Magdalenas Garten
fallen.«
»Haben sie dir das gesagt!? Dass du ihnen zur Last fällst?« Matteo sah aus, als ob er gleich jemanden schlagen wollte.
»Nein, niemals, aber eine Nachbarin hat mal gesagt, ich würde meinen GroÃeltern das Leben schwer machen, ich sei ein unbändiges Kind! Diesen Spruch habe ich nie vergessen.«
»Unbändig? Das hätte ich gerne gesehen!« Matteo grinste. »Wie warst du denn so? Was hast du den ganzen Tag gemacht?«
»Och«, Magdalena nahm einen Kiesel und warf ihn zu den anderen ins Wasser, »ich war viel unterwegs, meistens kroch ich irgendwo in dem Schulgebäude rum, neben dem wir wohnten.«
»Wo dein Vater, äh, GroÃvater, Hausmeister war.«
Magdalena nickte, ohne Matteo anzusehen. »Aber ich habe auch stundenlang gelesen. Oben, an der Turmuhr, war ein guter Platz, kurz bevor sie die halben Stunden schlug, fing sie immer an zu surren, für mich, zur Warnung.«
»Ich glaube, du warst ganz mager und schon als kleines Mädchen eine unruhige Seele.« Magdalena schaute ihn wieder nicht an, sie fand es immer noch unangenehm, so viel über sich selbst zu reden.
»Ich habe meine Eltern nicht geschont«, sagte Matteo. »Ich habe ihnen gesagt, dass ich unser Geschäft nicht übernehmen würde nach der Lehre.«
»Lehre als �«
»Lehre als Elektriker, meine Eltern hatten ein Lampengeschäft, Toaster, Wasserkocher, Kleinkram. Bin dann nach Rom gegangen, in die Cinecittà . Irgendwann konnten meine Eltern mir aber doch verzeihen, denn ich habe meiner Mamma immer Autogramme mitgebracht. Die kannte die Schauspieler zwar meistens gar nicht, war aber trotzdem stolz.« Und da hast du auch Nina wieder getroffen, dachte Magdalena, davon magst du jetzt aber bestimmt nicht erzählen. Und ich mag auch nicht fragen!
Sie trank den letzten Rest Cola aus, krempelte ihre Hosen bis über die Knie und streifte ihre Segeltuchschuhe von den FüÃen. Vorsichtig betastete sie ihren Knöchel, war er nicht schon etwas dicker als der andere? Sie stand auf und ging ein paar Schritte über die Kiesel in das erstaunlich warme, orange glitzernde
Wasser. Schwankend überwand sie den ersten Meter und blieb dann auf den rutschigen Steinen stehen.
»Ach«, Matteo schlug sich mit der Hand gegen die Stirn, »das hätte ich ja beinah vergessen, darum sind wir ja überhaupt hier.« Er stand auf und zupfte ein paar Stücke von dem brotartigen Teig ab und warf sie direkt neben Magdalena ins Wasser.
»Was tust du?«, rief sie, doch dann merkte sie es schon, auf einmal wimmelte es neben ihr von Fischen, Mengen von Fischen, und das waren keine kleinen Stichlinge, wie sie sie früher manchmal im Buddenbach entdeckt hatte, sondern richtig ausgewachsene Brocken. Sie schnappten neben ihr nach dem Brot, wühlten die Wasseroberfläche auf, glitschten um ihre Beine und hatten überhaupt keine Angst vor ihr! Es waren mindestens zwanzig.
»He!«, lachte sie. »Was soll das denn werden, eine Fischmassage?« Kaum war das Brot alle, betupften die Fische mit ihren Mündern Magdalenas Haut.
»Die knabbern an mir herum!«, rief sie. Noch nie hatte sie so zarte Berührungen gespürt, es war schön, aber auch ein kleines bisschen eklig.
»Ich glaube, ich weiÃ, was ich jetzt tue«, rief sie Matteo zu und watete wieder aus dem Wasser, »Rudi soll mir am Telefon schwören, dass er definitiv nicht mehr weià als das, was er mir bisher gesagt hat. Bei seinem Boxer-Ehrenwort, damit hat er mich früher immer drangekriegt, über dem albernen Boxer-Ehrenwort gab es nichts mehr! Wenn er sich weigert, drohe ich ihm, nie mehr zurückzukommen. Was hältst du davon!?«
»Telefonier ihm!« Matteo hielt ihr sein Handy hin. Magdalena lachte, sie würde »ihm« telefonieren!
34
W as ist denn hier los?!« Magdalena zeigte mit dem Daumen nach drauÃen. Das hatte sie ja noch nie erlebt, Sara und Walter saÃen unter den Arkaden am Tisch und aÃen Eis!
»Du kannst gleich wieder gehen, vor drei Stunden ist der Strom ausgefallen, ein Blitz hat in Portoferraio die Verteilerstation erwischt.« Franco tauchte wie ein Stehaufmännchen hinter dem Tresen auf, er war schweiÃgebadet.
»Vor Mitternacht werden sie das nicht reparieren können, haben sie gesagt, und uns schmilzt inzwischen das Eis.« Magdalena schaute sich um. Ein Blitz? Kein Strom? In La Pila, in Robertos
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