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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Cola brusselte die Kohlensäure schmerzhaft in ihrer Speiseröhre.
    Â»Jetzt würde ich gerne ganz laut rülpsen!«
    Â»Tu’s doch.« Sie rülpste. Er betrachtete sie nachdenklich. »Das hätte ein italienisches Mädchen wohl kaum besser gemacht.« Magdalena zuckte mit den Schultern, sie grinsten sich an. Sie trank noch einmal, nun bekam sie Schluckauf.
    Â»Dio« , sagte Matteo, »kannst du sonst noch was?«
    Â»Ja, meine Zunge verdrehen, willst du es sehen?« Er wollte. Unterbrochen von ein paar Hicksern, zeigte sie ihm, wie sich ihre Zungenspitze im Mund fast einmal um sich selbst drehen konnte, im Gegenzug demonstrierte er ihr, dass er seinen Daumen bis an den Ellenbogen biegen konnte. Es sah gruselig aus, aber Magdalena war beeindruckt.
    Â»Matteo«, sagte sie, immer noch hicksend, »ich habe dich doch neulich nach diesem Stiefel-Lied gefragt, das von Antonello Pucciano!« Wie schon vor ein paar Tagen in der Diskothek sang Matteo die erste Strophe sogleich mit gespielter Inbrunst. Jeder kennt das Lied in- und auswendig, dachte Magdalena stolz, und Antonellos große Liebe zu dem weißblonden
Norweger ist auch nach Jahren noch herauszuhören, sogar in dieser Parodie von Matteo …
    Sie erzählte ihm, was sie im Haus von Antonello, an seinem Krankenlager sitzend, erfahren hatte.
    Â»Unglaublich«, murmelte Matteo, seine schiaccina war immer noch unberührt, »unglaublich!«
    Â»Den Jungen auf dem Foto kannte er auch, er soll Paolo heißen, na ja, er oder sein Freund, daran konnte Antonello sich nicht mehr so genau erinnern. Sie waren immer zu dritt unterwegs, die Jungs kamen jedenfalls beide aus Livorno!«
    Â»Was bedeutet das jetzt für dich?«
    Â»Was das bedeutet? Dass ich ihn fast gefunden habe!«
    Â»Genau, jetzt musst du nur noch einen Paolo aus Livorno finden …«
    Â»Ach verdammt, Matteo, sei doch nicht so pessimistisch. Antonello hat meine Mutter gekannt, er hat oft mit ihr geredet und gesagt, dass meine Stimme genauso klingt wie ihre damals!« Endlich hatte der Satz seinen Weg aus ihr heraus gefunden. Sie schniefte und hickste in kurzen Abständen, es hörte sich grauenhaft an.
    Matteo schaute sie mitfühlend an. »Ein Paolo, ein Paolo aus Livorno also«, murmelte er, »auch wenn er hier gearbeitet haben sollte, ist er nach dem Sommer bestimmt wieder zurückgegangen. Im Winter gibt es nur sehr wenig Arbeit auf der Insel. War deine Mamma vielleicht später noch mal hier?«
    Â»Könnte sein.«
    Â» Das ist es! Das ist der Punkt, von dem es für uns losgeht!«
    Für uns? Magdalena schaute ihn überrascht an, der Schluckauf setzte aus.
    Â»Im Winter«, fuhr Matteo fort und machte eine bedeutsame Pause, bevor er weitersprach, »im Winter gibt es auf Elba nur sehr wenige Gäste von außerhalb, man wird sich viel eher an
deine Mamma erinnern! Wenn die beiden Jungs auch noch hier waren und sie schon schwanger mit sichtbarem Bäuchlein … So eine Dreiertruppe behält man doch eher im Kopf.«
    Magdalena schaute ihn an und nickte. Jetzt endlich biss auch er in seine schiaccina . Die Sonne, die sich bisher vergeblich einen Weg durch die Wolkenberge gesucht hatte, brach jetzt an einzelnen Stellen durch, das Meer, die Kiesel, alles wurde mit einer orangefarbenen Lasur aus Licht übergossen. Gleich würde sie hinter den Bergen verschwinden, um später als roter Ball im Westen der Insel vor Pomonte im Meer zu versinken.
    Â»Was soll ich deiner Meinung nach denn tun?«
    Â»Ruf deinen Rodolfo-Opa an, ob er nicht mehr weiß! Zum Beispiel, ob sie noch mal auf Elba war und in welchem Ort.«
    Â»Er redet nicht darüber.«
    Â»Na ja, das kann man sogar verstehen. Aber nun muss es halt sein! Denn sein Schmerz ist nicht dein Schmerz. Er hat die Tochter verloren, die er zwanzig Jahre lang aufwachsen sah, du die Mamma, an die du dich nicht erinnerst. Sag ihm, dass diese Vatergeschichte extrem wichtig für dich ist!« Extrem wichtig für mich, wiederholte Magdalena in Gedanken und hörte mit einem Mal, wie laut die Steine kollerten, die von den kleinen Brandungswellen mitgerissen wurden. Vor und zurück. Vor und zurück. Sie konnten da nicht raus.
    Â»Ich habe sie zu Hause immer mit diesem Thema verschont. Und als meine Oma starb, erst recht.«
    Â»Weil es ihm wehtat? Dir doch aber auch!«
    Â»Aber ich wollte ihnen nicht noch mehr zur Last

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