, Atrophie.
    Daventry sah ihn näher kommen. Die Vogelaugen hinter seinen Brillengläsern glitten weise wie die einer Eule über ihn hinweg, und der dünnlippige Mund sagte etwas zu der Oberschwester, die daraufhin nickte und wegging. Das scharfgeschnittene Gesicht erhellte sich in einem Lächeln, flinke Beine trugen ihn über den Rasen, der nicht von den Patienten gemäht wurde, denn Mähmaschinen waren zu gefährlich.
    »Ah, Harry!« rief Daventry mit seiner optimistischen Stimme aus. »Ich möchte gern mit Ihnen reden. Wollen wir ins Büro gehen?« Freundschaftlich ergriff er Wills Arm, aber diesem war diese Angewohnheit unerträglich, und so entzog er sich der freundschaftlichen Geste noch, bevor sie ausgeführt war.
    »Das trifft sich ja gut«, sagte er. »Ich möchte auch gern mit Ihnen reden.«
    Die Schärfe seines Tonfalls machte Daventry stutzig. Die Vogelaugen musterten ihn prüfend, der Kopf legte sich ein wenig auf die Seite. Die Liste von Daventrys Posen war lang, aber er kannte die Gründe für jede einzelne und erklärte sie auch oft.
    »Ha!« rief er aus. »Ich kann mir vorstellen, worüber es sein wird!«
    Sie betraten das Gebäude und gingen durch die Gänge, ihre Schritte dröhnten unregelmäßig – wie zwei verschiedene Herzschläge.
    »Ich nehme an, daß sich mit Starling nichts geändert hat«, begann Daventry nach einer Weile. »Sonst hätten Sie mir sicher eine Notiz dagelassen – Sie hatten doch letzte Nacht Dienst, nicht wahr? Ich habe ihn heute noch gar nicht gesehen – leider; ich mußte zu einer Sitzung und kam erst gegen Mittag her.«
    Will blickte geradeaus vor sich hin, auf die sich undeutlich abzeichnende Tür von Daventrys Büro. »Nein – keine Veränderung. Aber deswegen wollte ich ja gerade mit Ihnen reden. Ich finde, wir sollten nicht mehr weitermachen.«
    »Aha!« machte Daventry. Es war ihm ganz automatisch entschlüpft. Eigentlich bedeutete es etwas ganz anderes, wie etwa »Ich bin höchst erstaunt« – aber von Berufs wegen lehnte Daventry jede Art des Erstaunens ab.
    Schweigend betraten sie das Büro; am Fenster stürzte sich eine dicke Fliege mit nervenaufreibendem Summen immer von neuem gegen die Scheiben.
    »Und warum nicht?« fragte Daventry abrupt.
    Wills hatte sich die Antwort darauf noch nicht zurechtgelegt. Er konnte schwerlich von dem nicht ganz toten Starling reden, mit den Deckklappen, die wie Münzen auf seinen

Weitere Kostenlose Bücher