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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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auf und knipste die kleine Nachttischlampe an, die auf einer Apfelsinenkiste neben dem Bett stand. Himmel, wie viele Klamotten! Wahrscheinlich war Nina eines dieser anstrengenden Gucci-Modepüppchen. Aber ein sehr nettes Modepüppchen, immerhin hatte sie einer wildfremden Person ihr Bett überlassen. In ihrem Kopf begann Magdalena die Kleidungsstücke nach Farben zu ordnen, alles Weiße nach links, dahinter die beigefarbenen Teile, die beiden gelben gehörten daneben, dann die hellorange Jacke, oder was immer das auch war, jetzt das dunklere Orange, als Nachbarin bekam es die karmesinrote Bluse mit den Flamencorüschen. Nur mit einiger Anstrengung konnte Magdalena ihr Hirn davon abhalten, den Berg Schuhe, der auf dem Boden lag, in der gleichen Weise zu sortieren. Zu Hause hatte sie die Buchrücken in allen Bücherregalen und auch die Shampoo- und Duschgelflaschen im Bad harmonisch nach Farben angeordnet. Opa Rudolf ließ sie gewähren, angeblich hatte sie schon als Dreijährige im Kindergarten die Jacken auf diese Weise sortiert und durcheinandergebracht.
    Es klopfte an der Tür. Nina schob sich durch den schmalen Spalt, den das Bett ihr ließ, ins Zimmer. Sie umtänzelte das Schuhgebirge auf dem Boden und stellte einen Teller auf der Nachttischkiste ab. Magdalena blinzelte in das Zahnlückenlächeln, Nina war wunderschön.
    Â»Wie geht es dir?«, flüsterte sie jetzt, wartete Magdalenas Antwort aber gar nicht ab. Ihr Anblick schien sie zu überzeugen, denn mit kräftigerer Stimme fuhr sie fort: »Ricotta-Spinat-Ravioli mit etwas zerlassener Butter, das Einzige, was Mikki einkauft, aber damit kennt er sich aus. Er kommt aus der Emilia-Romagna, dort sind die Weltmeister der Teigtaschen.«

    Magdalena nickte stumm. Nina war so lieb zu ihr - warum eigentlich?
    Â»Mikki ist unser DJ. Dünn wie ein Spargeltarzan, immer bekifft und immer hungrig.« Sie reichte Magdalena die Gabel. »Kannst du ruhig essen.« Magdalena aß, aber nicht ruhig, es duftete einfach zu köstlich. Gierig schob sie sich eine der Taschen in den Mund und bemühte sich dann, wenigstens gesittet zu kauen.
    Â»Hast du denjenigen eigentlich gefunden?«
    Â»Bitte?!« Der Bissen blieb Magdalena auf halbem Weg in der Speiseröhre stecken.
    Â»Du hast heute Nachmittag gesagt, du wolltest jemanden suchen. Und, hast du ihn oder sie gefunden?«
    Sie schluckte: »Nein. Es war schwieriger, als ich dachte. Aber ich muss unbedingt Stefan Bescheid sagen, wo ich bin. Verdammt, ich kann noch nicht mal seine Nummer auswendig …!«
    Â»Alles schon passiert!«, unterbrach sie Nina. »Schöne Grüße und gute Besserung von der Treva-Geschäftsleitung!« Sie lachte: »Die sind ja wirklich schnell. Noch während meines Anrufs haben sie ihn am Handy gehabt. Er weiß also Bescheid, war mit dem Bus bereits auf der Fähre. Und du sollst einen gelben, grünen, weißen Schein, irgend so einen Schein eben, vom Spital mitbringen, haben die gesagt, für die Versicherung.«
    Â»Aber? Woher weißt du …?«
    Wieder unterbrach Nina sie: »Ich habe die Treva-Touristik gegoogelt, da angerufen, von deinem Unfall erzählt und nach Stefan Glink gefragt. Sie haben mir sogar seine Telefonnummer gegeben, aber dieses Gespräch solltest du vielleicht lieber selbst führen …« Ihr Blick wanderte von Magdalenas Gesicht zu dem verpackten Bein, das sich wie die dickere von zwei großen Würsten unter dem Laken abzeichnete.
    Â»Tut noch weh, oder?« Magdalena nickte mit vollem Mund. Nina stemmte die Hände resolut wie eine Krankenschwester in
ihre schmalen Hüften und rief mit verstellter Stimme: »Alkohol, Kind, du brauchst deine Tabletten und Alkohol, bin gleich wieder da.« Sie legte ihr Handy neben Magdalenas Bein ab und verließ das Zimmer.
    Nun erst recht hungrig, spießte Magdalena die nächste buttrig glänzende Teigtasche auf, und während sie hinter der Tür Gelächter hörte und der süßliche Geruch von angebratenen Zwiebeln darunter hindurchzog, wurde ihr klar, dass sie nicht Stefan, sondern ihren Großvater Rudolf anrufen wollte. Sie tippte seine Nummer ein und wartete, aber Opa Rudi war nicht da. Natürlich nicht, es war ja Donnerstag, da gab er sein berüchtigtes »sanftes« Boxtraining, ebenso wie am Montag, und auch der Rest der Woche lief bei ihm nach einem unumstößlichen Plan ab. Magdalena holte

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