Magdalenas Garten
Pflanzen ⦠Magdalena stand auf, um sich die Zähne zu putzen. Sie würde keine Zeit mehr haben herauszufinden, was sie in Wirklichkeit waren.
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B uon viaggio!« Mikki gab ihr einen weichen Kleine-Jungen-Schmatzer auf die Wange.
»Kiirtsch, auch von mir: gute Reise, schick uns eine Postkarte aus dem immer total verregneten Germania, in das ich bestimmt niemals freiwillig fahren werde!«, krächzte Evelina mit noch heisererer Stimme als sonst und küsste sie zweimal. »Obwohl, die Deutschen sollen ja auch gute Liebhaber sein, zack, zack, parat, ordentlich und gewissenhaft â¦Â«
» Basta , Evelina!« Nina zuckte die Schultern. »Zwanzig nach fünf, ich glaube, wir sollten fahren!«
Magdalena verkniff sich die Tränen, die ganz unnötig in ihr aufsteigen wollten. Die vergangenen Stunden hatte sie im Zitronengarten verbracht, Abschied genommen von jedem Baum, Strauch, Pinienstamm, während Nina, den Kopf unter Matteos Kissen vergraben, in der Küche schlief und Matteo schon längst in Livorno Autos kaufte. Ihren Plan mit dem Koffer hatte sie aufgegeben, sie hatte Stefan eine SMS geschickt und ihre kostbare restliche Zeit auf Elba einfach so verstreichen lassen.
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Am Fährhafen war nicht viel los, ein paar Autos suchten nach dem richtigen Anleger, die Möwen kreischten, und die Fahnen flatterten heftig im Wind. An der Mole von Toremar lagen zwei Fähren, deren hoch aufragende Wände mit gigantischen Comicfiguren
bemalt waren, aber Magdalena war nicht zum Lachen zumute. Schon von Weitem erkannte sie in der Schlange der Autos den Treva-Bus mit seinem Doppeldeckeraufbau und dem blauen Schriftzug auf weiÃem Grund. Einige Leute standen um den Bus herum, das waren die, die auf Nummer sicher gingen und bereits vierzig Minuten vor der angekündigten Abfahrt wieder am Bus eintrafen. In jeder Gruppe gab es welche von ihnen, oft beschwerten sie sich am Ende der Reise, dass sie von den Städten nicht viel gesehen hätten.
Nina hielt vor der Zufahrt zur Einschiffung im absoluten Halteverbot, sie stiegen aus und hielten sich kurz umarmt.
»Komm«, sagte sie, »ich mag keine Abschiede, machen wirâs kurz«, und streichelte Magdalenas Oberarm. Der Wind roch nach Diesel und Fisch. »Und bedankt hast du dich eh schon tausendmal!«
Magdalena nickte, nahm die Korbtasche, in die sie ihre wenigen Habseligkeiten gepackt hatte, und ging auf den Bus zu.
»Ich werde dich vermissen«, schrie Nina ihr nach, »wer wird jetzt Ordnung in mein Leben bringen? Meine Schuhe sortieren? Und meine Klamotten?!«
Schon blüht Nina wieder auf und wird zu der perfekten, einfühlsamen Trösterin, dachte Magdalena. Wenn alle um sie herum allerdings gut gelaunt und glücklich sind, bekommen ihr Lachen und ihre Lebendigkeit etwas Bemühtes. Woran liegt das? Nina lachte, schwang sich winkend ins Auto und fuhr davon. Wieder stiegen Tränen in Magdalenas Nase hoch und landeten direkt in ihren Augen, sie versuchte den Kloà im Hals wegzuräuspern, diese Art von Traurigkeit kannte sie noch gar nicht, sie war bisher immer gern wieder nach Hause und zurück zu Rudi gefahren.
Sie hasste plötzlich alles in ihrem bisherigen Leben, sie wollte da nicht wieder hinein, nicht wieder zurück. Wie ein kleines
Kind stampfte sie mit dem Fuà auf. Wie lange schon? Wie lange hasste sie ihr Leben schon? Machte ihr die Arbeit im Verlag denn keinen Spa� Heute Morgen hatte sie sich doch noch auf ihren Schreibtisch gefreut, auf das Summen des Monitors, auf die Konzentration, die es erforderte, eine Karte zu erstellen, die jeder Laie verstehen konnte. Oder war es nur die Freude über die Gewissheit gewesen, bald wieder in einem überraschungslosen Alltag versinken zu können?
»Hallo«, Stefan kam auf sie zu und gab ihr förmlich die Hand, »du bist pünktlich. Schön!« Er lächelte. »War das die Frau, bei der du gewohnt hast?«
»Ja. Nina.«
Nina. Nina Nannini. Sie war weg. Aus welchen Gründen auch immer sie sich um sie gekümmert haben mochte, was sie erlebt hatte, warum sie so traurig war, das alles würde ihr ein groÃes Rätsel bleiben. Doch sie hatte beschlossen, Ninas seltsames Verhalten ganz schnell zu vergessen und nur an die Momente zu denken, in denen sie ihr eine Freundin gewesen war, die sie jetzt schon vermisste.
»Ist eigentlich inzwischen alles wieder in Ordnung mit dem Bein?«
»Ja.« An
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