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Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum

Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Antlitz unserer Welt. Unsere Natur aber läßt sich niemals verändern. Was ist schon das Leben? Zufrieden sein, leben, sich fortpflanzen und sterben, ehe das Dasein zur Last wird. Somit ist unsere Welt die beste aller möglichen Welten. Geht dahin und seid zufrieden. Dann ist alles gut.«
     
    Sie gingen. Ich sah ihnen nach und fragte:
    »Wohin gehen sie, Grectchra?«
    »Zum Meer. Hörst du seine Wogen nicht?«
    Ich hatte sie gehört, solange ich hier war, aber niemals war mir ihre Bedeutung klargeworden. Langsam folgte ich Grectchra und den anderen. Mein Atem war sichtbar geworden, so kalt war es. Ich fror am ganzen Körper.
    Es wurde schnell dunkel. Der Himmel war grau und voller Nebel. Grectchras Haut schimmerte nicht mehr wie Silber. Vergeblich suchte ich den gelben und den grünen Mond.
    Ich nahm Grectchras Hand, um sie nicht zu verlieren. So folgten wir den anderen durch die beginnende Finsternis, und alle schienen den Weg zu kennen, denn niemand strauchelte.
    Grectchras Hand war kalt und fremd.
    »Dich ruft die See nicht«, sagte sie. »Geh zurück, David.«
    Aber ich wollte sie nicht allein lassen, obwohl ich fühlte, daß sie schon lange nicht mehr zu mir gehörte. Sie hatte mich bereits verlassen, ohne von mir zu gehen. Ich klammerte mich an ihre Hand und folgte ihr durch den eisigen Wind der dunklen Nacht.
    Das Geräusch der Wogen kam näher und wurde lauter. Brecher klatschten gegen die Klippen, und die zurückflutenden Wassermassen tosten in wildem Aufruhr.
    Im Osten begann es zu dämmern, als wir das Meer erreichten.
    Bis zum Horizont war nichts als eine schäumende, weiße Masse tanzender Wogen, die der Wind peitschte. Das Wasser war so grün wie der Sand. Gelb und fahl stieg die Sonne daraus empor.
    Das Volk von Algol II stand auf den Klippen und schaute auf das Meer hinaus. Dann trat einer nach dem anderen vor und ließ sich in die tobende Wasserhölle fallen.
    Ich versuchte, Grectchra zurückzuhalten.
    »Nicht! Vor uns liegt noch ein ganzes Leben!«
    »Ein ganzes Leben liegt hinter uns«, sagte sie, als ginge sie das nichts mehr an. Ihr Stimme klang gleichgültig und müde.
    Ihr glatte Hand entglitt der meinen, und dann trat ihr Fuß ins Leere, und sie fiel hinab in das wartende Meer. Wie alle anderen verschwand sie in den Wogen. Ich stand da und starrte ihnen nach. Ich wollte einfach nicht glauben, was meine Augen sahen. Ich konnte es einfach nicht glauben, weil mir der Selbstmord einer ganzen Rasse sinnlos und unvorstellbar schien.
    Dann versuchte ich, mich selbst in die Tiefe zu stürzen, aber ich brachte es nicht fertig. Wäre wenigstens jemand dagewesen, der mir einen Stoß gegeben hätte, aber da war keiner mehr. Ich war allein auf der Welt zurückgeblieben.
    Wie ich den Tag und die folgende Nacht überstand, weiß ich heute nicht mehr. Erst am zweiten Tag kehrte ich ins Dorf zurück. Immer war in meinen Ohren das Rauschen der furchtbaren Brandung, in der mein Volk den Tod gefunden hatte. Freiwillig und von einem unwiderstehlichen Zwang getrieben.
    Ich rannte von Zelt zu Zelt, aber alle waren leer und tot. Ich rief, aber ich erhielt keine Antwort.
    Ich suchte nach etwas, das mich an Grectchra erinnerte, aber sie hatte niemals etwas besessen, also hatte sie auch nichts zurücklassen können.
    Dann ging ich hinaus in die Wüste zu meinem Raumschiff, meinem fensterlosen Einzeller. Es lag noch an derselben Stelle, ruhig, wartend und verschlossen.
    Wie lange noch? Wochen, Monate? Jahre?
    Ich wußte es nicht.
    Ich war allein und wartete. Aus den Zelten nähte ich mir Kleider, aber niemals hörte ich auf zu frieren. Es war immer kalt. Auf den Feldern fand ich Reste der letzten Ernte, und mit Speeren erlegte ich die Tiere der Wüste.
    Dann kam das Zeichen, und die winzige Luke meines Schiffes öffnete sich. Ich kroch hinein, in meinen Ohren den letzten Laut der Welt, die ich nun für immer verließ. Das Meer!
    Ich kehrte zur Erde zurück, aber ich kann Algol II und seine glückliche Rasse niemals mehr vergessen.
    Und immer, wo ich auch weile, höre ich das Rauschen der fernen Brandung und das Locken des Meeres. Ich weiß heute, daß mich auf Algol II das Meer genauso rief wie alle anderen, aber ich bin dem Ruf nicht gefolgt, weil ich ihn nicht verstand.
    Auch hier auf der Erde ruft das Meer.
    Aber da ist niemand mehr, der es hört.
    Keine Erinnerung reicht so weit zurück.
     

Der Friedenswächter
     
Bryce Walton
     
     
    Glocken läuteten um halb zwölf die Polizeistunde ein, und Friedenswächter

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