Magdalenas Garten
sonst in sein Gesicht gespuckt. Sie konzentrierte sich auf Riccardos Silberblick, Diamantinos brutal groÃen Mund und das Beiboot. Mit was für einem Knoten war es festgemacht, wo genau, auf welcher Höhe der Schiffswand trieb es im Wasser, wie sah der Motor aus, wo war die ReiÃleine, an der sie ziehen musste? Sie hatte so ein Ding noch nie angeworfen, aber immerhin im Segelkurs schon mal gesteuert. Die ersten Sterne gingen auf, und die nächste Koksrunde stand an, Roberto tickerte mit der Karte auf den Tisch, Diamantino rollte einen Geldschein, Magdalena machte mit, sie lachte und machte mit. Leider atmete sie vor Aufregung aus, und die Hälfte von dem Stoff wurde über den Tisch gepustet.
»Nächstes Mal«, sagte Diamantino ermutigend und rüsselte alles wie ein Tischstaubsauger in sich hinein. Riccardos Blick hing jetzt auch in seinem rechen Auge auf Halbmast.
»Ich muss mal«, flüsterte sie ihm zu und schnappte nach seiner
Hand. An Deck zog sie sich das Höschen aus, schob den Unterkörper vor und pinkelte in hohem Bogen über die Bootsumrandung, Riccardo war entzückt. Magdalena auch, sie hatte es geschafft, ihre lange Hose aus der Kajüte zu schmuggeln und unbemerkt in das Dingi zu schleudern.
»Ich komme gleich«, sagte sie zu ihm, zog auch das T-Shirt aus und warf es über Bord. Er grinste ihre Brüste an, die in der Dunkelheit weià leuchteten, und torkelte die drei Stufen hinunter in die Kajüte, um die gute Nachricht zu überbringen. Dabei zog er allerdings den Kopf nicht schnell genug ein und schlug hart an das Holz. Gelächter von innen. Magdalena löste mit fliegenden Fingern die Leine des Beiboots, die Weicheier hatten einen normalen Knoten gemacht, warum nicht gleich eine Geschenkschleife? Nackt kletterte sie seitlich über die Reling und lieà sich langsam in das Dingi hinab, sie trat auf ihr T-Shirt, das in einer Pfütze auf dem nachgiebigen Boden lag, egal, die nächsten Sekunden zählten. Sie hockte sich hin und stieà sich mit aller Kraft ab. Ein Meter, zwei Meter, gab es ein Ruder? Sie sah nichts in der Dunkelheit, sie musste so viele Meter wie möglich zwischen sich und das Segelboot bringen, wenn sie den Motor nicht sofort anbekam, würden die Jungs von dem Geräusch alarmiert sein und vielleicht hinter ihr herspringen. Sie hätte gern geweint. Später, beschwor sie sich, später, erst mal den Motor anwerfen. Schon erschien eine Silhouette an Bord. Die ReiÃleine! Sie nahm den Plastikstab, der unter dem Motorblock hing, in die Hand. Es musste gleich beim ersten Mal gelingen. Vielleicht funktionierte es so wie bei ihrem störrischen Rasenmäher zu Hause in Osterkappeln, - jetzt! Rumms, der Motor sprang an, sie nahm den Griff und gab Gas, das Dingi drehte sich in Richtung »Natasha«, nein, verdammt! Sie drückte den Hebel in die andere Richtung. »He!«, schrie Roberto. »He!«
»Vaffanculo« , schrie sie zurück, » vaffanculo , du Arschloch!« In groÃem Bogen fuhr sie davon, nicht wirklich schnell, aber schnell genug für die Betrunkenen an Bord. Es waren mindestens fünfhundert Meter bis zum Strand, die gelben Lichter blinkten von verdammt weit weg herüber, das würden sie nicht wagen, es sei denn, sie wollten ertrinken - auch nicht schlimm. Magdalena hatte das Meer nachts immer gehasst, das dunkle Wasser war ihr unheimlich gewesen, jetzt war es ihr Verbündeter. Es konnte gar nicht tief und schwarz genug sein. Sollen sie doch alle ersaufen, dachte sie, Roberto als Erster. Ich bin nackt, aber ich habe ein Boot und sogar Wechselklamotten! Sie schoss auf den Strand zu, links lag das berühmte Hotel LâHermitage . Sie würde auf dem Parkplatz sicher jemanden finden, der sie mit dem Auto die Serpentinen bis nach oben an die StraÃe mitnahm. Erleichtert hörte sie das knirschende Geräusch, als der Sand sich unter die Gummiwände schob, sie lieà den Gasgriff los, zog mit Schwung den Motorblock aus dem Wasser und brach heulend zusammen.
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D er Mann lieà sie oben an der StraÃe raus. »Grazie!« Magdalena warf die Tür zu, barfuÃ, mit einem nassen T-Shirt aber immerhin langen Hosen stand sie auf dem Asphalt im Licht der StraÃenlaterne, die die Kreuzung erhellte. Er bog nach links, Richtung Portoferraio, aber da wollte sie nicht hin. Ins POLO , überlegte sie kurz, nein, niemals. Ich muss ins Haus und meine Sachen holen, bevor
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