Magdalenas Garten
etwas Besonderes sein, oder was für einen Grund konnte es sonst noch geben, die stinkenden Stäbchen freiwillig in den Mund zu nehmen? Roberto kam extra hinter der Bar hervor und ging mit ihr hinaus in den Patio. Sie stöckelte vor ihm entlang und bot ihm freien Blick auf ihre gesamte Rückenansicht, Hinterbacken
und hohe Absätze, na, wenn ihm so etwas gefällt. Aber welchem Mann gefällt das nicht? Magdalena zog den Kopf zurück, damit er sie nicht sah. Unter einem der gestutzten Weidenbäume gab er der Frau Feuer, sie hielt dabei seine Hand schützend über ihren Zigarillo, als ob sie gemeinsam in einem gewaltigen Schneesturm steckten. Lass ihn sofort los, du blöder Strohhut. Magdalenas Magen krampfte sich zusammen, als er sie jetzt zweimal auf die Wange küsste und seine Hand dabei ganz kurz auf ihren Rücken, eigentlich schon auf ihren vorstehenden Po rutschte. Vielleicht kannte er sie doch besser, als er nach auÃen hin zeigte. Magdalena begriff: Er wollte sich nicht mit dem Strohhut sehen lassen, der Strohhut aber wollte genau das. Wie betäubt ging sie zu ihrem Roller, zurrte ihre Strandtasche wieder auf dem Gepäckträger fest und startete. Das prickelnd warme Gefühl, das bisher immer in ihr aufgekommen war, wenn sie an Roberto dachte, war wie weggekickt. Sie hatte bereits von sich selbst als seiner zukünftigen Freundin geträumt, nur weil sie in der Abstellkammer seines Hauses wohnte, sich vor ihm auf seinem Bett Stück für Stück auszog und sich von ihm beglücken lieÃ. Beglücken - das klang verdächtig nach Oma Witta. Natürlich war alles zu schnell gegangen, kaum hatte Roberto einmal aus Versehen geblinzelt, hatte sie sich ihm auch schon angeboten. Sie war so naiv, Nina hatte sie gewarnt. Zum Teufel mit Nina, die wusste auch nicht immer, was richtig war.
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Via del Mare. Jemand hatte die Betontische vom Ristorante Il Giramondo in hellem Rosa angemalt, auf den Steinplatten darunter waren jede Menge frischer Farbkleckser zu sehen. Zwischen den Zitronenbäumen und der Kinderrutsche standen jetzt unzählige Töpfe mit leuchtend roten Geranien, und das Laub vom letzten Herbst war in einer Ecke zu einem Haufen zusammengekehrt.
» Permesso? Hallo?« Zögernd setzte Magdalena einen Fuà in den offenen Gastraum und lieà ihren Blick über die hellblau eingedeckten Tische schweifen. Irgendwer liebte hier Babyfarben. In diesem Moment kam ein älterer Mann aus der Küche geschlurft und studierte einen Zettel, indem er ihn auf Armeslänge von sich hielt. Als er sie sah, nahm er Haltung an, straffte sich und schien ein Stück gröÃer zu werden. Der ältere Mann war Olmo, wie peinlich, sie hatte ihn gar nicht erkannt. GroÃes Hallo, »Schön, dass du mich besuchen kommst, was willst du trinken? Willst du etwas essen? Aber in der Küche ist gar kein Koch, er hat mich versetzt heute Morgen, du siehst ja, alles muss ich selber machenâ¦Â« Sie kam nicht zu Wort, sondern wurde gebeten, Platz zu nehmen. Wenigstens die Kaffeemaschine funktionierte, Olmo seufzte dramatisch. Schnell hatte Magdalena einen Espresso vor sich und hörte ihm zu, während er ein ums andere Mal aufsprang, irgendetwas gerade rückte, nach einem Zettel griff, etwas zu suchen begann, aber nichts zu Ende brachte.
Es ging um Brasilien und die schönen Frauen dort, seine Frau, bella, bella, bella , also noch nicht richtige Ehefrau, aber guter Hoffnung. Er würde ihr einen Heiratsantrag machen, wenn sie nächste Woche herübergeflogen käme. Es ging um seine Geschäfte in der caraibi und das Il Giramondo , das er nach dieser Saison vielleicht verkaufen wollte. Er deutete mit den Händen über die Tische, seit zwanzig Jahren hatte er das Lokal nun schon, Zeit, etwas anderes zu tun, nicht wahr? Magdalena nickte.
»Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit, und davor, was hast du da gemacht?«
»Früher?« Er tastete ohne hinzusehen nach seiner Brille, die auf dem Tischtuch lag, hielt sie wie ein Monokel an die Augen, schaute auf eine Rechnung, schüttelte den Kopf, legte beides wieder weg. »Damals, ohne Verpflichtungen, ohne den Laden?
Ach, es war herrlich, es war total anders als heute. Ich war jung und hatte viele Freunde, und Mädchen, natürlich. Na ja, nach der Schule, da waren wir arm, hatten keine Arbeit und auch keine Lust zu arbeiten. Aber dann, Ende der Siebziger kam der Tourismus, da ging das los
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