Magazine of Fantasy and Science Fiction 21 - Flucht in die Vergangenheit
dürfen. Leider ist über diesen Punkt nicht mehr zu erfahren.«
»Vielleicht gibt es gar nichts zu tun«, meinte Hlanka. »Vielleicht ergibt sich von selbst, was wir dann zu tun haben. Ich hoffe nur, daß wir es alle schaffen.«
»Amen. Und ich hoffe, daß dieser Tag bald kommt«, fügte Hurwitz hinzu. »Tau-Menschen sind in London in letzter Zeit ziemlich gefährdet.«
»In Amerika ebenfalls«, sagte Lane. »Aber wenn ich daran denke, daß ich sie für immer verlassen soll, komme ich mir feig und undankbar vor.«
»Das brauchen Sie nicht«, erklärte Hurwitz ihm eindringlich. »Sie hinterlassen ihnen Ihr Ebenbild, das genauso ist, wie die Menschen es sich wünschen. Sie verlieren dabei nur, was sie hassen. Wir rauben ihnen nichts.«
Lane nickte ernsthaft. Hurwitz stand auf.
»Ich muß gehen«, sagte er und zeigte nach rückwärts. »Sie sind hinter mir her.«
Lane kniff die Augen zusammen, ohne mehr als ein Flimmern in der Luft zu sehen. Hurwitz setzte sich in Bewegung und winkte noch einmal von der nächsten Erhebung aus zurück. Lane spürte ein warnendes Kribbeln.
»Ich bin bald an der Reihe«, sagte er und erhob sich. »Komm, Martha, wir müssen zurück.«
»Gehen Sie einfach geradeaus durch die Luft und denken Sie an Ihre Insel«, riet Hlanka. »Sobald Sie wieder Ihr Gewicht spüren, wissen Sie, daß Sie die Insel erreicht haben. Sie sind nur einige Minuten weit davon entfernt. Ich habe vorhin einen kleinen Umweg gemacht, um Ihnen die Gegend zu zeigen.«
»Lebt wohl, O Yuki und Stepan«, sagte Lane. »Wir sind glücklich, hier Freunde gefunden zu haben. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder.«
Martha ging neben ihm her zur Insel. Durch die Luft zu gehen war nicht schwerer als durchs Wasser. Aber selbst in der Luft hörte er die Schritte, als es Zeit wurde.
Die Tau-Hysterie hatte ihren Höhepunkt erreicht und bereits überschritten. Experimente an verurteilten Tau-Menschen führten zu einer wirksameren und gezielten Lobotomie, mit deren Hilfe sich die Tau-Komponente ausschalten ließ. In allen Ländern wurden Rehabilitationskliniken für Tau-Menschen eingerichtet. Aber die Humanisten errangen einen Teilerfolg bei den Vereinten Nationen, und der Gesetzgeber erließ Verordnungen, die Abwandlungen der für andere Fälle gültigen Vormundschaftsgesetze waren.
Jeder Tau-Kranke erhielt vor Gericht einen Vormund zugewiesen, der möglichst ein Normaler aus seiner Familie sein sollte. Der Tau-Mensch mußte sich so oft und so lange bei seinem Vormund melden, wie dieser es zum Schutz der Gesellschaft für notwendig hielt. Der Vormund erhielt für seine Bemühungen eine gerichtlich festgesetzte Entschädigung, die der Tau-Kranke zu zahlen hatte. Mit Erlaubnis des zuständigen Richters konnte die Vormundschaft verkauft oder verpachtet werden.
Jeder Verstoß gegen diese Bestimmungen, über die der Vormund zu wachen hatte – dazu gehörte auch die Nichtbezahlung der Entschädigung –, führte automatisch zur Rehabilitation des betreffenden Tau-Menschen. Wer nicht damit einverstanden war, Mündel eines Verwandten zu sein, konnte seine Rehabilitation freiwillig beantragen.
Lane stand in dem dunklen, altmodisch eingerichteten Sitzungssaal, in dem es nach Firnis und Fußbodenöl roch, und hatte Angst. Richter Fonteiner, ein schmerbäuchiges Skelett in schwarzem Talar, blickte von seinem Platz auf Lane und Alma Butelle herab. Alma trug ein weißes Jerseykostüm, eine Perlenkette und einen kleinen Hut.
»Christopher Lane«, begann der Richter feierlich, »Ihre Vormundschaft wird hiermit Miß Alma Butelle übertragen. Sie sind darüber belehrt worden, welche Pflichten sich für Sie daraus ergeben; Sie haben auch gehört, mit welcher Strafe jeder Verstoß gegen diese Pflichten belegt wird. Miß Butelle ist Ihre Beschützerin in einer Gesellschaft, die zu Recht oder zu Unrecht gegen die spezielle Eigenschaft protestiert, die Sie von Ihren Mitmenschen unterscheidet. Sie sind ihr zu Dank verpflichtet, denn Sie verdanken ihr in gewisser Beziehung sogar das Leben.«
Er schlug mit seinem Hammer auf den Tisch. Die abgewiesenen Bewerber – Reilly, Miß Weber und Mrs. Green – verließen ihre Plätze, um Alma zu gratulieren.
»Hoffentlich lassen Sie ihn mir wenigstens zum Frühstück, Miß Butelle«, sagte Mrs. Green.
Draußen im warmen Sonnenschein strahlte Alma vor Begeisterung.
»Ist das nicht wunderbar , Chris?« rief sie aus. »Oh, ich weiß gar nicht, was ich tun soll, weil ich so glücklich bin! Komm,
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