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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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nicht.
    Â 
    Â»Danke für den Tipp, Heidi, das werde ich in Zukunft beherzigen«, murmelte sie.
    Â 
    4. Juli - Habe heute noch mit niemandem gesprochen, dafür rede ich ständig mit mir selbst.
    Â 
    Ach, kommt mir bekannt vor.
    Â 
    8. Juli - Hier bleibe ich nicht für die nächsten drei Wochen, das weiß ich genau, obwohl der Strand einigermaßen schön ist. Braun werden ist das einzige Ziel dieser Spießer hier. Rede immer noch nicht viel, werde nur manchmal auf meine Stiefel angesprochen, das Wildleder hat den Lack zum Teil aufgesogen und ist etwas hart geworden, aber sie leuchten immer noch goldig-golden. Ich gehe damit auch an den Strand. Ich liebe meine stivali, ich hätte Markus die Spraydose abluchsen sollen.

    Â 
    Meine Mutter ist anscheinend ziemlich schräg gewesen, sie hat ihre Wildlederstiefel mit goldfarbenem Lack besprüht und tagelang kaum gesprochen …
    Auf den folgenden Seiten hatte Heidi ein paar Sätze aufgeschrieben: Lascia mi in pace! Lass mich in Frieden! Va te ne! Hau ab! preferire - vorziehen, probabilmente - wahrscheinlich. Es hörte sich an, als ob sie schon ganz gut Italienisch sprach. Mit einem Mal war Magdalena stolz auf dieses Mädchen, das vor einunddreißig Jahren auf einem Campingplatz zwischen lauter Deutschen saß, ihre eigenen Schuhe bewunderte und nur mit sich selbst redete.
    Eine Stunde auf die Fähre gewartet. Wenn Heidi nicht noch vorher auf Sardinien, Korsika oder Giglio war, musste es die nach Elba sein. Magdalena blätterte zurück und studierte noch einmal die Innenseite des Umschlags. Da stand es: Genova - Livorno/6000 Lire, von Livorno war sie dann irgendwie nach Piombino und nach Elba gekommen!
    Â»Ach, hier bist du?!«
    Â»Resi! Ich … ich muss gerade noch etwas durchschauen«, Magdalena zeigte auf die ausgebreiteten Postkarten und Zettel.
    Â»Komm doch lieber mit raus, noch einen letzten Blick auf Elba werfen! Wenn man den hässlichen Hochhausturm hinter sich hat, sieht man das Hafenbecken und die darum aufgereihten Häuser, die leuchten in Gelb, Orange und Rot und sind wunderschön! Du kannst noch ein paar Fotos machen.«
    Â»Hab jetzt schon Heimweh danach!«
    Â»Verstehe! Erzählst du mir auf der Fahrt, ja?«
    Â»Ja. Bis gleich am Bus!«
    Magdalena las weiter. Heidi schrieb von einem Campingplatz mit Namen »Unter den Oliven«, auf dem ab zehn Uhr abends strenge Nachtruhe herrschte, und von einer kleinen Straße zum Meer, von Aprikosenbäumen und Kirschen, die sie
an dieser Straße heimlich pflückte. Dann kam die Begegnung mit Margo, die sie in der Nähe des Hotel Acquarius in ihr Zelt genommen hatte.
    Â 
    Margo hat einen roten Walkman mit schicken gelben Kopfhörern, sie sagt, sie verstehe das Gequatsche der Italiener mittlerweile so gut, jetzt könne sie es am Strand nicht mehr ertragen und höre deswegen immer ihre Musik. Manchmal leiht sie ihn mir, Bob Dylan ist schon okay, aber nicht den ganzen Tag. Vielleicht kaufe ich die letzte Kassette von Queen. Obwohl die hier echt teuer ist. Margo hat nur noch Neil Diamond dabei, und der ist auch schon alt und macht mich mit seiner Jaulerei ein bisschen aggressiv …
    Â 
    Keine weiteren Einträge, ab hier waren die Seiten herausgerissen, vielleicht hatte Heidi auf Elba ein neues Tagebuch gekauft.
    Magdalena griff nach dem Postkartenstapel und blätterte ihn durch. Heidi hatte offensichtlich viele Freunde gehabt, die sie alle total gern mochten. Sie seufzte. Noch nicht mal fünfzig wäre ihre Mutter heute, eigentlich gar nicht richtig alt.
    Magdalena vermied es, aus dem Fenster zu schauen, und starrte stattdessen auf die Spitzen ihrer Schuhe. Ich habe sie viel zu früh verloren, und meinen Vater werde ich wahrscheinlich auch nie finden, obwohl ich so dicht dran war. Ihr Hals wurde eng, sie presste die Lippen zusammen. Die zwei Angestellten hinter der Bar starrten zu ihr herüber, was sahen sie wohl in ihr? Eine einsame Deutsche, ohne Mann, ohne Kinder, die kurz vorm Heulen stand. Obwohl, so deutsch sah sie gar nicht mehr aus, allein die resedagrünen Schuhe mit den fünf Zentimeter hohen Absätzen und den auffällig zulaufenden Spitzen waren ziemlich italienisch. Nina hatte sie ihr heute Nachmittag, kurz bevor sie fahren musste, geschenkt. Magdalena schniefte leise und betrachtete das ungewohnt bunte T-Shirt über ihrer Brust.

    Â»Das T-Shirt kann ich einfach nicht mehr anziehen, es

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