Magdalenas Garten
packte alles in die Katzenzungenschachtel und machte sich ohne sie auf den Weg.
Doch anstatt die StraÃe links nach Procchio einzuschlagen, fuhr sie rechts, Richtung Marina di Campo. Es war noch früh, Zeit genug, um vorher ein wenig an den Strand zu gehen, zu schwimmen, ein Stündchen im Sand zu liegen und sich die Sonne auf die weiÃen Beine scheinen zu lassen.
Seit gestern war sie im Besitz eines Bikinis, gezwungenermaÃen. Irgendwie schienen hier immer alle ganz genau zu wissen, was gut für sie war. Friseur Holger hatte sie in einem Geschäft in Procchio ertappt, wie irre von auÃen an die Schaufensterscheibe geklopft und keine zwei Sekunden später neben ihr vor der Kabine gestanden.
»Einen Badeanzug!? Willst du für die Ãrmelkanaldurchquerung trainieren oder so viel Sonne wie möglich an deinen Körper lassen und dich zeigen?«
»Ãrmelkanal.«
Doch er hatte ihre Antwort nicht gelten lassen.
»Siehst du«, sagte sie, als sie in einem schlichten schwarzen
Bikini vor dem Spiegel stand, »meine Schultern sind zu breit, ich habe ein Schwimmerkreuz, und meine Brüste sind klein, die gehen auf der geräumigen Fläche völlig verloren.«
»Ha noi«, erwiderte er in breitestem Schwäbisch, das er erfreulicherweise ausknipsen konnte wie eine Lampe, »du bist schlank, hast starke Schultern und gute Beine, deine Brüste sind wie die von Kate Moss in ihren dickeren Zeiten, und dein Hintern ist auch okay.«
»Aber ich habe keine Taille!«
»Aber auch keinen Bauch!«
»Ich war einmal Leistungsschwimmerin, wir haben im Wasser nie etwas anderes als einen Badeanzug getragen, ein Bikini ist einfach ⦠komisch!«
»Schätzelein, vertrau deinem Stylingberater und zieh das da mal wieder aus. Wir brauchen ein anderes Modell für dich, gugge ma mal.« Während er die kleinen Plastikbügel an der Stange durchflippte, diskutierte er mit der Verkäuferin ihre Figur. Seno, spalle, culo . Busen, Schultern, Hintern. Halb nackt und verlegen hatte sie in der Kabine mit den FüÃen gescharrt wie ein Rennpferd in seiner Box.
Â
Magdalena lieà das Ortseingangsschild von Marina di Campo hinter sich, fuhr auf der von Pinien gesäumten HauptstraÃe am kleinen Friedhof vorbei, setzte den Blinker und bog links ab, Richtung Meer. Schwimmen könntest du auch in der Bucht von Procchio, dozierte eine leise Stimme in ihrem Kopf, aber du möchtest ja, dass eine ganz bestimmte Person dich in deinem unverschämt teuren grün gemusterten Unterwasserweltbikini erblickt. In dem du aussiehst wie ein Unterwäschemodell, weil deine Beine durch den hohen Beinausschnitt länger wirken. Sogar eine wahrnehmbare Oberweite hast du in dem ausgepolsterten Oberteil ⦠Ach, Quatsch. Ach, doch.
Magdalena stellte den Roller ein Stück weit entfernt vom Il Vizio ab und lugte durch die offen stehende Tür. Die Bar war leer, nur zwei dünne Kinder hopsten vor der Eistruhe herum, lutschten an ihrem Eis und zeigten sich gegenseitig auf der bunten Tafel, welche Sorte sie beim nächsten Mal nehmen würden. Roberto arbeitete hinter der Theke, sie sah nur seinen Rücken, dem Geräusch nach stapelte er Untertassen. Seine Ãrmel waren hochgekrempelt, seine Jeans hatte rechts und links am Hintern zwei Dellen, er war so hübsch, sogar von hinten. Vor allem von hinten. In diesem Moment kam eine Frau im Bikini vom Strand herein, zog einen Hocker vor den Tresen und setzte sich genau vor ihn. Italienerin? Vielleicht. Machte hier mit ihrem Sonnenhut und passendem Pareo einen auf groÃe Dame. Pareo hieÃen die dünnen Stofffetzen, die man zum Bikini kaufen konnte und sich um die Hüften schlang, hatte Magdalena gestern gelernt. Der Hut sah toll aus, musste sie sich eingestehen, ein einfacher Strohhut mit einem langen schwarzen Flatterband. Roberto grüÃte die Strohhutfrau nur kurz, wurde aber von ihr in ein Gespräch verwickelt.
Wie hartnäckig manche Frauen sein können, das ist ja widerlich. Jetzt fragte sie ihn etwas, er lachte in seiner speziellen kurzen Art auf und wurde gleich darauf wieder ernst. Gerade das mag ich so an ihm, und genau so lacht er jetzt auch für diese Fremde. Immerhin wohne ich bei ihm und die da nicht.
Zwischen ihren langen schmalen Fingern hielt die aufdringliche Strohhutfrau plötzlich einen Zigarillo, sie wollte ihm also imponieren. Alle Frauen, die diese Dinger rauchten, wollten
Weitere Kostenlose Bücher