Magdalenas Garten
weiÃe Fliegen genannt, und die Schmierläuse mit ihren Flocken waren besiegt. Blätter, die immer noch dufteten, wenn man sie ein bisschen rieb, Blüten, grüne und gelbe Zitronen, alles hatte überlebt. Magdalena packte ihre Handtasche aus, vielleicht versteckte sich wenigstens noch ein Kaugummi darin. Handy, Portemonnaie, das Foto zwischen den Seiten eines dünnen italienischen Krimis, den sie gerade las und sogar halbwegs verstand, kein Kaugummi. Sie hatte Durst, aber oben in der Wohnung war offenbar niemand, keines der Autos hatte unten in der Parkbucht gestanden. AuÃerdem hatte sie auch keine besonders groÃe Lust, auf Nina zu treffen. Dann würde sie eben jetzt doch nach Hause fahren. Magdalena zögerte, meine Güte, ohne Matteo konnte sie anscheinend gar nichts mehr tun, ohne seine Hand konnte sie noch nicht mal mehr von einer nicht allzu hohen Mauer springen! Sie sprang. Und knickte prompt mit dem Fuà um. Typisch. Langsam humpelte sie zum Ausgang, es ging bestimmt gleich wieder, es tat nur ein bisschen weh. Also auf nach Hause. Roberto konnte sie natürlich nichts von ihrem Nachmittag bei Antonello Pucciano berichten, sie hatte ihm ja noch nicht einmal von ihrer Vatersuche erzählt. Als sie den Roller von seinem Ständer schubste, hielt ein Auto vor dem POLO , jemand stieg aus, das Auto fuhr wieder davon. Matteo! Er hielt eine groÃe Papiertüte in der Hand, sah sie, kam herüber und klopfte freundschaftlich auf ihren Helm.
»Hast du Hunger?«, fragte er.
»Und wie!«
»Komm, wir fahren runter an den Strand, la Biodola , oder nein, noch besser, le Ghiaie «, er schaute in den dunkel werdenden Himmel, dicke Wolken türmten sich über dem Meer auf, »da ist es um diese Zeit einzigartig. Warst du schon mal da?«
»Nein.« Le Ghiaie , allein der Name war komisch auszusprechen, die Vokale klebten unter dem Gaumen.
»Was ist da so Besonderes, das ist ein Kieselstrand, oder?«
»Ja. Vom Namen her scheint es so. Du fährst.«
»Okay.« Magdalena lieà Matteo die Tüte im Sitz verstauen und hinten auf dem Soziussitz Platz nehmen, sein Gewicht brachte sie ein wenig ins Schwanken, doch während der Fahrt wurde es besser. Als sie den Berg hinunterrollten, spürte sie ihn an ihrem Rücken, er lehnte sich furchtlos mit ihr in die Kurven, gab dem Roller mehr Schwung, mehr Bodenhaftung. Ein paarmal drehte Magdalena den Kopf nach hinten, wollte anfangen zu erzählen, doch dann verwarf sie die Idee wieder. Es erschien ihr nicht angemessen, die Erkenntnisse des Nachmittags so in den Fahrtwind zu schreien.
In Portoferraio bedeutete Matteo ihr, kurz vor dem Fährhafen links abzufahren, und nach ein paar Hundert Metern tauchte rechts das Meer auf. Sie stellten den Roller an einem Rondell ab, Matteo nahm seine Tüte an sich, und dann standen sie auch schon am Strand. WeiÃe Kiesel erstreckten sich längs der weiten Bucht, die von zwei Felsvorsprüngen in die Zange genommen wurde, Magdalena sah den Verlauf der Küstenlinie exakt auf einer Karte vor sich. Die Sonne war hinter dem tief über dem Horizont zusammengedrängten Wolkenband verschwunden. Sie nahm ihre Sonnenbrille ab, die Kiesel blendeten trotz des seltsamen Zwielichts, so weià waren sie, dabei gefleckt wie Vogeleier. Sie setzte die Sonnenbrille wieder auf und ging etwas wackelig über die runden Steine, die unter ihren FüÃen wegzuglitschen schienen, der Knöchel tat noch weh. Das Wasser war dunkel, aber dennoch klar, die meisten Menschen um sie herum packten bereits Decken, Handtücher und Kühltaschen zusammen und brachen auf. Zwei Meter vom Wasser entfernt fragte Matteo: »Hier?« Magdalena
nickte. Vorsichtig lieà sie sich auf den glatt geschliffenen Kieseln nieder. Matteo reichte ihr das erste von zwei in Servietten eingewickelten Päckchen, »da, iss!«, dann holte er zwei kleine Flaschen Cola aus der Tüte. Magdalenas Magen knurrte voll wütender Vorfreude. Sie wickelte die Servietten ab, bis eine schiaccina zum Vorschein kam, mit weit geöffnetem Mund biss sie in die Teigplatten, zwischen denen sich roher Schinken, Mozzarella, Rucola und Tomaten schichteten. Der Geschmack explodierte in ihrem Mund, gierig verschlang sie den Bissen, sie stöhnte: »Mann, das ist echt köstlich, wie machen die Elbaner das blo�«, und wischte sich mit einer Serviette einen Klecks Mayonnaise vom Kinn. Von dem ersten Schluck
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