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Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne

Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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du auch?«
    »Ja ... ich habe es in meiner Freizeit versucht, aber wieder aufgegeben.«
    »Schön, das kannst du hier mit guten Erfolgsaussichten tun.«
    »Glaubst du, daß die Leute tatsächlich Bilder kaufen würden?«
    »Warum eigentlich nicht? Sie kommen auch zu Konzerten.«
    »Dazu brauche ich aber Material«, stellte er fest.
    »Du bekommst alles, was du brauchst, auf dem Markt. Es kann allerdings schwierig sein, irgend etwas gerade dann zu beschaffen, wenn du darauf angewiesen bist. So geht es uns oft mit Instrumenten. Aber man gewöhnt sich daran und lernt zu improvisieren.«
    »Warum soll ich nicht auch improvisieren können?« Philip spürte sein Selbstvertrauen wachsen. Er wußte plötzlich, daß er hier einen neuen Anfang machen konnte. Dann fiel sein Blick auf den Körperschild, und er überlegte sich, ob er dieses nutzlose Ding nicht zerstören sollte. Aber er hatte eine bessere Idee.
    »Entschuldigung, ich bin gleich wieder da.«
    Philip eilte mit dem Gerät in der Hand auf die Straße hinaus. Der kleine Mann mit dem scharfgeschnittenen Gesicht hielt sich noch immer in der Nähe des Eingangs auf.
    »Was war der höchste Preis, den du mir vorhin geboten hast?«
    »Siebenhundert.«
    Philip wollte bereits akzeptieren, als ihm einfiel, daß er hier in einer Welt lebte, in der jeder für sich selbst sorgen mußte. Eine wirkliche Welt, eine abenteuerliche Welt, in der alles passieren konnte, aber auch eine harte Welt. »Was? Ich höre schlecht.«
    »Siebenhundertfünfzig«, antwortete der kleine Mann.
    »Einverstanden.«
    Philip ging in den Saal zurück.
    Das Orchester probte weiter. Die Trompeten klangen besser als vorhin.

Die letzten Minuten
    (Moondust, the smell of hay, and dialectical materialism)
     
Thomas M. Disch
     
     
1
     
    Er starb für die Wissenschaft.
    Hier befand er sich tatsächlich in einer Art Mausoleum der Naturphilosophie – alle jene Geistesriesen vergangener Zeiten waren in Gesteinsformationen verewigt: Harpalus, Plato, Archimedes, Tycho, Longomontanus, Faraday; und auf der anderen Seite, die der Erde ständig abgewandt war, eine geisterhafte Versammlung seiner eigenen Landsleute – Kozyrew, Ezerski, Pawlow. Es war also eine Ehre, der erste, der absolut erste zu sein, der persönlich in diese illustre Versammlung aufgenommen wurde. Wie Ganymed, den die Götter zu sich herauf in den Olymp geholt hatten.
    Neun Minuten.
    Und wie herrlich war es doch, wie unbeschreiblich erhebend, die genaue Farbe des Kraters Ptolemäus zu kennen – grau –, die Höhe seines Ringwalls genauer als je zuvor bestimmt zu haben – 1,607 km –, Staubproben gesammelt und Felssplitter abgeschlagen zu haben, um zu untersuchen, zu wiegen, zu analysieren und die bereits bekannten Werte zu ergänzen; den engen Horizont menschlichen Wissens erweitert zu haben – heute der Mond, morgen der Mars, übermorgen der entfernteste Punkt zwischen den Sternen, wo die Zeit in einem Triumph der Entropie unterging und nebensächlich wurde. Herrlich.
    Ah, aber auch hier – wie der Totenschädel in der Klause eines Kartäusermönchs – wieder dieses eine gefürchtete Wort: Entropie. Warum mußte es stets der Weisheit letzter Schluß sein, welche wissenschaftliche Disziplin man auch betrachtete? Was nützte das Wissen, daß das Universum wie ein Mensch sterblich ist? Daß die Erde eines Tages ebenso unfruchtbar wie der Krater Ptolemäus sein würde, daß die Sonne sterben würde, daß am Ende aller Dinge ein Nichts, die völlige Leere, der ewige Tod standen?
    Tod: selbst wenn er dieses Wort noch so oft aussprach, konnte sein Verstand es nicht begreifen. Nur die Toten wissen, was der Tod ist. Und trotzdem würde er in neun, nein, in siebeneinhalb Minuten sterben. Und weder er, Michael Andrejewitsch, noch ein anderer wußte den Grund dafür. Ein defekter Regler, eine unbedeutende Störung, die nicht registriert wird und trotzdem ungeahnte Folgen haben kann, weil die Auswirkungen sich multiplizieren. Aber auch das war unter dem Begriff Entropie zu verstehen.
    Er ging weiter durch den Krater und entfernte sich von dem Schiff, das ihn im Stich gelassen hatte. Er ging langsam in seinem unförmigen Druckanzug und erinnerte dabei ein wenig an einen Eishockeyspieler, der verletzt das Eis verläßt. Er nahm den letzten Kanister mit Staub auf und trug ihn ans Schiff zurück. Das Funksprechgerät in seinem Helm summte leise; dann ertönte ein Pfeifen. Sechs Minuten. Etwas weniger als sechs Minuten.
    Wenn ich die Luft anhielte ...,

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