Magazine of Fantasy and Science Fiction 04 - Signale vom Pluto
widerfahren kann«, sagte er. »Aber ich danke dir, daß du wenigstens versuchst, mich zu verstehen.«
»Ich möchte es verstehen. Wirklich, Roy. Ist es so, daß du nicht an deinen eigenen Mut glauben kannst, bis du einem Great Russel gegenübergestanden bist?«
»Frauen können das eben nicht verstehen.« Er bemerkte die Frage in ihrem Gesichtsausdruck. »Mädchen können nichts dagegen tun – eines Tages werden sie Frauen. Aber ein Mann muß sich erst dazu machen. So lange ich keinem Great Russel begegnet bin, bin ich kein ganzer Mann. Und dann wird gefeiert gesungen und getanzt – am Lagerfeuer ... der Junge ißt Stücke vom Herzen und – aber ich sollte dir das nicht alles erzählen. Du wirst mich auslachen.«
»Mir ist eher nach Weinen zumute.« Sie blickte ihn noch immer unverwandt an. »Es gibt noch andere Arten von Mut, Roy. Du hast mehr Mut, als dir bewußt ist. Du mußt deinen wahren Mut in deinem eigenen Herzen finden, nicht in dem des Great Russels.«
»Ich kann nicht.« Er wandte sich zur Seite. »In mir ist nichts, bis ich dem Great Russel gegenüberstehe.«
»Bitte, bring mich nach Haus, Roy. Sonst muß ich noch weinen.« Sie legte das Gesicht in die Hände. »Ich habe nicht viel Mut«, sagte sie.
Schweigend flogen sie zurück zum Base Camp. Als Craig ihr aus dem Flugzeug half, weinte sie wirklich. Einen Augenblick legte sie den Kopf an seine Brust, und er nahm den würzigen Duft der Phytos in ihrem Haar wahr.
»Auf Wiedersehen, Roy«, sagte sie.
Er konnte sie kaum verstehen. Dann drehte sie sich um und lief davon.
Craig begegnete ihr nicht wieder. Wildes Mannschaft verbrachte die ganze Zeit in den Feldern bei Außenarbeiten. Sie brachen die Ringwälle auf und säten Translokatorsamen. Craig war froh, fort zu sein. Die Atmosphäre in Base Camp war immer unerträglicher geworden. Überall auf dem nördlichen Kontinent tauchten neue Phytos in Silber, Grün und Rot auf und überdeckten das Dunkelgrün der Thanasis. Andere Außenteams berichteten das gleiche vom Süden und mittleren Kontinent. Wildes Stimmung wurde böse; Cobb fluchte ununterbrochen, und selbst der freundliche Jordan brachte keine Scherze mehr über die Lippen. Im Halbschlaf hörte Craig eines Nachts Wilde heftige Fragen in den Kommunikationsapparat brüllen. Fluchend weckte er kurz danach das Lager.
»Auf Base Island sind Phytos! Überall wachsen Stämme aus dem Boden!«
»Großer Himmel!« murmelte Jordan. »Wie kommt das?«
»Die Belconti-Bastards haben sie verpflanzt!« schrie Wilde. »Barim hat sie alle verhaftet.«
Cobb begann mit gleichbleibender monotoner Stimme zu fluchen.
»Das ist ... ja ... furchtbar.« Jordan blickte entsetzt um sich.
»Mit unseren eigenen Händen werden wir sie umbringen«, brüllte Wilde. »Wir machen uns hier schleunigst fertig und fliegen zurück, um den Unseren zu helfen.«
Craig fühlte sich wie betäubt. Er konnte nicht glauben, was Wilde gesagt hatte. Kurz nach Mittag landete er das Flugzeug in Base Camp. Wilde säuberte sich sofort und eilte zu Barim, während die anderen das Flugzeug desinfizierten. Als sie durch den Sicherheitstunnel in das Lager kamen, wartete Wilde schon auf sie.
»Blanky! Komm mit!« brüllte er.
Craig folgte ihm in das graue Steingebäude am Rande des Lagers. Wilde stieß ihn grob durch die Tür ins Innere und sagte: »Hier ist er, Jäger!« Dann schloß er die Tür mit einem Knall.
Gewehre, Bogen und Pfeile schmückten die Wände des Raums. Hinter einem großen Schreibtisch gegenüber der Tür saß der stämmige Lagerleiter mit seinem kurzgestutzten grauen Haar und den vier Punkten auf der Stirn. Kalt blickte er Craig von oben bis unten an. Er forderte ihn mit einer Handbewegung auf, sich auf einen der Holzstühle an der Innenwand zu setzen. Steif ließ sich Craig auf dem der Tür am nächsten stehenden nieder. Sein Mund war ausgetrocknet.
»Roy Craig. Nach dem Lagergesetz stehen sie vor Gericht. Es geht um Leben und Ehre«, begann Barim finster. »Schwören Sie nun beim Blute des Great Russel, die Wahrheit zu sprechen.«
»Im Namen des Great Russel schwöre ich, die volle Wahrheit zu sprechen.«
Seine eigene Stimme kam Craig irgendwie falsch vor. Er schwitzte.
»Was würden Sie von jemandem sagen, der vorsätzlich unser Projekt, die Phytos zu vernichten, verraten hat?« fragte Barim.
»Er wäre schuldig des Jagdverrats. Ein Gesetzloser.«
»Sehr gut.« Barim faltete die Hände und lehnte sich vor, die kalten grauen Augen auf Craig gerichtet.
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