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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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aller Kraft auf den Steinfußboden. Es brach auseinander, schlitterte in zwei Hälften über die Steine. Sie biss die Zähne aufeinander - da war sie wieder, ihre Wut. Sie riss die CD aus dem Rekorder und hielt inne. Sie hatte selbst Schuld, weswegen war sie auch so dumm und schwach? Es musste also sein. Sie ließ die CD auf den Fußboden fallen, wo sie silbrig schillernd eine Pirouette drehte. Schnell stellte sie ihren Fuß darauf und schrappte schön fest damit über die rauen Fliesen - es würde nichts von ihm übrig bleiben!

29
    W enn man von Procchio den Berg hinauffuhr, kam man nach zahlreichen Kurven und Steigungen zunächst am Club 64 vorbei. Hier standen immer ein paar Autos am Straßenrand, übrig geblieben von der vergangenen Nacht, ein großer Müllcontainer, Flaschen, Scherben, und der alte Mann mit der seltsamen Matrosenmütze und dem Besen, der dort alles wieder in Ordnung brachte, gehörte auch zum Inventar. Magdalena hatte ihn schon oft gesehen, sie grüßte ihn im Vorbeifahren, er grüßte würdevoll zurück.
    Das POLO dagegen, einen halben Kilometer weiter, lag wie eine schlafende Prinzessin hinter immer dichter werdendem Grün. Der von Matteo frisch gemalte Schriftzug war schon wieder überwuchert. Anhand der Autos in der Parkbucht konnte Magdalena ungefähr sehen, wie die Belegung im POLO war. Parkte Ninas kleiner Lada davor, war Evelinas Fiat da, Mikkis schraddeliger Renault? Matteo hatte kein eigenes Auto, er benutzte mal dieses, mal jenes, man wusste also nie genau, wer von ihnen sich wirklich oben in der Wohnung über der Orangerie aufhielt. Magdalena fuhr langsamer. Ninas Lada stand heute parallel zur Mauer, genau an dem Platz, an dem sie vor sieben Wochen gelegen und sich den Auspuff von unten angeschaut hatte. Sieben Wochen schon! Die ersten Tage in Ninas Bett fielen ihr wieder ein, und plötzlich hatte sie es gar nicht
mehr so eilig, nach Capoliveri zu fahren. Vielleicht könnte sie Nina überreden, mit ihr zu kommen, es hatte damals so verdammt viel Spaß gemacht, als sie mit dem Stapel Kopien auf den Beinen neben Nina im Wagen gesessen hatte, kreuz und quer von ihr über die Insel gefahren wurde und sie gemeinsam in allen Orten Laternenmasten und Plakatwände mit dem Foto zugepflastert hatten. Nina war unermüdlich, sie hatte jeden Mann über sechzehn angesprochen und in ein kurzes Gespräch verwickelt, wirklich jeden. Lachend und flirtend, aber dabei hoch konzentriert, den Jungen von dem Foto zu finden. Ich möchte sie wieder so intensiv bei der Suche sehen, dachte Magdalena, sie kann so lustig sein! So ernst, so komisch! Sie vermisste die Nina aus jener Zeit plötzlich sehr, ein ziehendes Gefühl, das nach Liebeskummer, Heimweh, Sehnsucht schmeckte. Schon war der Roller abgestellt, schon sprang sie die Stufen hinauf, ließ die Treppe Richtung Zitronengarten links liegen, erreichte atemlos die obere Stufe und klopfte an die Wohnungstür. Niemand öffnete. Es war elf Uhr vormittags, viel zu früh für Menschen, die bis drei, vier Uhr nachts arbeiteten, aber Nina konnte morgens nicht lange schlafen, sie stand lieber auf und hielt dann nachmittags nach dem Strandbesuch noch ein Schläfchen. So wie Roberto. Ach, Roberto, an den wollte sie nun gerade nicht denken.
    Â 
    Magdalena drückte vorsichtig die Klinke herunter, es war offen. Leise »permesso!?« rufend, trat sie ein. Kein Matteo auf dem Bett. Die Küche war leer, roch leicht nach gebratenem Fisch und stark nach Knoblauch, und über allem wehte der Geruch von Kaffee. Über dem Spülstein voller aufgetürmter Teller hing noch immer kein neuer Hängeschrank, die Löcher in der Wand schauten sie anklagend an. Magdalena grinste. Matteos Bett war ordentlich gemacht, die Decke strammgezogen. Vielleicht
fuhrwerkte er schon im Zitronengarten herum. Herumfuhrwerken, auch so ein Ausdruck von Rudi, der sie zu Hause in Osterkappeln überhaupt nicht zu vermissen schien. Seine Mail, die sie eben unten in der Bar La Pinta noch gelesen hatte, berichtete nicht mal mehr vom Garten oder vom Stammtisch der Freiwilligen Feuerwehr, sondern nur noch von den ausfallenden Trainingsstunden, weil der Boxkeller unter Wasser stand. Er hatte es eilig gehabt, die Nachricht zu schreiben, weil er mit einer »Dame« in den neuen Markthallen verabredet war. Ein Käffchen trinken. Er schrieb Dame tatsächlich in Anführungsstrichen. Seit wann

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