Magdalenas Garten
Wiedersehen, schöne Signorina«, sagte er mit einer kleinen Verbeugung zu Magdalena und schlenderte lässig die StraÃe hinunter. Schöne Signorina! Magdalena befühlte ihre
kurzen Haare im Nacken, deren Spitzen wie eine weiche Bürste auf ihrem Handrücken aufsetzten.
»Wer war das denn!?«
»Er hat ein Lokal in Marina di Campo, das Il Vizio , direkt am Strand«, antwortete Nina und rief der Bedienung »il conto, per favore!« zu. Für Nina besitzt er also noch nicht mal einen Namen, der es wert ist, ausgesprochen zu werden. Interessant, der erste Mann, der hier nicht beflirtet oder wenigstens mit bestrickend guter Laune bedacht wird.
»Willst du noch mitkommen und dir mein Wohn-Ei angucken?«, fragte Magdalena, nachdem sie bezahlt hatten. »Wir könnten was kochen, ich habe zwei Gasflammen, und es ist echt schön da drauÃen â¦Â«
Doch Nina schüttelte den Kopf.
»Der Exmann von Sabina, weiÃt du, die im Club 64 an der Kasse sitzt, macht Ãrger. Ich habe ihr versprochen, dabei zu helfen, ihre Sachen aus dem Haus zu holen.« Sie umarmten sich, aber sobald Magdalena allein an ihrem Roller stand, fiel ihr die Enttäuschung schwer wie ein nasser Mantel auf die Schultern. Sie hatte sich so darauf gefreut, Nina ihre Behausung zu zeigen. Aber Nina musste sich anscheinend mal wieder um jemanden kümmern, dem es gerade schlechter ging als ihr, und deswegen durfte sie viel früher als erhofft mit ihrem Roller zurück in ihre stickige Konservenbüchse fahren.
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Die Nacht war kalt und lang, Magdalena fühlte sich so allein wie nie zuvor. Halte durch, sagte sie sich, während sie nach den Mücken schlug, ab morgen spielst du die Spinne im Netz. Du hast genug Zeit, und du wirst ihn finden! Sie wollte ein bisschen weinen, aber selbst zum Weinen braucht man manchmal Gesellschaft. Sie lieà es sein.
18
S o«, Magdalena stellte sich neben die zwei anwesenden Gäste an den Tresen und legte beide Hände erwartungsvoll auf die Marmorplatte. Wo war Sara, die kleine nette Frau, die sie eingestellt hatte? Sie war nicht zu sehen, nur Walter, ihr Mann, der sie beim Hineinkommen mit einem angedeuteten Kopfnicken gegrüÃt hatte, lehnte hinter der Bar und schwieg. Magdalenas Armbanduhr zeigte fünf vor halb neun, sie war mehr als pünktlich. Keine Regung auf der anderen Seite. Walter polierte jetzt angestrengt ein Glas, hielt es gegen das Licht, polierte weiter. Magdalena ging zur Kuchentheke und wieder zurück, die zwei Männer am Tresen folgten ihren Bewegungen mit dem Kopf wie bei einem Tennismatch. Sie ging zur Tür, warf einen Blick hinaus auf »ihre« Tische unter der Holzpergola. Alle unbesetzt. Sie wanderte wieder hinein. »Allora« , versuchte sie es noch mal aufmunternd in Walters Richtung, der nun das Geschirrtuch über die Schulter gelegt hatte und vor sich hin starrte. Nutzlos strichen ihre Hände an den Seiten ihrer Oberschenkel auf und ab, hinter den Tresen zu Walter traute sie sich nicht. Warum sagte er ihr nicht, was zu tun war? Magdalena floh in den Innenhof und begann zwischen den Tischen hin und her zu gehen. Die Blüten der Passionsblume waren zusammengefaltet, ihr Blau war in dem abendlichen Licht zu einem satten Violett geworden. Sie musste unwillkürlich an Nina denken, Nina die
Kletterpflanze, die von allen bewundert wurde, die alles konnte. Seit zwei Tagen hatte Magdalena nichts von ihr gehört, sie rief nicht zurück und beantwortete keine ihrer SMS, bis auf die erste: âºMelde mich, wennâs passt!â¹ Melde mich, wennâs passt, dachte Magdalena schnaubend. Es passt wohl nicht, da ist eben jemand wichtiger als die dumme Magdalena, die kann ja warten, die wird schon noch da sein, wenn Frau Nina Nannini sich mal bequemt, den Wohnwagen zu besichtigen! Magdalena schaute an sich herab. Was sie sah, gefiel ihr, Ninas Kleiderauswahl war perfekt auf sie abgestimmt. Sie wusste jeden Tag, was sie anziehen sollte, und konnte fast alles miteinander kombinieren: lange weite Hosen, enge Caprihosen, T-Shirts in hellen Farben, knappe Tops, kurze Kleidchen, die über den Hosen zu tragen waren und ihr laut Nina einen femininen Touch gaben, der sie zusammen mit ihrer neuen Frisur einfach unwiderstehlich machte. Die Klamotten saÃen, die Haare auch, Projekt Magdalena erfolgreich beendet. Für eine ganz normale Freundschaft ohne Katastropheneinsatz war Nina offensichtlich nicht
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